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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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Eine Bewertung aus heutiger Sicht<br />

Zwischen 1960 <strong>und</strong> 1980 wurde in erheblich höherem Ausmaß<br />

als heute in den Neubau von Sportanlagen investiert<br />

<strong>und</strong> damit ein gesellschaftliches Vermögen geschaffen, das<br />

die Lebensqualität <strong>der</strong> Bevölkerung entscheidend verbesserte<br />

<strong>und</strong> dankbar angenommen wurde. Dieser Bauboom war die<br />

wichtigste Ursache für die rapide Entwicklung <strong>des</strong> Breitensports<br />

<strong>und</strong> die starke Erhöhung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>zahlen in den<br />

Sportvereinen. In dieser Zeit <strong>des</strong> Aufbruchs <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zukunftsgläubigkeit<br />

wurden jedoch aus heutiger Sicht auch entscheidende<br />

Fehler gemacht:<br />

Die 60er Jahre waren die Zeit <strong>des</strong> Babybooms. Bä<strong>der</strong> waren<br />

gerade für Kin<strong>der</strong> hoch attraktiv. Konkurrenz von Trendsportarten<br />

gab es noch nicht, man fuhr weniger in Urlaub, Fernsehen<br />

hatten nur Wenige, <strong>und</strong> es hatte zunächst nur ein Programm,<br />

Video <strong>und</strong> Heimcomputer waren noch nicht erf<strong>und</strong>en.<br />

Kein W<strong>und</strong>er, dass die neuen Bä<strong>der</strong> gut besucht waren.<br />

Mit dem "Pillenknick" <strong>der</strong> 70er Jahre, attraktiven Konkurrenz-<br />

Angeboten <strong>und</strong> zunehmenden Attraktivitätsmängeln in den<br />

älter werdenden Bä<strong>der</strong>n nahmen die Besucherzahlen <strong>und</strong><br />

damit auch die Einnahmen deutlich ab.<br />

Man bevorzugte Entwürfe mit möglichst geringen Baukosten,<br />

zudem wurde später an Bauunterhaltung <strong>und</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

gespart. Das Ergebnis waren Bä<strong>der</strong> in schlechtem<br />

Zustand, die bei steigenden Energie- <strong>und</strong> Wasserkosten<br />

immer höhere Betriebskosten hatten. In einigen Fällen gab es<br />

sogar Sicherheitsprobleme wegen einer vernachlässigten<br />

Gebäu<strong>des</strong>tatik.<br />

Die Wünsche <strong>der</strong> Besucher <strong>und</strong> die Sportentwicklung wurden<br />

nicht ausreichend analysiert. Die Bä<strong>der</strong> boten im Wesentlichen<br />

die Möglichkeit zum Bahnenschwimmen, Schwimmenlernen<br />

<strong>und</strong>, wo ein Sprungturm vorhanden war, zum Turmspringen.<br />

Es besteht aber zunehmend Bedarf an attraktiven<br />

Möglichkeiten für Breitensport, Rehabilitation <strong>und</strong> Prävention,<br />

Angeboten für Gruppen o<strong>der</strong> Zusatzeinrichtungen wie<br />

Sauna o<strong>der</strong> Cafeteria.<br />

Die Standorte waren nicht in einem regionalen Versorgungskonzept<br />

aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt. Vielmehr erlag mancher<br />

Bürgermeister <strong>der</strong> Versuchung, sich mit den damals sehr<br />

populären Hallenbä<strong>der</strong>n ein "Denkmal" zu setzen.<br />

Die letzten Jahre waren daher vielerorts von Diskussionen<br />

über Bä<strong>der</strong>schließungen geprägt. Auch dabei gab es nur<br />

selten eine regionale Abstimmung. Ärmere Städte schlossen<br />

ihre Bä<strong>der</strong> als erste <strong>und</strong> drängten damit nicht nur die Besucher,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Defizite <strong>des</strong> Badebetriebs in die Nachbarstädte<br />

ab.<br />

38<br />

Sanierungsbedarf <strong>und</strong> Sanierungskosten<br />

Die letzte Sportstättenstatistik 2000 fragte auch, ob innerhalb<br />

<strong>der</strong> nächsten fünf Jahre Sanierungsbedarf besteht. Diese<br />

Zahlen wurden vervollständigt <strong>und</strong> durch eine Kostenschätzung<br />

ergänzt. Als Ergebnis kann festgehalten werden:<br />

� Der gesamte Sanierungsbedarf für alle Sportstätten in<br />

Deutschland beträgt etwa 42 Mrd. Euro.<br />

� Davon entfällt <strong>der</strong> größte Anteil mit 10,6 Mrd. Euro auf die<br />

Hallenbä<strong>der</strong> <strong>und</strong> weitere knapp 5 Mrd. Euro auf die Freibä<strong>der</strong>.<br />

� Der Sanierungsbedarf für alle Bä<strong>der</strong> beträgt also 15,6 Mrd.<br />

Euro (37% <strong>des</strong> gesamten Sanierungsbedarfs; dies entspricht<br />

fast 200 Euro für jeden Einwohner).<br />

Was ist in dieser Situation zu tun? Der größte Fehler wäre<br />

sicherlich, die maroden Bä<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> in den Zustand zu<br />

versetzen, in dem sie bei ihrer Einweihung einmal waren.<br />

Gefragt ist vielmehr eine gründliche Analyse von Bauzustand,<br />

künftigem Bedarf, Möglichkeiten zur Kostensenkung <strong>und</strong><br />

Einnahmeverbesserung, keine möglichst billige Minimallösung,<br />

son<strong>der</strong>n ein vorwärts gerichtetes Konzept, das den<br />

Kriterien <strong>der</strong> ökonomischen, <strong>der</strong> ökologischen <strong>und</strong> <strong>der</strong> sozialen<br />

Nachhaltigkeit genügt.<br />

Konzepte für eine nachhaltige Bä<strong>der</strong>entwicklung<br />

Der Bedarf an Bä<strong>der</strong>n ist nicht für heute, son<strong>der</strong>n für die<br />

nächsten 10 bis 20 Jahre sorgfältig zu ermitteln. Dazu ist die<br />

Anwendung mo<strong>der</strong>ner Bedarfsbestimmungsmethoden,<br />

ergänzt um eine partizipative Planung mit Einbeziehung aller<br />

Betroffenen <strong>und</strong> Experten notwendig. Zu berücksichtigen ist<br />

vor allem die voraussichtliche demographische Entwicklung,<br />

die regional sehr unterschiedlich verlaufen wird.<br />

Die "Kirchturmpolitik" muss aufhören, sie ist nicht mehr zu<br />

verantworten <strong>und</strong> nicht mehr zu bezahlen. Anzahl, Typ <strong>und</strong><br />

Standorte von Bä<strong>der</strong>n müssen regional koordiniert werden<br />

mit dem Ziel, ein ausgewogenes Versorgungsnetz zu schaffen.<br />

Dies gilt für Bä<strong>der</strong>schließungen wie für Neubauprojekte. Es<br />

gibt schon lange nicht mehr nur das eine "multifunktionale"<br />

Bad, das höchstens in verschiedenen Größen vorkommt.<br />

Vielmehr existiert ein Bündel von sehr heterogenen Erwartungen<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Zielgruppen, die entsprechend<br />

differenzierte Angebote erfor<strong>der</strong>n. Bewährt haben sich sogenannte<br />

"Freizeitbä<strong>der</strong>", die neben dem Schwimmen auch<br />

Wasserspiele <strong>und</strong> Wasserrutschen, Sauna, Solarium, Fitnessraum,<br />

Cafeteria usw. anbieten. Sogenannte Trainingsbä<strong>der</strong><br />

werden ausschließlich für Schwimmvereine, Schulen <strong>und</strong><br />

Hochschulen zu Training <strong>und</strong> Ausbildung betrieben. "Spaßbä<strong>der</strong>"<br />

hingegen bieten vor allem Spaß im <strong>und</strong> am Wasser, ein<br />

häufig tropisches Ambiente mit Palmen <strong>und</strong> Sand; dort kann<br />

man essen, einkaufen, es gibt Musik <strong>und</strong> viele Attraktionen.

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