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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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232<br />

RÜ 4/2012<br />

Der BGH ist in der vorliegenden Entscheidung<br />

bei der Rücktrittsprüfung – seiner<br />

ständigen Rechtsprechung entsprechend<br />

– von der Gesamtbetrachtungslehre<br />

ausgegangen, ohne die hiervon divergierenden<br />

Ansätze zum Rücktritt bei<br />

mehraktigen Geschehensabläufen zu erörtern<br />

(vgl. hierzu im Einzelnen AS-Skript<br />

Strafrecht AT 2 [2011], Rdnr. 186 f.). Er<br />

konnte dabei die Frage des Fehlschlags<br />

offenlassen, da ein strafbefreiender Rücktritt<br />

aus den unten erörterten Gründen<br />

scheiterte. In einer Klausur ist ein derartige<br />

vorgreifliche Prüfung nicht zulässig<br />

und eine saubere Fehlschlagprüfung damit<br />

unerlässlich. Da nach dem Vorstellungsbild<br />

des A nach Abschluss der letzten<br />

Ausführungshandlung durchgehend<br />

kein Fehlschlag vorlag, musste die Frage,<br />

ob sein zwischenzeitlich geändertes Vorstellungsbild<br />

überhaupt eine relevante<br />

Korrektur seines ursprünglichen Rücktrittshorizonts<br />

in Richtung eines Fehlschlags<br />

bewirken konnte, an dieser Stelle<br />

noch nicht erörtert werden.<br />

Der BGH hat eine erforderliche grundlegende<br />

Tatplanänderung und damit<br />

einen Fehlschlag in einer jüngeren Entscheidung<br />

ausdrücklich bejaht, wenn der<br />

Täter nach Abschluss seiner letzten Ausführungshandlung<br />

erkennt, dass die ursprünglich<br />

zur Tatbestandverwirklichung<br />

eingeplante Unterstützungshandlung einer<br />

anderen Person nicht erbracht wird<br />

und er stattdessen den Widerstand dieser<br />

Person überwinden muss (vgl. BGH<br />

RÜ 2010, 505 f.). In der vorliegenden<br />

Konstellation hat A im Unterschied hierzu<br />

von vornherein mit dem Widerstand<br />

des G gerechnet.<br />

Rechtsprechung<br />

liche Rücktrittsalternativen des § 24 StGB begriffsnotwendig voraus, dass der<br />

Versuch nicht fehlgeschlagen ist (vgl. BGHSt 35, 90, 94, Sch/Sch/Eser, StGB,<br />

28. Aufl. 2010, § 24 Rdnr. 7 ff.).<br />

Ein Fehlschlag liegt auf Grundlage der herrschenden Gesamtbetrachtungslehre<br />

vor, wenn der Täter nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung<br />

erkennt oder annimmt, dass er den von seinem Vorsatz umfassten<br />

Tatbestand entweder überhaupt nicht, nur mit einer zeitlichen Verzögerung<br />

(Zäsur) oder nur mit einer grundlegenden Änderung des ursprünglichen<br />

Tatplans vollenden kann (vgl. BGH NStZ 2007, 91; NStZ 2008, 393).<br />

A ging sowohl unmittelbar nach den Messerstichen als auch nach dem Zusammenbruch<br />

des K aufgrund des lauten Stöhnens davon aus, dass K ohne<br />

weitere Tathandlungen sterben werde. Als Anknüpfungspunkt für einen Fehlschlag<br />

kommt folglich allein sein geändertes Vorstellungsbild während seiner<br />

zwischenzeitlichen Fixierung durch K und G in Betracht. Denn während<br />

dieses Zeitraums hielt A es zwar für möglich, K und G schnell überwältigen und<br />

beide unmittelbar anschließend – also ohne zeitliche Zäsur – erstechen zu<br />

können. Hierin könnte jedoch eine einen Fehlschlag begründende grundlegende<br />

Änderung des ursprünglich allein auf die Tötung des K gerichteten<br />

Tatplans liegen.<br />

Hiergegen spricht, dass K bereits vor den Messerstichen die Rückkehr des G<br />

und dessen Widerstand für möglich hielt. Auch während seiner Fixierung<br />

musste er folglich zur Tatbestandsvollendung nach seinem Vorstellungsbild<br />

keinen völlig neuen abweichenden Tatplan entwickeln und umsetzen. Sein<br />

Versuch war folglich auch in dieser Zeitspanne nicht fehlgeschlagen.<br />

2. Fraglich ist jedoch, ob zum Zeitpunkt der Flucht des A aus der Wohnung<br />

überhaupt ein unbeendeter Versuch i.S.v. § 24 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. StGB vorlag<br />

und er daher durch den schlichten Verzicht auf weitere Messerstiche strafbefreiend<br />

zurücktreten konnte.<br />

„[7] Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch bestimmt<br />

sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen<br />

Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont (…).<br />

Bei einem Tötungsdelikt liegt demgemäß ein unbeendeter Versuch vor, bei dem<br />

allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt<br />

vom Versuch führt, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat,<br />

was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest<br />

ausreichend ist (…). Ein beendeter Tötungsversuch, bei dem er für einen strafbefreienden<br />

Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen<br />

verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen<br />

muss, ist hingegen anzunehmen, wenn der Täter den Eintritt des Todes bereits<br />

für möglich hält (…) oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns<br />

macht (…).“<br />

a) Wie dargestellt, dachte A unmittelbar nach den Messerstichen zunächst,<br />

dass K auch ohne weitere Messerstiche sterben werde, er also alles Erforderliche<br />

zu seiner Tötung getan habe. Nach seinem Vorstellungsbild lag somit im<br />

unmittelbaren Anschluss an seine letzte Ausführungshandlung zunächst ein<br />

beendeter Versuch vor.<br />

b) Fraglich ist jedoch, ob dieser ursprüngliche Rücktrittshorizont zugunsten<br />

des A in einen unbeendeten Versuch zu korrigieren ist, da er hiervon abweichend<br />

während seiner Fixierung durch G und K davon ausging, zur Tötung des<br />

K weitere Messerstiche verüben zu müssen.<br />

Zweifel an einer derartigen Korrektur des Rücktrittshorizonts bestehen insbesondere<br />

vor dem Hintergrund, dass A nach dem Zusammenbruch des K auf-

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