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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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Rechtsprechung<br />

grund seines lauten Stöhnens – in Übereinstimmung mit seinem Vorstellungsbild<br />

unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung – wieder<br />

davon ausging, alles Erforderliche zur Tötung des K getan zu haben.<br />

„[7] (…) Eine Korrektur des Rücktrittshorizonts ist in engen Grenzen möglich. Der<br />

Versuch eines Tötungsdeliktes ist daher nicht beendet, wenn der Täter zunächst<br />

irrtümlich den Eintritt des Todes für möglich hält, aber nach alsbaldiger Erkenntnis<br />

seines Irrtums von weiteren Ausführungshandlungen Abstand nimmt (…).<br />

Rechnet der Täter dagegen zunächst nicht mit einem tödlichen Ausgang, so liegt<br />

eine umgekehrte Korrektur des Rücktrittshorizonts vor, wenn er unmittelbar darauf<br />

erkennt, dass er sich insoweit geirrt hat. In diesem Fall ist ein beendeter<br />

Versuch gegeben, wenn sich die Vorstellung des Täters bei fortbestehender<br />

Handlungsmöglichkeit sogleich nach der letzten Tathandlung in engstem<br />

räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dieser ändert (…).<br />

[8] Nach diesen Maßstäben war der Mordversuch an K beendet, als der Angeklagte<br />

in der Vorstellung die Wohnung verließ, sein Opfer könne aufgrund der Stiche versterben.<br />

(…)<br />

[11] Sollte der Angeklagte aufgrund des Verhaltens des K, insbesondere dessen<br />

Beteiligung an der Rangelei, zwischendurch zu der Vorstellung gekommen<br />

sein, es bestehe für diesen doch keine Lebensgefahr, so lag in dem<br />

rechtsfehlerfrei festgestellten erneuten Wechsel im Vorstellungsbild des<br />

Angeklagten eine nochmalige Korrektur des Rücktrittshorizonts, die zum<br />

Vorliegen eines beendeten Versuchs führt.<br />

Der erforderliche enge zeitliche und räumliche Zusammenhang zwischen den<br />

zwei Messerstichen und dem Wechsel des Vorstellungsbildes (…) lag noch vor.<br />

Nach den Feststellungen vergingen vom Zeitpunkt der Stiche bis zum Zusammenbruch<br />

des Tatopfers im Wohnzimmer nur wenige Sekunden, maximal eine Minute.<br />

Es handelte sich um ein ohne wesentliche Zwischenakte ablaufendes dynamisches<br />

Geschehen. Ein fehlender enger zeitlicher Zusammenhang mit einer Tötungshandlung<br />

ist von der Rechtsprechung demgegenüber erst bei einer deutlich<br />

länger andauernden Zäsur von 15 (…) bzw. zehn Minuten (…) angenommen<br />

worden.“<br />

Selbst für den Fall einer zwischenzeitlichen Korrektur des Rücktrittshorizonts<br />

zugunsten des A wurde dieser somit abermals zuungunsten des A in einen beendeten<br />

Versuch korrigiert. A ist folglich nicht gemäß § 24 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.<br />

StGB strafbefreiend zurückgetreten, indem er aus der Wohnung flüchtete<br />

und auf weitere Messerstiche verzichtete.<br />

IV. A hat ferner weder die Tatvollendung i.S.v. § 24 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. StGB<br />

verhindert noch hat er sich freiwillig und ernsthaft um deren Verhinderung<br />

i.S.v. § 24 Abs. 1 S. 2 StGB bemüht. Ein strafbefreiender Rücktritt von seinem<br />

beendeten Versuch liegt folglich ebenfalls nicht vor.<br />

Ergebnis: A hat sich durch die Messerstiche gegen K wegen versuchten Totschlags<br />

gemäß §§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.<br />

Dr. Hans-Wilhelm Oymann<br />

RÜ 4/2012<br />

Eine Korrektur des Rücktrittshorizonts<br />

kommt denklogisch erst in Betracht,<br />

nachdem ein derartiger Rücktrittshorizont<br />

erstmalig entstanden ist. Letzteres<br />

ist insbesondere bei einem – hier<br />

nicht vorliegenden – Irrtum über die<br />

Tatvollendung problematisch. Denn solange<br />

der Täter irrtümlich annimmt, den<br />

tatbestandlichen Erfolg bereits herbeigeführt<br />

zu haben, stellt sich für ihn wegen<br />

dieses Irrtums die Frage eines etwaigen<br />

Rücktritts vom Versuch von vornherein<br />

nicht. Ein korrekturfähiger Rücktrittshorizont<br />

kann in diesen Fällen vielmehr<br />

erstmals mit dem Erkennen des<br />

Irrtums über die Tatvollendung entstehen.<br />

Die Entdeckung des Irrtums über<br />

die Tatvollendung ist dann der maßgebliche<br />

Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen<br />

beendetem und unbeendetem<br />

Versuch (vgl. hierzu BGH RÜ 2011, 573 f.).<br />

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