Abschied - AIDS-Hilfe Stuttgart
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LEBEN MIT HIV & <strong>AIDS</strong><br />
Sind Jahre ohne Angewiesenheit<br />
auf die antiretrovirale Therapie möglich?<br />
Folgen wir den Berichten der<br />
Arbeiten von Herrn Dr. Ulmer, HIV-<br />
Schwerpunktpraxis <strong>Stuttgart</strong>, lautet<br />
die Antwort sehr vielversprechend:<br />
Ja!<br />
Durch seinem antientzündlichen Therapieansatz<br />
mit niedrig dosiertem<br />
Prednisolon (bekannter unter dem<br />
Namen Cortison) konnte er in seiner<br />
HIV-Schwerpunktpraxis belegen, dass<br />
eine deutliche Verlängerung der Zeit<br />
ohne antiretrovirale Therapie möglich<br />
ist.<br />
International wird der antientzündliche<br />
Therapieansatz von weiteren Ärzten und<br />
Wissenschaftlern verfolgt, wobei anstatt<br />
Niedrig dosiertes Prednisolon (= Cortison)<br />
in der HIV-Therapie<br />
„Bisher wurden 46 therapienaive HIV-Patienten mit mindestens<br />
300 (durchschnittlich 570) CD4-Zellen/µl 6 bis 128<br />
Monate lang mit Prednisolon behandelt. Ihre CD4- und<br />
Viruslastverläufe wurden retrospektiv mit denen von 128<br />
ebenfalls therapienaiven Patienten ohne Prednisolon verglichen<br />
(Mittl. CD4-Wert 608/µl). Unter Prednisolon zeigt<br />
sich ein mittlerer CD4-Anstieg um 4,6 Zellen/Monat, ohne<br />
Prednisolon ein Abfall um 3,9 Zellen/Monat. Die Unterschiede<br />
sind ab Monat 18 statistisch signifikant. (...).<br />
Ab Monat 23 betragen die Unterschiede mehr als 200<br />
Zellen/µl. (...)<br />
Mit insgesamt 130 dokumentierten Patienten, die mindestens<br />
6 Monate lang Prednisolon ohne antiretrovirale<br />
Therapie eingenommen haben (...), können wir inzwischen<br />
Cortison auch Aspirin erforscht wird.<br />
Doch diese Möglichkeiten einer solchen<br />
HIV-Behandlung bleiben bislang für<br />
viele Menschen mit HIV und <strong>AIDS</strong> ungenützt,<br />
sind kaum bekannt und werden<br />
nicht gefördert.<br />
Ärzte und Wissenschaftler, die solche<br />
Therapieansätze mit nicht patentierbaren<br />
Niedrigpreismedikamenten verfolgen,<br />
haben große Probleme, die nötigen<br />
Gelder aufzutreiben, um größere Studien<br />
finanzieren und durchführen zu können<br />
und um sich bei <strong>AIDS</strong>-Kongressen<br />
Gehör zu verschaffen.<br />
Mit Sponsorengeldern der Firmen<br />
Abbott, Böhringer Ingelheim, Bristol-<br />
Meyers Squibb, Gilead, Glaxo Smith<br />
Kline, Merck, Pfizer, Roche, Tibotec oder<br />
Vertex können solche Ärzte und<br />
Wissenschaftler für diese Forschung<br />
kaum rechnen. Die Pharmafirmen sind<br />
in erster Linie ihren Großaktionären verpflichtet<br />
und fördern deshalb keine<br />
Ansätze, die den Umsatz ihrer eigenen<br />
Produkte einschränken können. Im<br />
Gegenteil: nach den Gesetzen des<br />
Marktes müssen sie eher alles dafür<br />
tun, die systematische Erforschung solcher<br />
Ansätze zu verhindern.<br />
Die Gesetze des Marktes beinhalten<br />
auch, viele Meinungsbildner, vom Experten<br />
bis zu Selbsthilfegruppen, durch<br />
von einer hohen Sicherheit der Erkenntnisse ausgehen.<br />
Durch niedrig dosierte Glukokortikoide scheint sowohl bei<br />
therapienaiven HIV-Patienten als auch während einer<br />
HAART-Pause eine deutliche Verlängerung der Zeit ohne<br />
antiretrovirale Therapie möglich, bis hin zur Aussicht für<br />
einige Patienten, möglicherweise nie eine antiretrovirale<br />
Therapie zu benötigen.“<br />
(Aus: Dr. Ulmer, HIV-Schwerpunktarzt in <strong>Stuttgart</strong>, in seiner<br />
Arbeit „Niedrig dosiertes Prednisolon und viel weniger<br />
Angewiesenheit auf HAART – ein anderer Therapieansatz“,<br />
veröffentlicht in Jäger, <strong>AIDS</strong>- und HIV-Infektionen, 43. Erg. Lfg.<br />
3/04. Siehe hierzu auch die Homepage des Fördervereins<br />
Neue Wege in der HIV-Therapie e. V. www.hiv-therapie.org)<br />
Sponsoring an sich zu binden. Um die 4<br />
Milliarden Euro jährlich geben die<br />
Pharmafirmen dafür nach der Studie<br />
„Einfluss des pharmazeutischindustriellen<br />
Komplexes auf die Selbsthilfe“ der<br />
Universität Bremen vom November<br />
2006 aus!<br />
„Rund 30 Prozent des Umsatzes eines<br />
Medikamentes werden von den Pharmafirmen<br />
in das Marketing gesteckt.<br />
Das ist etwa doppelt so viel, wie in die<br />
Forschung fließt“ stellte der Vorstandsvorsitzende<br />
der Kaufmännischen<br />
Krankenkassen in Hannover, Ingo Kakluweit,<br />
klar (Deutsche Ärzteblatt vom<br />
30.11.2006).<br />
Diese Gesetze des Marktes und die<br />
Folgen für Menschen mit HIV und <strong>AIDS</strong><br />
sind insbesondere aus der Sicht der<br />
Menschen in ärmeren Ländern himmelschreiend<br />
und nicht länger hinnehmbar.<br />
Um so wichtiger sind Menschen, die<br />
sich eine Unabhängigkeit von diesem<br />
„geschmierten“ mainstream erhalten.<br />
Leider gibt es noch viel zu wenige <strong>AIDS</strong>-<br />
Organisationen und <strong>AIDS</strong>-Aktivisten, die<br />
in Deutschland mutig Ansätze auf der<br />
Basis einer solchen Unabhängigkeit<br />
unterstützen. Der Förderverein Neue<br />
Wege in der HIV-Therapie e. V. gehört<br />
dazu, der im Interesse der Menschen<br />
mit HIV und <strong>AIDS</strong> eine Aspirin-Selen-<br />
Studie in Zimbabwe mit einer Spendensammlung<br />
von 20.000 EUR, darunter<br />
auch mehreren 100 EUR aus <strong>Stuttgart</strong>,<br />
unterstützt (RAINBOW berichtete).<br />
Selbstverständlich werden wir die<br />
Ergebnisse dieser Studie in einer künftigen<br />
Ausgabe von RAINBOW vorstellen,<br />
LEBEN MIT HIV & <strong>AIDS</strong><br />
36 I 37 36 I 37<br />
Bildquelle: C. Klug<br />
Werden in den kommenden 25 Jahre 117<br />
Millionen <strong>AIDS</strong>-Tote hingenommen?<br />
Gemäß einer im November 2006 veröffentlichten Studie der<br />
Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Aids im Jahr 2030<br />
– nach Herzkrankheiten und Schlaganfällen – die dritthäufigste<br />
Todesursache sein. Die Autoren der Studie, Dr. Colin<br />
Mathers und Dejan Loncar, schätzen, dass in den kommen-<br />
sobald diese in einer internationalen<br />
Fachzeitschrift veröffentlicht werden<br />
konnten (erste Ergebnisse sind auf der<br />
Homepage des Fördervereins www.hivtherapie.org<br />
veröffentlicht).<br />
Doch in dieser RAINBOW-Ausgabe wollen<br />
wir unser Augenmerk auf den antientzündlichen<br />
Therapieansatz mit niedrig<br />
dosiertem Prednisolon von Herrn<br />
Dr. Ulmer richten. Um zu erfahren, was<br />
sich seit 2004 in diesem Bereich getan<br />
hat, führte Ralf Bogen für die RAINBOW-<br />
Redaktion das folgende Interview mit<br />
ihm durch.<br />
RAINBOW appelliert an alle Menschen<br />
mit HIV, die diesen Therapieansatz bei<br />
sich anwenden wollen, dies mit ihren<br />
Ärzten zu beraten und abzusprechen<br />
und nicht auf eigene Faust zu handeln!<br />
den 25 Jahren weltweit etwa 117 Millionen Menschen in<br />
Folge von <strong>AIDS</strong> sterben werden – sofern kein verbesserter<br />
Zugang zu antiretroviralen Medikamenten und keine Verbesserung<br />
der Behandlungsmöglichkeiten (z. B. ein wirksamer<br />
Impfstoff) realisiert werden kann.<br />
(Quelle: Pressemeldung vom 23.01.07 der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung.<br />
Die Ergebnisse der WHO-Studie sind unter http://www.plos.org/press/plme-03-<br />
11-mathers.pdf. im Internet verfügbar.)