Dinkel Infoblatt - Getreidezüchtung Peter Kunz
Dinkel Infoblatt - Getreidezüchtung Peter Kunz
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<strong>Getreidezüchtung</strong> <strong>Peter</strong> <strong>Kunz</strong><br />
Verein für Kulturpflanzenentwicklung<br />
Hof Breitlen 5<br />
CH-8634 Hombrechtikon/ZH<br />
Tel ++41 +55 / 264 17 89 / Fax ...87<br />
E-Mail: getreidezuechtung@peter-kunz.ch<br />
Homepage: www.peter-kunz.ch<br />
<strong>Dinkel</strong> - Info - Blatt<br />
von Catherine Cuendet<br />
1. <strong>Dinkel</strong>anbau<br />
Die Kulturpflanze <strong>Dinkel</strong> (Triticum spelta) tritt - später als der Weizen - in den Pfahlbausiedlungen<br />
erstmals rund 3000 Jahre v. Chr. auf und war im alemannischen Sprachraum bis zum<br />
Beginn des 20. Jh. die wichtigste Brotgetreideart. Erst danach wurde er an den besseren<br />
Standorten durch den ertragreicheren Weizen verdrängt. In den rauheren und niederschlagsreicheren<br />
Grenzlangen des Ackerbaues (Bsp. Emmental, Luzerner Hinterland, Oberaargau) konnte<br />
er sich jedoch halten und ist dem Weizen auch heute noch deutlich überlegen.<br />
Zu Beginn des Jahrhunderts war <strong>Dinkel</strong> die Hauptgetreideart Mitteleuropas. Trotz der vielen<br />
<strong>Dinkel</strong>sorten, die in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts gesammelt und in Genbanken<br />
eingelagert worden sind, befinden sich zurzeit nur ganz wenige Sorten im Anbau und dies fast<br />
ausschliesslich in den Randgebieten des Ackerbaus. <strong>Dinkel</strong> ist bis vor 20 Jahren kaum züchterisch<br />
bearbeitet worden. Seit einigen Jahren erfreut sich der <strong>Dinkel</strong> neuer Beliebtheit bei den<br />
Konsumenten wegen seiner Bekömmlichkeit und dem Bedürfnis nach einem unverfälschten “Ur-<br />
Getreide”.<br />
2. Agronomische Eigenschaften und Leistungen<br />
<strong>Dinkel</strong> ist ein robustes Getreide, welches auch in niederschlagreichen Gebieten und höheren Lagen<br />
gute Erträge und Qualität bringt. Die Robustheit des <strong>Dinkel</strong>s beruht vor allem auf seinem<br />
spezifischen Keimungs- und Wachtumsverlauf: er zeigt rasche Keimung und einen starken<br />
Aufgang (2-3 keimende Körner an jeder Saatstelle). Die Spelzen schützen das keimende Korn<br />
bei ungünstigen Verhältnissen und Spätsaaten vor bodenbürtigen Pilzen. Durch das starke<br />
Bestockungsvermögen des <strong>Dinkel</strong>s und seine ausgeprägte Wurzelbildung kann er flexibler auf<br />
ungünstige Bedingungen reagieren als Weizen. Der lange Halm, die stark variable Blattgrösse<br />
und eine ausgesprochen langsame Abreifung ermöglichen eine Anpassung an die N-Mineralisierungsschübe<br />
des Bodens, so dass die begrenzte Anzahl Körner pro Ähre stets gut<br />
ausgebildet ist. Dadurch wird eine hohe Ertrags- und Qualitätstreue erzielt.<br />
3. Ansprüche and Boden und Klima<br />
Standort: Für den <strong>Dinkel</strong>anbau sind tiefgründige Böden mit guter Speicherkapazität (Wasser,
Nährstoffe) optimal. Sehr leichte und zu Trockenheit neigende Böden eignen sich für den<br />
<strong>Dinkel</strong>anbau weniger, ebenso zur Verschlämmung neigende Böden. Die Anspüche an die<br />
Wasserversorgung sind beim <strong>Dinkel</strong> höher als beim Weizen.<br />
Sortenwahl: Die standörtlichen Verhältnisse (Bodengüte, verfügbare organische Dünger, Stellung<br />
in der Fruchtfolge) sind bei der Sortenwahl zu berücksichtigen. Für bessere Lagen und intensiv<br />
geführte Betriebe sind Sorten mit verbesserter Halmstabilität zu wählen. Langstrohige Sorten<br />
sind wegen Lagergefahr eher für schwächere Standorte geeignet. –> Tabelle Sortenwahl. Den<br />
neuen Sorten haftet der Ruf an, schlechter verträglich zu sein. Alle bisherigen Untersuchungen<br />
konnten dies jedoch nicht bestätigen, auch die Unterscheidung in A- und B- <strong>Dinkel</strong> mit<br />
Elektrophorese bringt diesbezüglich keinen Fortschritt. An einem gemeinsamen Anforderungsprofil<br />
für neue <strong>Dinkel</strong>sorten wird gearbeitet.<br />
4. Fruchtfolge<br />
Die Ansprüche des <strong>Dinkel</strong>s stehen zwischen Weizen und Roggen. Auf schweren und mittleren<br />
Böden sollte der <strong>Dinkel</strong> in der Fruchtfolgestellung nicht an bester Stelle stehen. Aufgrund seines<br />
ausgeprägten Wurzelsystems kann der <strong>Dinkel</strong> auch bei niedrigem N-Angebot gute Erträge und<br />
Qualität erzielen. Nur auf sandigen, leichten Böden wird empfohlen den <strong>Dinkel</strong> direkt nach einoder<br />
mehrjährigen Feldfutterbau zu stellen. Geeignete Vorfrüchte sind u.a. Hafer, Hackfrüchte,<br />
Raps, Mais, Körnerleguminosen und Sonnenblumen. Gerste ist als Vorfrucht ungünstig, wegen<br />
Übertragung von Fusskrankheiten. Die Anbaupause zwischen <strong>Dinkel</strong>, wie auch nach Weizen<br />
sollte mindestens zwei Jahre betragen.<br />
5. Saatbettbereitung und Saat<br />
<strong>Dinkel</strong> ist direktsaatverträglich. Aufgrund der grösseren Pflanzenlänge wird <strong>Dinkel</strong> weniger von<br />
Fusarien befallen als Weizen. Trotzdem sind auch bei <strong>Dinkel</strong> die Grundsätze zur Vermeidung<br />
von Fusarienbefall zu beachten: möglichst keine Ernterückstände, vor allem kein Maisstroh an<br />
der Bodenoberfläche über Winter belassen! Wichtig ist ein gut abgesetztes, eher grobscholliges<br />
Saatbett. Bei der Aussaat darf nicht zu schnell gefahren werden, da durch die voluminösen Fesen<br />
Verstopfungsgefahr besteht.<br />
Saatzeitpunkt<br />
Hauptsaatzeit ist Anfang bis Ende Oktober. <strong>Dinkel</strong> ist spätsaatverträglich<br />
und kann in besseren Lagen bis Ende November/Anfang Dezember<br />
ausgesät werden.<br />
Saatstärke<br />
Saattiefe<br />
günstige Bedingungen: 100 - 150 keimfähige<br />
Fesen /m 2<br />
ungünstige Bedingungen: 150 - 180<br />
keimfähige Fesen/m 2<br />
3 - 5 cm<br />
<strong>Dinkel</strong> hat ein enormes Bestockungsvermögen,<br />
so dass<br />
geringe Saatstärken möglich<br />
sind.<br />
Reihenabstand 8 - 22 cm Erfolgt die mechanische Unkrautregulierung mit der Hacke,<br />
so ist ein Reihenabstand von min. 16 cm erforderlich.<br />
Bei dem Anbausystem “weite Reihe” beträgt der<br />
Reihenabstand 50 cm.
6. Nährstoffbedarf und Düngung<br />
Beim <strong>Dinkel</strong> wird ein Entzug von 2.1 kg N/ha und dt Fesenertrag veranschlagt. Die Nachlieferung<br />
des organisch gebundenen Stickstoffs aus dem Boden muss bei der Düngeberechnung berücksichtigt<br />
werden. Zu hohe Ertragserwartungen führen leicht zu lagernden Beständen durch eine<br />
N-Überversorgung. Der Phosphor und Kalibedarf ist ähnlich wie bei Weizen. Die Höhe der Gülleoder<br />
Mistgaben erfordern speziell bei langen Sorten ein gutes Gespür, denn <strong>Dinkel</strong> reagiert<br />
empfindlich auf eine Stickstoffüberversorgung. Eine einmalige Güllegabe im Frühjahr von ca.<br />
2<br />
10 - 20 m /ha (1:1verdünnt) zu Beginn der Vegetation ist abzuwägen. Die Gabe sollte so früh<br />
wie möglich erfolgen (spätestens bei Beginn der Bestockung). In der Regel ist eine weitere Gabe<br />
zu Beginn des Schossens nicht nötig. Festmisttgaben nach der Saat werden weniger empfohlen<br />
(Höchstmenge ca. 10 - 20 dt gut angerottet).<br />
7. Unkrautregulierung<br />
Die Konkurrenzkraft des <strong>Dinkel</strong>s gegenüber Unkräutern ist deutlich grösser als bei Weizen.<br />
Striegeln: Kurz vor dem Auflaufen kann blindgestriegelt werden. Der wichtigste Striegeldurchgang<br />
erfolgt im Frühjahr ab dem 3 - 4 Blattstadium. Junge Pflanzen dürfen nicht zu scharf<br />
gestriegelt werden. Bei hohem Unkrautdruck ist ein letzter Durchgang während der Schossphase<br />
möglich.<br />
Hacken: Der Vorteil der Hacke gegenüber dem Striegel betrifft vor allem Unkräuter mit starker<br />
Wurzelbildung (Ampfer, Hohlzahn, Kamille etc.). Auch auf schweren Böden, wo die Striegelarbeit<br />
oft ungenügend ausfällt empfiehlt sich die Hacke.<br />
Striegeln und Hacken bewirken eine N-Mineralisierung von bis zu 15 kg N/ha.<br />
8. Ernte<br />
Bestimmung des Erntetermins: Der optimale Erntezeitpunkt ist sortenspezifisch. Kriterien sind<br />
Kornfeuchtigkeit (möglichst < 14 %), sowie die Spindelbrüchigkeit.<br />
Abgereifter <strong>Dinkel</strong> übersteht Regengüsse unbeschadet, denn die Auswuchsempfindlichkeit ist<br />
bei den neuen Sorten gering. Mehrmaliges Abregnen verbessert sogar die Druschbedingungen,<br />
da die Spindel brüchiger wird. Bei den aufgeführten Sorten ist auch die Gefahr, dass die geneigten<br />
Ähren an der Basis abbrechen, wie bei den alten Sorten, deutlich geringer.<br />
Die Einstellung des Dreschers ist anspruchsvoller als bei Weizen! Das liegt an den dinkeltypischen<br />
Ähreneigenschaften und an der grösseren Strohmenge. Es muss so gefahren werden, dass<br />
einerseits die Ähre vollständig in die einzelnen Spindelglieder bricht, andererseits jedoch nicht<br />
zu viele nackte Körner herausgeschlagen werden. Der Anteil freidreschender (nackter) Körner<br />
ist sortenabhängig (vgl. Tabelle). Ist eine befriedigende Einstellung nicht möglich, so ist in der<br />
Regel der Druschzeitpunkt zu früh gewählt. Trommelrehzahl und Korbabstand müssen den Fesen,<br />
bzw. den Sorten angepasst werden. Der Fesenabgang im Stroh muss kontrolliert werden, er hat<br />
eine wesentlich grössere Bedeutung als die Siebverluste.<br />
Dreschzeitpunkt: Der Spelzenschluss hängt stark von der Feuchte der Spelzen ab. Deshalb ergibt<br />
der Drusch am Vormittag deutlich weniger freidreschende Körner als am Nachmittag.
Tabelle Sortenwahl Alkor Sirino AWH.52 Tauro<br />
Charakterisierung<br />
aufrechter Wuchstyp mit kurzen,aufrechten<br />
Blättern. Ähre:braun,<br />
mitteldicht, aufrecht<br />
stark bereifte Pflanze mit z.T. langen,<br />
dunkelgrünen, überhängenden Blättern.<br />
Ähre: weiss, sehr lang + locker,<br />
stark hängend<br />
stark wüchsige Pflanze mit hellerem<br />
Blattgrün. Ab Beginn Ährenschieben<br />
tritt eine starke Bereifung auf. Ähre:<br />
weiss, sehr lang + locker, hängend.<br />
alter <strong>Dinkel</strong>typ, wüchsig, wenig bereift.<br />
Ähre: braun, mitteldicht, aufrecht<br />
bis leicht geneigt<br />
Ertrag (rel.) zu Ober- 1996-03: (21 Versuche): 121 % 1996-03: (21 Versuche): 117.2 % 1998-03: (10 Versuche): 113.3 % 2000-03: (8 Versuche): 107.9 %<br />
Standorteignung auch für bessere Lagen geeignet für mittlere Lagen für mittlere Lagen ähnlich wie Ostro+Oberkulmer<br />
Ährenschieben mittelfrüh mittelfrüh früh bis mittelfrüh mittelfrüh<br />
Wuchshöhe (cm) 125 bis 135 125 bis 135 120 bis 140 130 bis 145<br />
Standfestigkeit gut mittel mittlel mittel<br />
Blattgesundheit<br />
Mehltau mittel sehr gut gut gut<br />
Braunrost gut gut sehr gut sehr gut<br />
Blattflecken mittel mittel mittel mittel<br />
Ährengesundheit gut sehr gut sehr gut sehr gut<br />
Auswuchsfestigkeit sehr gut sehr gut bisher gut bisher gut<br />
spezielle <strong>Dinkel</strong>eigenschaften<br />
Spelzenschluss mittel - gut gut gut sehr gut<br />
Spindelbrüchigkeit<br />
Korntyp<br />
gut<br />
dinkeltypisches, aber etwas kürzers,<br />
gut ausgebildetes Korn<br />
mittel-gut, wenn nicht zu früh gedroschen<br />
wird<br />
dinkeltypisches, gut ausgebildetes<br />
Korn<br />
gut<br />
dinkeltypisches, sehr gut ausgebildetes<br />
Korn<br />
gut<br />
dinkeltypisches, gut ausgebildetes<br />
Korn<br />
Ausreifung gut sehr gut sehr gut sehr intensiv<br />
Backqualität (technologisch)<br />
dinkeltypisch weicher Teig. Gibt<br />
etwas mehr Volumen als Ostro<br />
dinkeltypischer, sehr weicher Teig.<br />
Verlangt schonende Verarbeitung.<br />
dinkeltypischer, weicher Teig<br />
dinkeltypischer, weicher Teig.<br />
Besonderheiten<br />
Alkor kann in lockeren Beständen sehr<br />
grosse Ähren bilden und hat damit eine<br />
hohe Kompensationsfähigkeit. Bei<br />
den grossen Ähren ist jedoch der Spelzenschluss<br />
etwas schwächer, sodass<br />
sich bei scharfem dreschen 10-20%<br />
nackte Körner ergeben können.<br />
Nährstoffunterversorgung vermeiden!<br />
Sonst werden an der Ährenspitze kleinere<br />
Fesen gebildet als an der Ährenbasis.<br />
Dies erfordert beim Röllen einen<br />
zusätzlichen Aufwand. Die Spindel<br />
von Sirino ist - aufgrund der sehr geringen<br />
Anfälligkeit auf Spelzenbräune<br />
- vor allem in trockenen Jahren etwas<br />
fester als bei anderen Sorten.