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Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt

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220<br />

RÜ 4/2012<br />

Leitsatz 2 zu BGH, Urt. v. 22.12.2011 –<br />

VII ZR 7/11:<br />

„Beruht der fehlerhafte Befund darauf,<br />

dass der Tierarzt einen Mangel des Pferdes<br />

nicht erkannt oder seinem Vertragspartner<br />

nicht mitgeteilt hat, haftet er mit dem<br />

zu Schadensersatz oder Rückgewähr verpflichteten<br />

Verkäufer des Pferdes als Gesamtschuldner.“<br />

Rechtsprechung<br />

„[18] Die Gleichstufigkeit der Verpflichtungen ergibt sich daraus, dass sowohl<br />

der Verkäufer als auch der Tierarzt die Unterbringungs- und Behandlungskosten<br />

mit einer Geldzahlung ersetzen müssen, ohne dass einer der<br />

Schuldner nur subsidiär oder vorläufig für die andere Verpflichtung einstehen<br />

muss (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2006 – VI ZR 136/05, NJW 2007,<br />

1208). Auf die Einordnung als Verwendungsersatz gemäß § 347 Abs. 2 BGB oder<br />

als Schadensersatz kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob ein Anspruch<br />

auf Ersatz des negativen Interesses oder des positiven Interesses geltend gemacht<br />

wird. Auch ist unerheblich, dass der Verkäufer möglicherweise trotz fehlenden Verschuldens<br />

haftet, während die Haftung des Tierarztes Verschulden voraussetzt<br />

(OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2011 – 1 U 6/11). Entscheidend ist allein, dass<br />

sowohl der Verkäufer als auch der Tierarzt verpflichtet sind, die Unterbringungsund<br />

Behandlungskosten zu ersetzen. Insoweit wird ein inhaltsgleiches Gläubigerinteresse<br />

befriedigt. Sowohl der Verkäufer als auch der Tierarzt haben für die Beseitigung<br />

des gleichartigen Vermögensnachteils einzustehen, den der Käufer dadurch<br />

erlitten hat, dass jeder von ihnen seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt<br />

hat (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 1965 – GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 230; Urteil<br />

vom 19. Dezember 1968 – VII ZR 23/66, BGHZ 51, 275, 277). Es kommt auch nicht<br />

darauf an, dass Verkäufer und Tierarzt, bezogen auf das Kaufgeschäft, nicht im<br />

selben Lager stehen und kein gemeinsames Interesse verfolgen. Ohne Belang ist<br />

auch, dass Verkäufer und Tierarzt unterschiedliche Hauptleistungspflichten<br />

zu erfüllen haben (OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Mai 2011 – 1 U 6/11, S. 7).<br />

[19] Daran ändern auch nichts die Erwägungen, mit denen eine größere Sachnähe<br />

des Verkäufers begründet wird. Diese Erwägungen lassen im Übrigen unberücksichtigt,<br />

dass der Tierarzt mit einem fehlerhaften Befund zur Ankaufsuntersuchung<br />

die eigentliche Ursache für den Ankauf gesetzt haben kann und bagatellisieren<br />

zu Unrecht die Aufklärungsfunktion der Ankaufsuntersuchung.“<br />

Nach alledem steht es dem Gläubiger (K) frei, welchen Gesamtschuldner (V<br />

oder B) er in Anspruch nimmt.<br />

„[15] … Ihm kann deshalb grundsätzlich nicht als Verschulden bei der Obliegenheit<br />

zur Schadensminderung angelastet werden, den Schuldner seiner Wahl in Anspruch<br />

genommen zu haben. Inwieweit es im Einzelfall ausnahmsweise gleichwohl<br />

nach den Maßstäben von Treu und Glauben geboten sein kann, zunächst<br />

den Verkäufer auf Rückabwicklung des Vertrages in Anspruch zu nehmen (vgl.<br />

hierzu BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 – VII ZR 136/11), kann offenbleiben.<br />

Denn jedenfalls wäre hierfür Voraussetzung, dass die Rückabwicklung der einfachere<br />

und jedenfalls nicht aufwändigere Weg der Schadloshaltung wäre. Diese<br />

Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der [V] ist nicht bereit, dem [K] die geltend<br />

gemachten Aufwendungen und Schäden zu ersetzen. Zu einer gerichtlichen<br />

Geltendmachung seiner Ansprüche ist der [K] vor einer Inanspruchnahme des [B]<br />

gemäß § 242 BGB jedenfalls nicht verpflichtet.“<br />

II. Ergebnis: Der von K gegen B geltend gemachte Schadensersatzanspruch<br />

besteht i.H.v. 6.000 €. Im Übrigen ist die Klage – mit entsprechender Kostenverteilung<br />

gem. § 92 Abs. 1 ZPO – abzuweisen.<br />

Der BGH hat in drei unmittelbar aufeinander folgenden Entscheidungen einen<br />

Streit in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt und diesen dahingehend<br />

entschieden, dass zwischen dem Verkäufer eines mangelhaften Pferdes<br />

und dem Tierarzt, der im Rahmen einer Ankaufsuntersuchung diesen Mangel<br />

nicht entdeckt, ein Gesamtschuldverhältnis besteht. Es bedarf insoweit keiner<br />

hellseherischen Fähigkeit um vorherzusagen, dass aus diesen drei grundlegenden,<br />

zum Teil für die amtliche Entscheidungssammlung BGHZ vorgesehenen<br />

Entscheidungen Examensklausuren hervorgehen werden.<br />

Dr. Timm Nissen

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