Staatsstrukturprinzipien - Alpmann Schmidt
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Rechtsprechung<br />
mangel und damit in erster Linie eine Hauptleistungspflichtverletzung des V<br />
darstellt. Dies könnte dafür sprechen, dass V näher am Schadensgeschehen ist<br />
als der Tierarzt B, der lediglich zur Erstellung eines fehlerfreien Gutachtens verpflichtet<br />
gewesen ist.<br />
aa) Eine derartige Sichtweise wäre aber<br />
„[14] … schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil der [B] dem [K] auch dann auf Schadensersatz<br />
haften würde, wenn eine Gesamtschuld nicht vorläge. In diesem Fall<br />
würde sich allenfalls die Frage stellen, ob der [B] gemäß § 255 BGB die Abtretung<br />
der Ansprüche gegen den [V] verlangen könnte. …“<br />
bb) Im Übrigen ist ein Gesamtschuldverhältnis zwischen V und B zu bejahen.<br />
Dies hat der BGH in zwei vergleichbaren Fällen jüngst mit zwei Urteilen<br />
vom 22.12.2011 (Az.: VII ZR 7/11, RÜ 2012, 140 – zur Veröffentlichung in BGHZ<br />
bestimmt – und VII ZR 136/11) entschieden.<br />
(1) Sowohl V als auch B schulden dem K den Ersatz desjenigen Schadens, der<br />
durch den Ankauf des mangelbehafteten Pferdes entstanden ist. Der Anspruch<br />
richtet sich mithin gegen mehrere Schuldner.<br />
(2) V und B schuldeten K auch „eine Leistung“. Erforderlich ist insoweit eine<br />
Identität des Leistungsinteresses. Eine völlige Identität von Leistungsinhalt<br />
und -umfang ist jedoch nicht erforderlich. Es genügt eine an der Grenze zur inhaltlichen<br />
Gleichheit liegende besonders enge Verwandtschaft der Ansprüche<br />
(Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl. 2012, § 421 Rdnr. 6).<br />
Auch dies hier zu bejahen. Hätte B den Mangel im Rahmen der Ankaufsuntersuchung<br />
erkannt, hätte K das Pferd nicht erworben und infolgedessen auch<br />
nicht unter Aufwendung der hierdurch entstehenden Kosten ausgebildet.<br />
V ist hingegen der Vorwurf zu machen, dass das Pferd überhaupt mangelhaft<br />
ist. Im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung hat er den K folglich so<br />
zustellen, wie er im Falle ordnungsgemäßer, d.h. mangelfreier Erfüllung des<br />
Kaufvertrages gestanden hätte. Dann aber hätte K die Ausbildungskosten<br />
zwar ebenfalls aufgewandt, jedoch mit dem entscheidenden Unterschied,<br />
dass sich diese Aufwendungen dann rentiert hätten. Das Leistungsinteresse<br />
des K ist deshalb in beiden Fällen identisch.<br />
(3) V und B schulden dem K jeweils den Ersatz des insgesamt entstandenen<br />
Schadens. Jeder ist die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet.<br />
(4) K darf diese Leistung selbstverständlich nur einmal fordern.<br />
(5) Fraglich kann demnach allein die für die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses<br />
erforderliche Gleichstufigkeit der Haftungen des Verkäufers und<br />
des die Ankaufsuntersuchung durchführenden Tierarztes sein.<br />
Diese Gleichstufigkeit ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise<br />
mit dem Hinweis darauf verneint worden, vom Verkäufer verlange der Käufer<br />
das positive Interesse, vom Tierarzt hingegen nur das negative Interesse (vgl.<br />
z.B. OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.12.1997 – 11 U 16/97, NJW-RR 1998, 601). Der Käufer<br />
müsse deshalb zunächst den Verkäufer in Anspruch nehmen, soweit das<br />
positive Interesse auch das gegen den Tierarzt geltend gemachte negative Interesse<br />
darstelle. Der Verkäufer sei „näher am Schadensgeschehen dran“, dem<br />
Tierarzt komme nur eine Beratungsfunktion zu.<br />
Dem kann nach der Gegenauffassung (vgl. z.B. OLG Stuttgart, Urt. v. 10.05.<br />
2011 – 1 U 6/11), der sich der BGH – bzgl. der mit den vorliegenden Ausbildungskosten<br />
insoweit vergleichbaren Unterbringungs- und Behandlungskosten<br />
– angeschlossen hat, aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden (vgl.<br />
BGH, Urt. v. 22.12.2011 – VII ZR 7/11, Tz. 18 f.):<br />
RÜ 4/2012<br />
Voraussetzung einer Gesamtschuld<br />
gemäß § 421 BGB:<br />
� Mehrere Schuldner<br />
(„schulden mehrere“)<br />
� Gleiches Leistungsinteresse des<br />
Gläubigers („eine Leistung“)<br />
� Vollständige Leistungsverpflichtung<br />
der Schuldner im Außenverhältnis<br />
(„jeder die ganze Leistung zu bewirken<br />
verpflichtet“)<br />
� Einmaliges Forderungsrecht des Gläubigers<br />
(„der Gläubiger die Leistung<br />
nur einmal zu fordern berechtigt“)<br />
� Gleichstufigkeit (ungeschriebenes<br />
Tatbestandsmerkmal zur Abgrenzung<br />
zu § 255 BGB und den Fällen der cessio<br />
legis)<br />
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