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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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Rechtsprechung<br />

behauptet, genügt es, wenn sich aus dem Erklärungswert der Äußerung ein<br />

objektivierbarer Tatsachenkern ergibt, über dessen Vorhandensein oder Fehlen<br />

beim Getäuschten unrichtige Vorstellungen erweckt werden (vgl. Fischer<br />

a.a.O., Rdnr. 8). Hier lässt sich der Behauptung „Dienstleistungsvertrag gemäß<br />

Rechnung vom 02.11.2010“ demnach der objektivierbare Tatsachenkern entnehmen,<br />

dass ein Dienstleistungsvertrag geschlossen und seine Erfüllung am<br />

02.11.2010 in Rechnung gestellt wurde.<br />

b) A müsste sich ferner vorgestellt haben, beim zuständigen Rechtspfleger einen<br />

Irrtum, also eine Fehlvorstellung über Tatsachen, hervorzurufen.<br />

aa) Fraglich ist schon, ob bei einem Rechtspfleger durch falsche Angaben in<br />

einem Mahnantrag eine Fehlvorstellung über Tatsachen hervorgerufen werden<br />

kann, da er gemäß § 691 Abs. 1 ZPO nur dazu verpflichtet ist, vor Erlass des<br />

Mahnbescheides die allgemeinen Sachurteils- und besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />

des Mahnverfahrens zu prüfen. Eine Überprüfung der Richtigkeit<br />

der behaupteten Tatsachen wird nicht verlangt.<br />

(1) Teile der Literatur (vgl. Tiedemann, LK-StGB, 11. Aufl. 2005, § 263 Rdnr. 90;<br />

Sch/Sch/Cramer/Perron a.a.O., § 263 Rdnr. 52, 73; MK-Hefendehl, § 263 Rdnr. 215)<br />

lehnen einen Irrtum des Rechtspflegers daher ab. Allein die fehlende Überzeugung<br />

von der Unwahrheit könne einen Irrtum nicht begründen.<br />

(2) Nach Auffassung des BGH sollte der Rechtspfleger einem Irrtum unterliegen,<br />

denn<br />

„[6] …das Mahnverfahren soll eine vereinfachte Durchsetzung gegebener Ansprüche<br />

ermöglichen, nicht aber der Durchsetzung unbegründeter Forderungen<br />

dienen […]. Als unabhängiges Rechtspflegeorgan (§ 1 RPflG) ist der Rechtspfleger<br />

der materiellen Gerechtigkeit verpflichtet (Art. 20 Abs. 3 GG). Er darf daher nicht sehenden<br />

Auges einen unrichtigen Titel schaffen. Hat er – aus welchen Quellen auch<br />

immer – Kenntnis davon, dass der zur Rechtfertigung eines Mahnantrages angebrachte<br />

Tatsachenvortrag entgegen der sich auch insoweit aus § 138 Abs. 1 ZPO<br />

ergebenden Verpflichtung zum wahrheitsgemäßen Vorbringen unwahr ist und<br />

der geltend gemachte Anspruch deshalb nicht besteht, muss er den Antrag zurückweisen.<br />

Erlässt er den beantragten Bescheid, geschieht dies daher regelmäßig<br />

in der allgemeinen – nicht notwendig fallbezogenen aktualisierten – Vorstellung,<br />

dass die nach dem Verfahrensrecht ungeprüft zu übernehmenden tatsächlichen<br />

Behauptungen des Antragstellers pflichtgemäß aufgestellt wurden und wahr sind<br />

[…]. Ist dies nicht der Fall, hat sich der Rechtspfleger in einem Irrtum befunden, der<br />

seine Entscheidung für den Erlass der nachfolgenden Bescheide und damit die für<br />

das Vermögen des Antragsgegners nachteiligen Verfügungen bestimmt hat.“<br />

bb) OLG Celle vertritt im Kern denselben Ansatz. Vorliegend besteht unabhängig<br />

vom vorgenannten Streit die Besonderheit, dass sich A einen Irrtum des<br />

Rechtspflegers vorgestellt hat, weil er von einer Prüfung seines Antrags durch<br />

einen Rechtspfleger ausging. Hierbei hat sich A bei einer – unterstellt – fehlenden<br />

Prüfung auch kein strafloses Wahndelikt vorgestellt. Ein solches liegt<br />

vor, wenn der Täter die tatsächliche Lage zutreffend erfasst, aber fälschlich annimmt,<br />

sein Verhalten verstoße gegen ein strafrechtliches Verbot (vgl. LK-Hillenkamp,<br />

12. Aufl. 2007, § 22 Rdnr. 225 f.; Roxin, Strafrecht AT II, § 29 Rdnr. 409).<br />

Dazu OLG Celle:<br />

„Indem sich der Angeklagte aber vorgestellt hat, der Rechtspfleger werde die Tatsachengrundlage<br />

des Anspruchs prüfen, hat er Inhalt und Umfang des Betrugstatbestandes<br />

nicht verkannt. Er hat nicht etwa angenommen, dass ein Irrtum gemäß<br />

§ 263 Abs. 1 StGB auch dann gegeben sei, wenn den Rechtspfleger keine Prüfungspflicht<br />

hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen treffe. Vielmehr hat er<br />

verstanden, dass ein Irrtum des Rechtspflegers nur in Frage kommt, soweit diesem<br />

RÜ 4/2012<br />

Gemäß § 22 StGB versucht eine Tat wer<br />

nach seiner Vorstellung von der Tat zur<br />

Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar<br />

ansetzt. Das tatsächliche Vorliegen<br />

objektiver Tatumstände (hier ein Irrtum<br />

des Rechtspflegers über Tatsachen)<br />

ist nicht erforderlich (vgl. Fischer a.a.O.,<br />

§ 22 Rdnr. 10 m.w.N.).<br />

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