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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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242<br />

RÜ 4/2012<br />

Aktuelle Diskussion<br />

Das „mitgeführte“ gefährliche Werkzeug<br />

Rönnau JuS 2012, 117<br />

Die Problematik entstand mit Inkrafttreten<br />

des 6. StRG am 01.04.1998, als das<br />

„gefährliche Werkzeug“ in den §§ 177<br />

Abs. 3, 244 Abs. 1 Nr. 1 a), 250 Abs. 1<br />

Nr. 1 a) und Abs. 2 Nr. 1 StGB als Oberbegriff<br />

zu dem der „Waffe“ aufgenommen<br />

wurde. Darüber hinaus wurde jüngst<br />

durch das 44. StrÄndG, in Kraft seit dem<br />

01.11.2011, dieser Begriff auch in den<br />

§§ 113 Abs. 2 Nr. 1, 121 Abs. 3 Nr. 2 und<br />

125 a S. 2 Nr. 2 StGB aufgenommen; s.<br />

hierzu bereits RÜ 2011, 794 und 2012, 32.<br />

Beachte: Der Waffenbegriff im Strafrecht<br />

ist also nicht mit dem des WaffG<br />

identisch!<br />

Das gefährliche Werkzeug wird heute<br />

in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, der seine Verwendung<br />

voraussetzt, wie in § 224 Abs. 1<br />

Nr. 2 StGB verstanden. Vereinzelt blieb<br />

der Vorschlag, die Anwendung bei §§ 244<br />

Abs. 1 Nr. 1 a), 250 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB auf<br />

Gegenstände zu beschränken, deren Besitz<br />

einem gesetzlichen Verbot unterliegt,<br />

oder das abstrakte Verletzungspotenzial<br />

ausreichen zu lassen.<br />

Sog. „Lehre vom Verwendungsvorbehalt“<br />

Vgl. BGHSt 52, 257; das OLG Stuttgart,<br />

NJW 2009, 2756, hat demgegenüber darauf<br />

abgestellt, ob der gefährliche Einsatz<br />

des Werkzeugs „nach den konkreten<br />

Tatumständen droht“.<br />

Einigkeit besteht lediglich dahingehend,<br />

dass ein Werkzeug nur dann als gefährlich<br />

einzustufen ist, wenn es zur Herbeiführung<br />

erheblicher Verletzungen taugt<br />

und nach seiner konkreten Beschaffenheit<br />

als Mittel zur Gewaltanwendung oder<br />

-drohung eingesetzt werden könnte.<br />

Der vom BGH und Teilen der Literatur erhobenen<br />

Forderung nach einer gesetzlichen<br />

Neuregelung ist der Gesetzgeber<br />

nicht nachgekommen, sondern hat das<br />

Problem lediglich durch die Einführung<br />

eines minder schweren Falles in § 244<br />

Abs. 3 StGB „entschärft“.<br />

Das OLG Köln, Urt. v. 10.01.2012 – 1 RVs<br />

258/11, BeckRS 2012, 01232, folgt dem<br />

BGH und hält das Beisichführen eines<br />

Schweizer Taschenmessers unabhängig<br />

davon für tatbestandsmäßig, ob der Einsatz<br />

im konkreten Fall gedroht habe.<br />

Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals des „gefährlichen Werkzeugs“ gehört<br />

zu den umstrittensten Fragen des Besonderen Strafrechts.<br />

Unter Waffen werden im Strafrecht Gegenstände verstanden, die nach ihrer<br />

Art zu Angriffs- oder Verteidigungszwecken bestimmt sind und zur Verursachung<br />

erheblicher Verletzungen generell geeignet sind. Das andere gefährliche<br />

Werkzeug sollte nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu verstehen<br />

sein wie in § 223 a StGB a.F., heute § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Dort ist ein Werkzeug<br />

gefährlich, wenn es aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und<br />

der Art seiner Verwendung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche<br />

Verletzungen herbeizuführen. Dagegen besteht Konsens darüber, dass<br />

dies nicht auf § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB zu übertragen ist, da dort das bloße Beisichführen<br />

genügt und hieraus ein Schluss auf die Gefährlichkeit des Gegenstandes<br />

nicht möglich ist.<br />

1. Die herrschende Literatur bevorzugt eine einschränkende Auslegung anhand<br />

objektiver Kriterien. Überwiegend wird dabei im Wege einer abstraktobjektiven<br />

Betrachtung auf den waffenähnlichen Charakter bzw. die Waffenersatzfunktion<br />

des Gegenstandes abgestellt. Andere stellen dagegen darauf<br />

ab, ob nach den konkreten Tatumständen der mitgeführte Gegenstand<br />

keine andere Funktion erfüllen kann, als zu Verletzungszwecken eingesetzt zu<br />

werden.<br />

2. Nach a.A. sollen subjektive Kriterien für eine Einschränkung maßgebend<br />

sein. Dabei wird überwiegend auf die konkrete Verwendungsabsicht im Einzelfall<br />

und darauf abgestellt, dass die beabsichtigte Verwendung zur Verursachung<br />

erheblicher Verletzungen geeignet sei. Andere dagegen wollen im Wege<br />

einer abstrakt-subjektiven Betrachtung darauf abstellen, ob der Gegenstand<br />

bei der vom Täter generell beabsichtigten Verwendung hierzu geeignet ist.<br />

3. Die Rechtsprechung zu dieser Frage divergiert. Während zunächst noch die<br />

abstrakte Tauglichkeit zur Verursachung erheblicher Verletzungen für ausreichend<br />

gehalten wurde, wurde später auf das Bewusstsein des Täters bei der<br />

Tat hinsichtlich einer solchen Gebrauchsmöglichkeit abgestellt. Der BGH hat<br />

demgegenüber unter Verwerfung des subjektiven Ansatzes allein objektive<br />

Kriterien für maßgeblich gehalten, sich jedoch zu einer für alle Fälle gleichermaßen<br />

gültigen Auslegung außerstande erklärt.<br />

4. Für eine Einschränkung anhand objektiver Kriterien werden vor allem der<br />

Gesetzeswortlaut und das systematische Verhältnis des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) zu<br />

Nr. 1 b) StGB geltend gemacht, weil es nur dort auf eine Verwendungsabsicht<br />

ankomme. Zudem widerspreche eine subjektive Begriffsbestimmung dem<br />

Waffenbegriff. Rönnau folgt dennoch dem subjektiven Ansatz. Die Gefährlichkeit<br />

eines Werkzeugs sei mit einer subjektivierenden Interpretation nicht nur<br />

vereinbar, sondern ohne Berücksichtigung des Handlungskontextes und den<br />

Willen des Täters kaum zu bestimmen. Eine rein objektive Betrachtung führe<br />

zu einem Verdachtstatbestand und einer schwer kalkulierbaren Einzelfallkasuistik,<br />

die mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbar sei. Auch bleibe bei dieser Betrachtung<br />

für § 144 Abs. 1 Nr. 1 b) StGB ein eigenständiger Anwendungsbereich<br />

für die Fälle des ungefährlichen beabsichtigten Scheinwaffeneinsatzes.<br />

Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der Verwendungsabsicht stellten dagegen<br />

keinen grundsätzlichen Einwand dar, da sie alle subjektiven Tatbestandsmerkmale<br />

betreffen. Zudem führe die Gegenansicht zu Widersprüchen bei der<br />

Auslegung von § 250 Abs. 1 Nr. 1 a) und Abs. 2 Nr. 2 StGB.<br />

Dr. Wilhelm-Friedrich Schneider

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