Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
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246<br />
RÜ 4/2012<br />
Vgl. dazu AS-Skript Staatsorganisationsrecht<br />
[2012], Rdnr. 253.<br />
Rechtsprechung<br />
A hat demnach keinen Anspruch auf Aufhebung der Immunität aus Anlage 6,<br />
A. Ziff. 1 zur GO BT.<br />
II. Ein Anspruch des A könnte sich möglicherweise unmittelbar aus Art. 46<br />
Abs. 2 GG ergeben. Danach darf ein Abgeordneter wegen einer mit Strafe bedrohten<br />
Handlung nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung<br />
gezogen werden. Fraglich ist, ob sich daraus ein subjektives Recht eines<br />
Bürgers auf Aufhebung der Immunität ergibt.<br />
1. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist Art. 46 Abs. 2 GG nicht als subjektives<br />
Recht eines Bürgers ausgestaltet (grammatikalische Auslegung).<br />
2. Fraglich ist, ob die Stellung des Art. 46 GG im III. Abschnitt des GG eine Auslegung<br />
zulässt, nach der dem A ein subjektives Recht aus Art. 46 Abs. 2 GG zusteht<br />
(systematische Auslegung). Der III. Abschnitt regelt den „Bundestag“.<br />
Darin geht es um die verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Organ Bundestag<br />
und seine Untergliederungen. Insbesondere geht es um die Regelungen<br />
zur Parlamentsautonomie.<br />
„[34] Die dem Parlament zustehende Autonomie erstreckt sich nicht nur auf Angelegenheiten<br />
der Geschäftsordnung (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG). Autonomie bezeichnet<br />
die allgemeine Befugnis des Parlaments, seine eigenen Angelegenheiten selbst<br />
zu regeln. Über die Genehmigung der Durchführung von Strafverfahren gegen seine<br />
Mitglieder entscheidet das Parlament daher grundsätzlich in eigener Verantwortung.<br />
Es kann sie erteilen oder versagen. Dies spricht dagegen, dass das Parlament<br />
auf Belange eines außenstehenden Privatklägers in maßgeblicher Weise<br />
Rücksicht nehmen muss oder ihm eine subjektive Rechtstellung im Sinne eines Anspruchs<br />
auf eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität zustehen soll.“<br />
3. Etwas anderes könnte jedoch die Auslegung nach dem Sinn und Zweck<br />
des Art. 46 Abs. 2 GG (teleologische Auslegung) ergeben. Während früher<br />
die Immunität insbesondere den Abgeordneten vor „tendenziöser Verfolgung<br />
durch die Exekutive“ schützen sollte, wird heute überwiegend angenommen,<br />
die Immunität schütze die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments.<br />
Dies macht deutlich, dass das Parlament, und gerade nicht der Bürger<br />
bzw. ein Privatkläger durch Art. 46 Abs. 2 GG geschützt werden soll. Damit ergibt<br />
auch die teleologische Auslegung, dass ein Privatkläger kein subjektives<br />
Recht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 2 GG herleiten kann.<br />
III. A könnte aber möglicherweise zumindest ein Recht darauf zustehen, dass<br />
der Bundestag willkürfrei über die Aufhebung der Immunität entscheidet.<br />
1. Anerkannt ist, dass ein Abgeordneter ein Recht darauf hat, dass sich das<br />
Parlament bei der Entscheidung über die Aufhebung der Immunität nicht von<br />
sachfremden, willkürlichen Motiven leiten lässt (Art. 46 Abs. 2 i.V.m. Art. 38<br />
Abs. 1 S. 2 GG). Dies ist damit zu begründen, dass der Abgeordnete in seinem<br />
freien Mandat (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) geschützt werden soll. Die Immunität soll<br />
verhindern, dass missliebige Abgeordnete in ihrer parlamentarischen Arbeit<br />
behindert werden.<br />
Ein Privatkläger hat dagegen keinen dem Abgeordneten vergleichbaren Status.<br />
Beim Bürger besteht nicht die Gefahr, dass durch Strafverfolgungsmaßnahmen<br />
die verfassungsrechtlich geschützte parlamentarische Arbeit behindert<br />
wird.<br />
2. Ein Anspruch des A auf willkürfreie Entscheidung könnte sich aus Art. 3<br />
Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 2 GG ergeben.<br />
„[39] Es ist aber anerkannt, dass sich aus Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich keine verfassungsunmittelbaren<br />
originären Leistungsansprüche herleiten lassen. Auch<br />
nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt aus Art. 3 Abs. 1