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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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Rechtsprechung<br />

IV. Zulässiger Beschwerdegegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist gemäß<br />

§ 90 Abs. 1 BVerfGG jeder Akt der öffentlichen Gewalt. Die Beschwerdeführer<br />

wenden sich gegen § 4 NiSG im Rahmen einer sog. Rechtssatzverfassungsbeschwerde.<br />

V. Der Beschwerdeführer muss behaupten, durch den Akt der öffentlichen Gewalt<br />

möglicherweise in seinen Grundrechten verletzt zu sein (§ 90 Abs. 1<br />

BVerfGG, Beschwerdebefugnis).<br />

1. Dann müsste zunächst eine Verletzung der gerügten Grundrechte möglich<br />

sein.<br />

a) S rügt eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG.<br />

Art. 2 Abs. 1 GG schützt jegliches menschliches Verhalten. Darunter fällt auch<br />

die Möglichkeit, ein Sonnenstudio zu nutzen, sodass eine Verletzung des Art. 2<br />

Abs. 1 GG zumindest möglich erscheint.<br />

b) Die Eltern M und V fühlen sich in ihrem elterlichen Erziehungsrecht aus<br />

Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verletzt, wonach Pflege und Erziehung des Kindes das natürliche<br />

Recht der Eltern ist. Durch das Verbot des § 4 NiSG kann verhindert<br />

werden, dass die Eltern ihrem Kind den Besuch eines Solariums erlauben können,<br />

sodass eine Verletzung des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG nicht offensichtlich ausgeschlossen<br />

ist.<br />

2. Der Beschwerdeführer muss durch den Akt der öffentlichen Gewalt auch<br />

selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein. Die Beschwerdeführer<br />

sind hinsichtlich der gerügten Grundrechte selbst und gegenwärtig betroffen.<br />

Fraglich ist, ob auch eine unmittelbare Betroffenheit gegeben ist.<br />

a) Die unmittelbare Beschwer fehlt, wenn nicht der angegriffene Akt der öffentlichen<br />

Gewalt selbst, sondern erst ein weiterer Vollzugsakt in das Grundrecht<br />

eingreift. § 4 NiSG untersagt den Betreibern entsprechender Anlagen,<br />

Minderjährigen die Benutzung zu gestatten. Es handelt sich um eine Verbotsnorm,<br />

die nicht weiter vollzogen werden muss (sog. self-executing-Norm).<br />

b) Fraglich ist aber, ob S und ihre Eltern unmittelbar betroffen sind. Sie sind –<br />

anders als die Betreiber von Sonnenstudios – nicht Adressaten der Norm.<br />

„[18] § 4 NiSG richtet sein Verbot zwar nicht unmittelbar gegen Minderjährige,<br />

sondern wendet sich in erster Linie an Betreiber von Sonnenstudios und ähnlichen<br />

Einrichtungen. Die Vorschrift wirkt sich im Ergebnis aber auch für die Beschwerdeführerin<br />

zu 1) wie ein Verbot der Nutzung von Solarien aus und ist damit funktionales<br />

Äquivalent eines Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit.“<br />

Damit ist S von dem Verbot des § 4 NiSG unmittelbar betroffen. Die Eltern, die<br />

der S einen Besuch des Sonnenstudios demzufolge auch nicht gestatten können,<br />

sind ebenfalls unmittelbar betroffen.<br />

Die Beschwerdeführer sind beschwerdebefugt.<br />

VI. In Ermangelung eines Rechtsweges gegen Parlamentsgesetze (Rechtswegerschöpfung,<br />

§ 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG) wären die Verfassungsbeschwerden<br />

unzulässig, wenn es den Beschwerdeführern zumutbar und möglich wäre, § 4<br />

NiSG zunächst inzident durch ein Fachgericht überprüfen zu lassen (Grundsatz<br />

der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde).<br />

1. Fraglich ist, ob der Grundsatz der Subsidiarität gilt, wenn sich der Beschwerdeführer<br />

gegen ein nachkonstitutionelles Parlamentsgesetz zur Wehr<br />

setzt. In diesem Fall müsste ein Fachgericht, wenn es von der Verfassungswidrigkeit<br />

der Norm überzeugt ist, im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle<br />

(Art. 100 Abs. 1 GG) das BVerfG vorab entscheiden lassen. Aus diesem Grunde<br />

wird eine Inzidentprüfung der Fachgerichte bei Parlamentsgesetzen teilweise<br />

nicht für erforderlich gehalten. Dagegen spricht jedoch, dass ein Fachgericht<br />

RÜ 4/2012<br />

Insofern wäre auch ein Betreiber eines<br />

Solariums unproblematisch unmittelbar<br />

betroffen und beschwerdebefugt.<br />

Zum Grundsatz der Subsidiarität AS-<br />

Skript Grundrechte [2011], Rdnr. 476 ff.<br />

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