Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
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Rechtsprechung<br />
dass A ein subjektives Recht aus Art. 46 Abs. 2 GG darauf hat, dass das Parlament<br />
auf Antrag des Strafgerichts eine Entscheidung auf Aufhebung der Immunität<br />
der Abgeordneten S trifft. A ist somit klagebefugt.<br />
IV. Für die Klage des A müsste auch ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen. A<br />
hat zwar zunächst selbst die Aufhebung der Immunität beim Bundestag beantragt.<br />
Das Rechtsschutzbedürfnis könnte aber fehlen, wenn die Immunität<br />
nach Anlage 6 der GO BT durch Beschluss des Bundestages von vornherein<br />
aufgehoben wäre. Danach „genehmigt der Deutsche Bundestag bis zum Ablauf<br />
der Wahlperiode die Durchführung von Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder<br />
des Bundestages wegen Strafverfahren“, allerdings mit Ausnahme von<br />
Beleidigungen politischen Charakters (§§ 185, 186, 187, 188 StGB). A behauptet<br />
mit seiner Privatklage, die politische Äußerung der S sei eine üble Nachrede<br />
(§ 186 StGB), sodass die Immunität durch das Parlament im Einzelfall<br />
aufgehoben werden muss.<br />
„[27] Die begehrte Entscheidung ist auch nicht nutzlos, da sie im Erfolgsfall dem<br />
Kläger seinem Ziel der strafrechtlichen Verfolgung der Abgeordneten S. näher<br />
bringen würde. Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf nach Art. 46<br />
Abs. 2 GG ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Deutschen Bundestages<br />
zur Verantwortung gezogen werden. Dieser Immunitätsschutz ist ein Verfahrenshindernis,<br />
das auch gegenüber Privatklagen besteht, weshalb das Gericht das<br />
Hauptsacheverfahren nach § 383 StPO erst nach Aufhebung der Immunität des<br />
Abgeordneten eröffnen darf.“<br />
Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Die allgemeine Leistungsklage ist zulässig.<br />
B. Begründetheit der Klage<br />
Die allgemeine Leistungsklage ist begründet, wenn der Kläger einen Anspruch<br />
auf die begehrte Leistung hat.<br />
I. Ein Anspruch des A auf Aufhebung der Immunität könnte sich aus Anlage 6<br />
zur Geschäftsordnung des Bundestages (GO BT) ergeben.<br />
1. Damit A einen Anspruch aus der Anlage 6 zur GO BT herleiten kann, müssten<br />
diese Regelungen zunächst überhaupt im Verhältnis zwischen dem Bundestag<br />
und dem Bürger gelten. Bei der GO BT, die sich der Bundestag gemäß<br />
Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG gibt, handelt es sich um ein Innenrecht mit Satzungscharakter.<br />
Daher bindet die GO BT grundsätzlich auch nur die Mitglieder des Bundestages.<br />
„[31] Gleichwohl ist es anerkannt, dass die Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten<br />
auch nach außen, insbesondere gegen Strafverfolgungsbehörden und private<br />
Dritte – wie den Privatkläger – verbindlich wirken.“<br />
2. Problematisch ist allerdings, dass nach Anlage 6, A. Ziff. 1 b) GO BT im Privatklageverfahren<br />
nur das Gericht, bevor es nach § 383 StPO das Privatklageverfahren<br />
eröffnet, antragsberechtigt im Verfahren zur Aufhebung der Immunität<br />
ist. Der Privatkläger selbst ist danach nicht antragsberechtigt.<br />
„[30] Die in der strafrechtlichen Literatur und vom Landgericht vertretene Gegenauffassung,<br />
wonach der Privatkläger den Antrag selbst beim Bundestag stellen<br />
könne, übersieht die Neuregelung in A. Ziffer 1 Buchstabe b der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten.<br />
Der Bundestag ist rechtlich nicht gezwungen, dem Privatkläger<br />
ein Antragsrecht einzuräumen, weil die Regelungen über das Verfahren<br />
zur Aufhebung der Immunität der Parlamentsautonomie unterfallen. Wenn der<br />
Kläger als Privatkläger demnach nicht einmal antragsberechtigt ist, einen Antrag<br />
auf Aufhebung der Immunität zu stellen, steht ihm erst Recht kein Anspruch auf<br />
eine Sachentscheidung zu.“<br />
RÜ 4/2012<br />
Die Anlage 6 und der Beschluss des Bundestages<br />
sind abgedruckt im Sartorius I<br />
unter 35.<br />
So z.B. Meyer/Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011,<br />
§ 152 a Rdnr. 9: Der Privatkläger wendet<br />
sich (zur Aufhebung der Immunität) unter<br />
Nachweis der Privatklageerhebung<br />
unmittelbar an das Parlament.<br />
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