Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
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Rechtsprechung<br />
GG ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nur, wenn die zugrunde<br />
liegenden Normen mindestens auch im Interesse des Klägers als Einzelnen erlassen<br />
wurden.“<br />
Art. 46 Abs. 2 GG schützt, wie bereits festgestellt, das Parlament und den Abgeordneten.<br />
Der Schutz erstreckt sich aber gerade nicht auf den Privatkläger,<br />
sodass auch ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 2 GG nicht besteht.<br />
3. Ein Recht des A könnte sich aus dem aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleiteten<br />
staatlichen Strafanspruch ergeben. Der Rechtsstaat kann nur verwirklicht<br />
werden, wenn sichergestellt ist, dass Straftäter einer gerechten Bestrafung zugeführt<br />
werden. Die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs erfolgt aber<br />
im Interesse der Allgemeinheit, nicht im Interesse eines Einzelnen. Ein solches<br />
öffentliches Interesse ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht gegeben.<br />
„[40] Würde nämlich ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung der Abgeordneten<br />
bestehen, hätte die Staatsanwaltschaft nach § 376 StPO öffentliche Klage<br />
wegen der in § 374 Abs. 2 Nr. 2 StPO bezeichneten Beleidigungsdelikte erheben<br />
müssen.“<br />
Damit kann sich ein subjektives Recht des A auch nicht aus dem staatlichen<br />
Strafanspruch ergeben.<br />
4. Letztlich ergibt sich auch kein Anspruch des A auf Aufhebung der Immunität<br />
aus Art. 19 Abs. 4 GG. Aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt zwar ein Anspruch auf<br />
möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle. Dies setzt aber voraus, dass sich<br />
aus den einschlägigen Normen ein subjektives Recht des Betroffenen ergibt.<br />
Das ist, wie festgestellt, nicht der Fall.<br />
Demzufolge hat A keinen Anspruch auf Aufhebung der Immunität der Abgeordneten<br />
S. Die allgemeine Leistungsklage ist unbegründet.<br />
Ergebnis: Die zulässige Berufung ist daher ebenfalls unbegründet und bleibt<br />
erfolglos.<br />
Die Immunitätsvorschriften sind jüngst durch den Antrag der Staatsanwaltschaft<br />
Hannover auf Aufhebung der Immunität des ehemaligen Bundespräsidenten<br />
Wulff in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt. Für den Bundespräsidenten<br />
gelten die Vorschriften über die Immunität der Bundestagsabgeordneten<br />
gemäß Art. 60 Abs. 4 GG entsprechend. Da Art. 60 Abs. 4 GG ausdrücklich<br />
nur auf die entsprechende Anwendung des Art. 46 Abs. 2–4 GG verweist,<br />
genießt der Bundespräsident keine Indemnität i.S.d. Art. 46 Abs. 1 GG.<br />
Problematisch war in diesem Zusammenhang, wer über die Aufhebung der<br />
Immunität des Bundespräsidenten entscheidet. Der Bundestag wählt den<br />
Bundespräsidenten nicht und übt auch sonst keine parlamentarische Kontrolle<br />
über ihn aus. Außerdem sind Art. 46 Abs. 2–4 GG nur „entsprechend“ anwendbar,<br />
was sich eigentlich nur auf eine Modifikation beim Genehmigungsorgan<br />
beziehen kann. Andererseits ist die Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten<br />
wählt (Art. 54 Abs. 1 GG), kein ständiges Bundesorgan und<br />
kommt daher nicht in Betracht. Auch der Bundespräsident selbst kann kaum<br />
über die Aufhebung seiner eigenen Immunität entscheiden, sodass nur der<br />
Bundestag als Genehmigungsorgan infrage kam (Herzog in Maunz/Dürig, GG,<br />
Art. 60 Rdnr. 59). Die Entscheidung hat sich aber dadurch erledigt, dass Christian<br />
Wulff am 17.02. 2012 mit sofortiger Wirkung vom Amt des Bundespräsidenten<br />
zurückgetreten ist mit der Folge, dass seine Immunität automatisch<br />
entfallen ist.<br />
Ralf Altevers<br />
RÜ 4/2012<br />
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