Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
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234<br />
RÜ 4/2012<br />
§ 263 StGB; §§ 138, 691 ZPO<br />
Rechtsprechung<br />
Erwirkung eines Mahnbescheides mittels falscher Angaben<br />
BGH, Beschl. v. 20.12.2011 – 4 StR 491/11<br />
OLG Celle, Beschl. v. 01.11.2011 – 31 Ss 29/11<br />
Leitsatz<br />
Die Erklärung unrichtiger Tatsachen in<br />
einem Mahnantrag mit dem Willen, den<br />
Rechtspfleger zum Erlass eines Mahnbescheides<br />
gegen den Antragsgegner zu<br />
veranlassen, obwohl dem Antragsteller<br />
die Nichtexistenz der geltend gemachten<br />
Forderung bewusst ist, erfüllt den<br />
Tatbestand des versuchten Betrugs.<br />
(Leitsatz des OLG Celle)<br />
In einigen Bundesländern (etwa in Nordrhein-Westfalen,<br />
vgl. § 1 MBearbMahn-<br />
NRW i.V.m. § 689 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 ZPO)<br />
werden Mahnanträge zentral bei einem<br />
Amtsgericht im automatisierten Verfahren<br />
bearbeitet. Eine Bearbeitung durch<br />
den Rechtspfleger erfolgt in diesem Fall<br />
nur noch ausnahmsweise bei einer deutlichen<br />
Überschreitung des Durchschnittswertes.<br />
Erfolgt lediglich eine maschinelle<br />
Bearbeitung, scheidet eine Strafbarkeit<br />
wegen Betruges von vornherein aus,<br />
weil es an der erforderlichen Täuschung<br />
einer natürlichen Person fehlt. In Betracht<br />
kommt dann jedoch (vgl. Fischer<br />
a.a.O., § 263 a Rdnr. 11) ein Computerbetrug<br />
gemäß § 263 a Abs. 1 StGB in der<br />
Modalität der Verwendung unrichtiger<br />
Daten. Soweit auch hier die Strafbarkeit<br />
umstritten ist (zum Streitstand vgl. Fischer<br />
a.a.O., § 263 a Rdnr. 7a), gelten die<br />
nachfolgend vom BGH angeführten Argumente<br />
entsprechend.<br />
Fall<br />
A beantragte bei dem zuständigen Amtsgericht den Erlass eines Mahnbescheides<br />
gegen F über eine Forderung i.H.v. 11.000 €. Als Anspruchsgrund bezeichnete<br />
A dabei einen „Dienstleistungsvertrag gemäß Rechnung vom 02.11.<br />
2010“. Sowohl die geltend gemachte Forderung als auch der zu ihrer Begründung<br />
herangezogene Vertrag waren – was A bekannt war – nicht existent.<br />
A beabsichtigte mit seiner Vorgehensweise, den zuständigen Rechtspfleger<br />
zum Erlass eines entsprechenden Mahnbescheides zu veranlassen, um auf<br />
dieser Grundlage anschließend einen Vollstreckungsbescheid zu erwirken,<br />
aus dem er seine Forderung vollstrecken wollte. Dabei ging er davon aus, dass<br />
der Rechtspfleger die Angaben auf ihre Richtigkeit überprüfen würde. Der<br />
Mahnbescheid wurde antragsgemäß erlassen und F entsprechend den Angaben<br />
des A im Mahnantrag zugestellt. Nach erfolgter Zustellung erhob F rechtzeitig<br />
Widerspruch.<br />
Strafbarkeit des A?<br />
Entscheidung<br />
I. Ein vollendeter Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB scheidet aus, da es weder<br />
zu einer Vermögensverfügung noch zu einem Vermögensschaden in der<br />
Form einer konkreten Vermögensgefährdung gekommen ist. Dies ist erst<br />
dann der Fall ist, wenn die Wahrscheinlichkeit des endgültigen Verlusts eines<br />
Vermögensbestandteils zum Zeitpunkt der täuschungsbedingten Verfügung<br />
so groß ist, dass dies bereits eine wirtschaftliche Minderung des Gesamtvermögens<br />
zur Folge hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.12.2011 – 2 BvR 2500/09, 2 BvR<br />
1857/10; BGHSt 48, 331, 346; Fischer, StGB, 59. Aufl. 2012, § 263 Rdnr. 159).<br />
Eine solche Gefahr droht mit dem Erlass eines Mahnbescheides nicht, denn die<br />
Gefahr eines Vermögensschadens durch Vollstreckung wird erst mit Erlass<br />
und Zustellung des Vollstreckungsbescheides hinreichend konkret (vgl.<br />
BGHSt 24, 261; Sch/Sch-Cramer/Perron, StGB, 28. Aufl. 2010, § 263 Rdnr. 74).<br />
II. A könnte jedoch wegen versuchten Betruges strafbar sein §§ 263 Abs. 1,<br />
2, 22 StGB.<br />
1. Dann müsste A Tatentschluss bzgl. aller Umstände, die zur Verwirklichung<br />
der objektiven Tatbestandsmerkmale des § 263 Abs. 1 StGB führen, gehabt sowie<br />
in der Absicht der stoffgleichen und rechtswidrigen Bereicherung gehandelt<br />
haben.<br />
a) A müsste sich zunächst eine Täuschung über Tatsachen vorgestellt haben.<br />
Fraglich ist, ob es sich bei den Angaben des A nicht lediglich um eine im<br />
Rahmen des § 263 Abs. 1 StGB irrelevante Rechtsbehauptung handelt. Nach<br />
einer Ansicht in der Literatur (vgl. Kretschmar, GA 2004, 458, 469) können den<br />
in einem Mahnantrag enthaltenen kargen Angaben keine Behauptungen zu<br />
tatsächlichen Umständen entnommen werden. Nach Auffassung des OLG Celle<br />
enthält der im Mahnantrag anzugebende Forderungsgrund hingegen einen<br />
hinreichenden Tatsachenkern. Wird nämlich das Bestehen einer Forderung