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Diagnostik und Begutachtung asbestbedingter Berufskrankheiten

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e18<br />

Leitlinie<br />

„positives“ BAL-Ergebnis kann dazu Anlass geben, eine „negative“<br />

Arbeitsanamnese nochmals kritisch zu hinterfragen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der geringen Sensivität der Methode ist ein negatives<br />

Resultat der BAL-Analytik kein Ausschlusskriterium für<br />

eine stattgehabte Asbestexposition oder für eine asbestbedingte<br />

Erkrankung [69, 70].<br />

5 Empfehlungen für die Erstellung eines<br />

Zusammenhangsgutachtens<br />

!<br />

Der Auftrag zur gutachterlichen Untersuchung ergeht durch den<br />

Unfallversicherungsträger nach Abschluss der Vorermittlungen<br />

unter der Voraussetzung, dass der Erkrankte eine versicherte Person<br />

ist, eine gefährdende Tätigkeit im Sinne der BK Nrn. 4103,<br />

4104, 4105 oder 4114 nachgewiesen worden ist <strong>und</strong> die radiologischen,<br />

erforderlichenfalls pathologisch-histologischen <strong>und</strong>/<br />

oder zytologischen Voraussetzungen zur Annahme einer derartigen<br />

Erkrankung vorliegen. Der Auftrag des Unfallversicherungsträgers<br />

zur <strong>Begutachtung</strong> muss klar formuliert werden.<br />

Die folgenden Empfehlungen beziehen sich in allgemeiner Form<br />

auf die Schlussfolgerungen aus den berufskrankheitenrechtlichen<br />

(siehe Kapitel 3 Vorbemerkungen) <strong>und</strong> medizinisch-wissenschaftlichen<br />

(siehe Kapitel 4) Gr<strong>und</strong>lagen für die <strong>Begutachtung</strong><br />

der BK Nrn. 4103, 4104, 4105, 4114. In einer gemeinsamen<br />

<strong>Begutachtung</strong>sempfehlung der DGUV, der an dieser Leitlinie mitwirkenden<br />

<strong>und</strong> weiteren Fachgesellschaften ist dieser Abschnitt<br />

der Leitlinie weiter veranschaulicht <strong>und</strong> durch praktische Anleitungen<br />

(z. B. Mustergutachtenauftrag) ergänzt worden (Falkensteiner<br />

Empfehlung [134]).<br />

Der medizinische Sachverständige muss die Qualitätsstandards<br />

der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften berücksichtigen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der ungünstigen Prognose ist im Falle eines Mesothelioms<br />

bei nachgewiesener Asbestexposition eine sehr zeitnahe<br />

<strong>Begutachtung</strong> anzustreben mit dem Ziel, eine präzise Arbeitsanamnese<br />

zu erheben. Gegebenenfalls wären bei einem schlechten<br />

Ges<strong>und</strong>heitszustand des Betroffenen alternativ die telefonische<br />

Anamneseerhebung oder ein Hausbesuch zu erwägen,<br />

wenn sich nach Aktenlage zunächst keine Asbestexposition ergibt.<br />

5.1 Vorermittlungen<br />

Dem ärztlichen Sachverständigen sind alle für die <strong>Begutachtung</strong><br />

notwendigen Vorinformationen zur Verfügung zu stellen. Dazu<br />

gehören insbesondere Unterlagen zur Krankheitsvorgeschichte<br />

<strong>und</strong> zu Erkrankungen, die in einer Beziehung zu der zu begutachtenden<br />

Krankheit stehen können, die Bef<strong>und</strong>e der arbeitsmedizinischen<br />

Vorsorgeuntersuchungen sowie vollständige problemorientierte<br />

Ermittlungen zur Arbeitsvorgeschichte mit Angaben<br />

zur Dauer <strong>und</strong> Intensität relevanter Einwirkungen (vgl. „BK-Report<br />

Faserjahre“ [7] <strong>und</strong> der stattgef<strong>und</strong>enen Sek<strong>und</strong>ärprävention.<br />

Für die Zusammenhangsbeurteilung ist daher neben den<br />

medizinischen Bef<strong>und</strong>en v.a. zu klären, ob <strong>und</strong> in welchem Umfang<br />

der zu Begutachtende gegenüber Asbestfaserstäuben <strong>und</strong><br />

auch gegenüber PAK exponiert war, hierbei sind auch Bystander-Expositionen<br />

zu berücksichtigen. [135, 136]. Die Unfallversicherungsträger<br />

sind verpflichtet, diese Ermittlungen der Fragestellung<br />

angemessen umfassend vorzunehmen <strong>und</strong> vor dem Gutachtenauftrag<br />

abzuschließen [136]. Bei gegebenem Anlass sind<br />

spezielle Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen (z. B. Clusteranalyse<br />

bei lokal gehäuft auftretenden Erkrankungen).<br />

Erforderlich ist auch immer eine Nachfrage bei den Betriebsärzten<br />

der Beschäftigungsbetriebe nach entsprechenden medizinischen<br />

Bef<strong>und</strong>en, denn für Personen, die im Rahmen ihrer versicherten<br />

Arbeit gegenüber Asbestfaserstaub exponiert waren, gelten<br />

die Regelungen über arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen<br />

nach G 1.2. In Bezug auf die BK Nr. 4114 sind auch die<br />

Anamnese <strong>und</strong> die Bef<strong>und</strong>e der Vorsorgeuntersuchungen nach G<br />

40 einzusehen. Für die Bef<strong>und</strong>e aus diesen Untersuchungen gelten<br />

gesonderte längere Aufbewahrungsfristen.<br />

Wenn keine Messergebnisse zur Belastung mit Asbestfaserstaub<br />

(bei BK Nr. 4114 zusätzlich mit PAK) vorliegen, die auf die individuelle<br />

Belastung schließen lassen, sind die Arbeitsplätze differenziert<br />

hinsichtlich der Dauer <strong>und</strong> Intensität der Belastung, der<br />

lüftungstechnischen Gegebenheiten <strong>und</strong> weiterer Faktoren zu<br />

beschreiben, die für die Abschätzung der Belastung bedeutsam<br />

sind. So sind Angaben bedeutsam, ob trocken oder nass bearbeitet<br />

wurde, welche Temperaturen entstanden <strong>und</strong> welche Messgeräte<br />

tatsächlich eingesetzt wurden. Sehr hilfreich können<br />

auch branchen- <strong>und</strong> tätigkeitsspezifische Daten zur Belastung<br />

sein, die dem ärztlichen Sachverständigen zur Verfügung zu stellen<br />

sind.<br />

Ein qualifizierter Bericht des Präventionsdienstes, der diese Ermittlungen<br />

zur qualitativen <strong>und</strong> quantitativen Exposition zusammenfasst,<br />

muss dem <strong>Begutachtung</strong>sauftrag beiliegen.<br />

Die medizinische <strong>Begutachtung</strong> kann nicht begonnen werden,<br />

bevor eine entsprechende Belastung mit Asbestfaserstäuben (bei<br />

BK Nr. 4114 zusätzlich mit PAK) mit an Sicherheit grenzender<br />

Wahrscheinlichkeit festgestellt worden ist. Wegen der eingreifenden<br />

Methoden der erforderlichen medizinischen <strong>Diagnostik</strong><br />

sind die Ermittlungen zu den Belastungen am Arbeitsplatz immer<br />

vor der medizinischen <strong>Begutachtung</strong> abzuschließen.<br />

Neben den vorgenannten Ermittlungen sind die für die Beurteilung<br />

erforderlichen medizinischen Bef<strong>und</strong>e wie bildgebende Verfahren<br />

des Thorax, der Vorsorgeuntersuchungen nach G 1.2 dem<br />

ärztlichen Sachverständigen zur Verfügung zu stellen. Entsprechendes<br />

ist für andere Arztberichte <strong>und</strong> Untersuchungsbef<strong>und</strong>e<br />

zu fordern, soweit sie sich auf das Atmungsorgan sowie Herz<br />

<strong>und</strong> Kreislauf beziehen <strong>und</strong>/oder sonst für die Fragestellung relevant<br />

sind.<br />

Die Unfallversicherungsträger sind befugt, die zur Leistungsfeststellung<br />

erforderlichen Angaben unter Beachtung der datenschutzrechtlichen<br />

Voraussetzungen zu erheben. Die Angaben<br />

sind gr<strong>und</strong>sätzlich bei den Versicherten selbst zu erheben. Ergänzend<br />

ist es im Einzelfall zulässig, beispielsweise Auskünfte bei<br />

behandelnden Ärzten, Krankenkassen, Versorgungsämtern oder<br />

der Rentenversicherung einzuholen. Die Versicherten sind hierüber<br />

zu Beginn des Verfahrens in allgemeiner Form zu informieren.<br />

Sie können der Datenübermittlung widersprechen.<br />

5.2 <strong>Diagnostik</strong><br />

Eine hohe Qualität des medizinischen Gutachtens setzt qualifizierte<br />

arbeitsmedizinische, internistische oder pneumologische<br />

Feststellungen voraus. Die individuellen Besonderheiten einer<br />

Asbestfaserstaub-Einwirkung können in der Regel nur durch<br />

eine gründliche, sachverständige <strong>und</strong> lückenlose Arbeitsplatz<strong>und</strong><br />

Berufsanamnese in Erfahrung gebracht werden. Hierbei ist<br />

die jahrzehntelange Latenzzeit seit Beginn der Asbestfaserstaub-<br />

Einwirkung zu berücksichtigen. Das Risiko besteht auch nach<br />

Ende der Asbestfaserstaub-Einwirkung fort.<br />

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Baur X et al. <strong>Diagnostik</strong> <strong>und</strong> <strong>Begutachtung</strong> <strong>asbestbedingter</strong> <strong>Berufskrankheiten</strong> … Pneumologie 2011; 65: e1– e47

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