Diagnostik und Begutachtung asbestbedingter Berufskrankheiten

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27.05.2014 Aufrufe

e44 Leitlinie Anlage 4 ! Entwicklung der ILO-Klassifikation seit 1958 [1] Jahr Kleine Schatten Große Schatten Pleura Bemerkungen Streuung Form/Größe 1950 0 simple (GB) fine (F) discrete (ILO) 1, 2, 3; X (others) 1958 0 Z(Verdacht) 1, 2, 3 Optionale Kodierung P = Pinhead M = Makronodulär N=Nodulär p=punktiform m = mikronodulär n=nodulär Koaleszenz/massive Fibrose A=1cm+ B C D = Distorsion A B C nicht berücksichtigt Sydney Meeting, hauptsächlich Bergarbeiter Defintion: mineral dusts kein vergleichbares Bildmaterial; jede Gruppe hatte eigene Standards alle Symbole optional, pl als Symbol ILO Meeting Geneva 1958: „International Classification of Persistent Opacities in the Lung Field provoked by the Inhalation of Mineral Dusts“ 1968 „extended and short version“ 0 (0/-, 0/0, 0/1) 1 (1/0, 1/1, 1/2) 2 (2/1, 2/2, 2/3) 3 (3/2, 3/3, 3/4 („short“ 0, Z, 1, 2, 3) L = linear/retikulär Rounded Opacities: p, m (q), n (r) Irregular Opacities: s, t, u; Kombination nur verbal möglich A B C Wd (well defined) id (ill defined) pleurale Verdickung (pl) 0, 1, 2, 3 pleurale Kalzifikation (plc) 0, 1, 2, 3 Lokalisation: Thoraxwand, Diaphragma, sonstige; (Plaques nicht gesondert erwähnt) 1971 = 1968 „extended“ = 1968 „extended“ = 1968 „extended“ costophrenischer Winkel (CPW) und Thoraxwand definiert „Ill-definded“ Herzrand und Diaphragma 1980 „complete and short classification“ 2000/ 2000-D „complete and short classification“ 0 (0/-, 0/0, 0/1) 1 (1/0, 1/1, 1/2) 2 (2/1, 2/2, 2/3) 3 (3/2, 3/3, 3/+ „short“ -Grad 0– 3 = 1980; bis 1980 bei unterschiedlichem Befall der Felder Durchschnitt der Streuung ermittelt Rounded Opacities: p, q, r Irregular Opacities: s, t, u; Kombination möglich: q/q, q/t etc. = 1980; ab 1980 „Gesamteindruck“mit Standard-Filmen; ggf. gering gestreute Felder nicht berücksichtigen A B C wd und id weggelassen, in Deutschl. beibehalten = 1980; wd und id auch in Deutschl. weggelassen Pleuraverdickung umschrieben (Plaques) und/oder diffus; Angabe für Ausdehnung 1, 2, 3 und Dicke (Breite) a 0– 5 mm, b 5– 10, c > 10; Ausdehnung der Pleuraverkalkung 1, 2, 3; CPW wie 1971; „short“ Symbol pt und pc diffuse Pleuraverdickung ausschließlich mitpos.CPW,inDeutschl.auchohne; Dicke a 3 – 5mm 2Versionen,„extended“ zur Berücksichtigung von Asbestfolgen. „short“ für „Mineral Dusts including coal and carbon“ ( Version 1958) Symbole: a. obligator., b. optional alle Typen „mineral dusts, including silica, coal, asbestos & beryllium“ 1970 Cardiff gemeinsam ILO und UICC alle Stäube; Symbole alle obligatorisch; CPW wie 1971 Y(es), N(o), wenn auf Thoraxwand aufsteigend = diffus zusätzlich kodieren alle Stäube, keine Kurzversion; Standardfilme als „Complete Set“ mit 22 Filmen Großformat, „Quad Set“ mit 14 Filmen mit Filmausschnitten: 2000-D = digitale Version auf CD zur Monitorbefundung Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Baur X et al. Diagnostik und Begutachtung asbestbedingter Berufskrankheiten … Pneumologie 2011; 65: e1– e47

Leitlinie e45 Kommentar zur Entwicklung der ILO-Klassifikation Die beigefügte Tabelle zeigt die Entwicklung der ILO-Klassifikation seit 1950. Vorausgegangen war ein erster Vorschlag 1930 anlässlich einer internationalen Konferenz über die Silikose in Johannesburg in Südafrika. Zwischen 1930 und 1950 gab es nationale, radiologische Klassifikationen u.a. in Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, Südafrika und den USA. Einheitliche Standardfilme stehen seit 1958 zur Verfügung, die aber immer wieder ergänzt und angepasst wurden. Der Filmsatz von 1980 wird mit kleinen Varianten bis heute genutzt. Die analog angefertigten Filme sind zwischenzeitlich digitalisiert, sodass die Kopien anders als bei den analogen Kopien eine gleichbleibende Qualität haben. In Kürze erwarten wir die gleichen Filme als DICOM-Ausgabe zur Monitorbefundung. Parallel dazu wird an einer komplett digital angefertigten Serie gearbeitet. Seitens der ILO werden die semiquantitativen Beurteilungsbögen als „Vorschlag“ gesehen, nationale Eigenentwicklungen werden freigestellt. Insbesondere die Beurteilung der Pleura wurde in der ILO-2000 geändert. Die 1980er-Version definiert die Dicke a mit 0–5mm, 2000 wurde eine Übereinkunft für a = 3 –5mm getroffen, um die Zahl der falsch-positivem Fälle in Grenzen zu halten. Dies wurde wie in den meisten anderen beteiligten Ländern auch von Deutschland übernommen. Die strenge Kombination von verschattetem costophrenischem Winkel (CPW) und einem durchgehenden Saum zur lateralen Thoraxwand, im Grunde also der Hyalinosis complicata, wurde dagegen von Deutschland nicht akzeptiert. In allen international durchgeführten Einführungsund Vorbereitungskursen zum NIOSH-B-Reader-Examen wird aber diese Deutung gefordert, d. h. eine diffuse Pleuraverdickung kann nur kodiert werden, wenn der CPW verschattet und in den Saum zur lateralen Thoraxwand integriert ist. Japan führte 1955 eigene Standardfilme ein, 1970 erfolgte eine Revision. Für rundliche Schatten sind die Filme etwa den ILO-Filmen entsprechend, für irreguläre bestehen eigene Vergleichsfilme. Ein Standardfilm für Pleurabefunde existiert nicht. Es gibt ein Symbol für das Vorhandensein von Plaque(s) (pl) und für kalzifizierte Plaque(s) (plc). Eine diffuse Pleuraverdickung wird ab 5mm Dicke anerkannt, wenn sie bei einseitigem Befall die Hälfte der Thoraxwand einnimmt und bei beidseitigem Befall jeweils ein Viertel der Thoraxwand je Seite betrifft. Auch Rundatelektasen sind eingeschlossen. Unerlässliche Voraussetzung ist eine schwere Dysfunktion der Lunge (VC < 65 %, FEV 1 < 50 %, PaO2 < 65 Torr) und eine Asbestexposition ≥ 3 Jahre. In der Zwischenzeit ist aber die Einteilung nach der ILO-2000 weitgehend in Gebrauch und Pleuraverdickungen werden ab 3mm als positiv gewertet. Verwaltungstechnisch werden zur Ermittlung der Kompensation 4 Klassen eingeteilt: Klasse China hat ebenfalls bis heute eigene Standardfilme im Einsatz. Die radiologisch-diagnostischen Kriterien wurden 1986 an die ILO 1980 angelehnt [189]. Die Pneumokoniosen werden in 4 Klassen eingeteilt: Die Beurteilung der Pleura erfolgte entsprechend der ILO 1980 für diffuse und umschriebene Verdickungen. NIOSH und ILO streben eine übernationale Anwendung des Kodierungssystems an. Einerseits ist die Teilnahme an den B- Reader-Examen des ACR (gemeinsam mit NIOSH) in den USA für alle Nationen offen, andererseits werden von der ILO Qualifizierungskurse international durchgeführt. Dennoch ist es ausdrücklich erlaubt, nationale Variationen zu verwenden, sodass der direkte Vergleich der internationalen Literatur häufig ohne Kenntnis der nationalen Varianten nicht möglich ist. Auch Deutschland verwendet eine Modifikation, die insbesondere bei der Beurteilung der diffusen Pleuraverdickung, dem Saum zur lateralen Thoraxwand, Konsequenzen hat. Während in der Original-ILO-Fassung ein diffuser Pleurabefund ausschließlich mit verschwartetem costophrenischem Winkel zu kodieren ist, erlaubt die deutsche Modifikation die Kodierung auch ohne Befall des costophrenischen Winkels Dies gilt noch mehr für die CT/HRCT-Kodierung. Zwar ist durch die Publikationen der Fleischner Society die Benennung der bildmorphologischen Veränderungen bei Lungen- und Pleuraerkrankungen international vereinheitlicht und auch mit Bildbeispielen belegt, dennoch ist eine einheitliche Kodierung und Graduierung der Befunde nach wie vor nicht vorhanden. In Deutschland und Österreich wird das ICOERD als semiquantitatives, standardisiertes Verfahren eingesetzt. Weiterführende Literatur: [1,40,43 – 44,190 – 192] Radiologische Streuung (PR = Profusion) Lungenfunktion 1 PR 0 (0/-, 0/0, 0/1) normal 2 PR 1 (1/0, 1/1, 1/2) 3–A PR 2 (2/1, 2/2, 2/3) 3–B PR 3 (3/2, 3/3, 3/+) 3 PR4(A,B) 4 PR1– PR4+A,Bund PR4+C-Schwiele schwere LuFu-Störung Klasse ILO-Zuordnung 0 „none“ 0/–, 0/0, 0/1, 1/0 I „mild“ 1/1, 1/2, 2/2, 2/3 II „moderate“ 3/2, 3/3, 3/+ III „severe“ PMF, korrespondierend mit A, B, C Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages. Baur X et al. Diagnostik und Begutachtung asbestbedingter Berufskrankheiten … Pneumologie 2011; 65: e1– e47

Leitlinie<br />

e45<br />

Kommentar zur Entwicklung der ILO-Klassifikation<br />

Die beigefügte Tabelle zeigt die Entwicklung der ILO-Klassifikation<br />

seit 1950. Vorausgegangen war ein erster Vorschlag 1930<br />

anlässlich einer internationalen Konferenz über die Silikose in<br />

Johannesburg in Südafrika.<br />

Zwischen 1930 <strong>und</strong> 1950 gab es nationale, radiologische Klassifikationen<br />

u.a. in Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien,<br />

Russland, Südafrika <strong>und</strong> den USA.<br />

Einheitliche Standardfilme stehen seit 1958 zur Verfügung, die<br />

aber immer wieder ergänzt <strong>und</strong> angepasst wurden. Der Filmsatz<br />

von 1980 wird mit kleinen Varianten bis heute genutzt. Die analog<br />

angefertigten Filme sind zwischenzeitlich digitalisiert, sodass<br />

die Kopien anders als bei den analogen Kopien eine gleichbleibende<br />

Qualität haben. In Kürze erwarten wir die gleichen Filme<br />

als DICOM-Ausgabe zur Monitorbef<strong>und</strong>ung. Parallel dazu wird<br />

an einer komplett digital angefertigten Serie gearbeitet.<br />

Seitens der ILO werden die semiquantitativen Beurteilungsbögen<br />

als „Vorschlag“ gesehen, nationale Eigenentwicklungen werden<br />

freigestellt. Insbesondere die Beurteilung der Pleura wurde in<br />

der ILO-2000 geändert. Die 1980er-Version definiert die Dicke a<br />

mit 0–5mm, 2000 wurde eine Übereinkunft für a = 3 –5mm getroffen,<br />

um die Zahl der falsch-positivem Fälle in Grenzen zu halten.<br />

Dies wurde wie in den meisten anderen beteiligten Ländern<br />

auch von Deutschland übernommen. Die strenge Kombination<br />

von verschattetem costophrenischem Winkel (CPW) <strong>und</strong> einem<br />

durchgehenden Saum zur lateralen Thoraxwand, im Gr<strong>und</strong>e also<br />

der Hyalinosis complicata, wurde dagegen von Deutschland nicht<br />

akzeptiert. In allen international durchgeführten Einführungs<strong>und</strong><br />

Vorbereitungskursen zum NIOSH-B-Reader-Examen wird<br />

aber diese Deutung gefordert, d. h. eine diffuse Pleuraverdickung<br />

kann nur kodiert werden, wenn der CPW verschattet <strong>und</strong> in den<br />

Saum zur lateralen Thoraxwand integriert ist.<br />

Japan führte 1955 eigene Standardfilme ein, 1970 erfolgte eine<br />

Revision. Für r<strong>und</strong>liche Schatten sind die Filme etwa den ILO-Filmen<br />

entsprechend, für irreguläre bestehen eigene Vergleichsfilme.<br />

Ein Standardfilm für Pleurabef<strong>und</strong>e existiert nicht. Es gibt<br />

ein Symbol für das Vorhandensein von Plaque(s) (pl) <strong>und</strong> für kalzifizierte<br />

Plaque(s) (plc). Eine diffuse Pleuraverdickung wird ab<br />

5mm Dicke anerkannt, wenn sie bei einseitigem Befall die Hälfte<br />

der Thoraxwand einnimmt <strong>und</strong> bei beidseitigem Befall jeweils<br />

ein Viertel der Thoraxwand je Seite betrifft. Auch R<strong>und</strong>atelektasen<br />

sind eingeschlossen. Unerlässliche Voraussetzung ist eine<br />

schwere Dysfunktion der Lunge (VC < 65 %, FEV 1 < 50 %, PaO2 <<br />

65 Torr) <strong>und</strong> eine Asbestexposition ≥ 3 Jahre. In der Zwischenzeit<br />

ist aber die Einteilung nach der ILO-2000 weitgehend in Gebrauch<br />

<strong>und</strong> Pleuraverdickungen werden ab 3mm als positiv gewertet.<br />

Verwaltungstechnisch werden zur Ermittlung der Kompensation<br />

4 Klassen eingeteilt:<br />

Klasse<br />

China hat ebenfalls bis heute eigene Standardfilme im Einsatz.<br />

Die radiologisch-diagnostischen Kriterien wurden 1986 an die<br />

ILO 1980 angelehnt [189].<br />

Die Pneumokoniosen werden in 4 Klassen eingeteilt:<br />

Die Beurteilung der Pleura erfolgte entsprechend der ILO 1980<br />

für diffuse <strong>und</strong> umschriebene Verdickungen.<br />

NIOSH <strong>und</strong> ILO streben eine übernationale Anwendung des<br />

Kodierungssystems an. Einerseits ist die Teilnahme an den B-<br />

Reader-Examen des ACR (gemeinsam mit NIOSH) in den USA für<br />

alle Nationen offen, andererseits werden von der ILO Qualifizierungskurse<br />

international durchgeführt. Dennoch ist es ausdrücklich<br />

erlaubt, nationale Variationen zu verwenden, sodass der direkte<br />

Vergleich der internationalen Literatur häufig ohne Kenntnis<br />

der nationalen Varianten nicht möglich ist.<br />

Auch Deutschland verwendet eine Modifikation, die insbesondere<br />

bei der Beurteilung der diffusen Pleuraverdickung, dem Saum<br />

zur lateralen Thoraxwand, Konsequenzen hat. Während in der<br />

Original-ILO-Fassung ein diffuser Pleurabef<strong>und</strong> ausschließlich<br />

mit verschwartetem costophrenischem Winkel zu kodieren ist,<br />

erlaubt die deutsche Modifikation die Kodierung auch ohne Befall<br />

des costophrenischen Winkels<br />

Dies gilt noch mehr für die CT/HRCT-Kodierung. Zwar ist durch<br />

die Publikationen der Fleischner Society die Benennung der bildmorphologischen<br />

Veränderungen bei Lungen- <strong>und</strong> Pleuraerkrankungen<br />

international vereinheitlicht <strong>und</strong> auch mit Bildbeispielen<br />

belegt, dennoch ist eine einheitliche Kodierung <strong>und</strong> Graduierung<br />

der Bef<strong>und</strong>e nach wie vor nicht vorhanden. In Deutschland <strong>und</strong><br />

Österreich wird das ICOERD als semiquantitatives, standardisiertes<br />

Verfahren eingesetzt.<br />

Weiterführende Literatur:<br />

[1,40,43 – 44,190 – 192]<br />

Radiologische Streuung<br />

(PR = Profusion)<br />

Lungenfunktion<br />

1 PR 0 (0/-, 0/0, 0/1) normal<br />

2 PR 1 (1/0, 1/1, 1/2)<br />

3–A PR 2 (2/1, 2/2, 2/3)<br />

3–B PR 3 (3/2, 3/3, 3/+)<br />

3 PR4(A,B)<br />

4 PR1– PR4+A,B<strong>und</strong><br />

PR4+C-Schwiele<br />

schwere LuFu-Störung<br />

Klasse<br />

ILO-Zuordnung<br />

0 „none“ 0/–, 0/0, 0/1, 1/0<br />

I „mild“ 1/1, 1/2, 2/2, 2/3<br />

II „moderate“ 3/2, 3/3, 3/+<br />

III „severe“ PMF, korrespondierend mit A, B, C<br />

Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.<br />

Baur X et al. <strong>Diagnostik</strong> <strong>und</strong> <strong>Begutachtung</strong> <strong>asbestbedingter</strong> <strong>Berufskrankheiten</strong> … Pneumologie 2011; 65: e1– e47

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