1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
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ein Innen und ein Außen: Nach innen gibt es ein eigenes Gruppenleben, das von uns<br />
allen, die „zu uns“ gehören, gebildet wird. Dieses „wir“ des Innen hat eine bestimmte<br />
Struktur, es gibt Gesetze und Normen, denen jeder gehorchen muss, um das Zusammenleben<br />
möglich zu machen. Es gibt Regelungen für den Handel, den Verkehr,<br />
für Arbeit, Ehe, Familie, Erziehung, Krankheit usw. Es gibt also eine Friedensordnung<br />
für diese Gruppe.<br />
Nach außen richtet sich dieses Gruppenleben auch. In Friedenszeiten z.B. durch den<br />
Handel mit anderen Gruppen. Diese Gruppe kann auch die Natur bearbeiten. Aber<br />
der oder das andere kann auch ein Feind sein. Es können z.B. Katastrophen entstehen,<br />
Überschwemmungen, Erdbeben und dergleichen oder wenn Nachbarvölker unaufgefordert<br />
ins eigene Gebiet einfallen. In solchen Fällen organisieren wir uns anders<br />
als in Friedenszeiten. Wir bilden ein solides Heer aus allen „wehrhaften“ Männern<br />
(neuerdings dürfen auch Frauen dabei sein). In diesem Heer herrscht strenge<br />
Disziplin, um schnell und effizient die bedrohte Friedensordnung zu verteidigen. Bis<br />
auf das Erdbeben haben wir schon alles auch im Herzogtum Lauenburg im Laufe der<br />
Geschichte erlebt.<br />
Wir leben zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dies bedeutet ein Gestern und ein Morgen.<br />
Nach gestern hin haben wir es zu tun mit dem Erbe derer, die vor uns gelebt<br />
und uns zur Welt gebracht haben. Hier haben wir es zu tun mit den Traditionen, Festen<br />
und Gebräuchen unseres Zusammenlebens. Mit dieser Überlieferung von Vater<br />
auf Sohn, von Mutter auf Tochter, werden wir fertig werden müssen, sei es, dass wir<br />
sie genauso fortsetzen, sei es, dass wir mit den Traditionen brechen.<br />
Auch nach morgen werden wir unsere Blicke richten müssen. Neue Erfindungen und<br />
Entdeckungen zwingen uns zu Änderungen im Arbeits- und Lebensprozess. Auch<br />
unsere Verantwortung gegenüber unseren Kindern zwingt uns, Rechenschaft abzulegen<br />
von unseren Handlungen und angemessen zu antworten auf die Herausforderungen<br />
der Zeit.<br />
Diese vier Aspekte, das Innen, das Außen, die Ausrichtung nach gestern und morgen<br />
sind grundsätzlich für jede Gruppe und jeden Menschen. Der Mensch wird durch<br />
sie hin- und hergerissen. Er ist nicht der ruhende Mittelpunkt auf dem Schnittpunkt<br />
der Achsen. Nacheinander müssen alle vier Aspekte an die Reihe kommen.<br />
Zu jedem der vier Aspekte haben wir eine gewisse Wesensverwandtschaft. Aber diese<br />
Verwandtschaft ist nicht bei jedem von uns gleich. Im wirklichen Leben sind wir<br />
geschieden in Männer und Frauen, Alte und Junge. Oder in Väter und Mütter, Söhne<br />
und Töchter. Durch diese Einteilung hat die Wesensverwandtschaft jeweils eine bestimmte<br />
Form angenommen. Man kann auch sagen, dass man jeweils eines der vier<br />
Grundworte des Lebens am einfachsten ausspricht. Als Mutter sagt sie „Danke“ zum<br />
Vergangenen, als Tochter sagt sie „Bitte“ zum Morgen. Der räumliche Aspekt ist eher<br />
dem Mann anvertraut: Als Vater sagt er „Nein“ gegenüber den Gefahren der Außenwelt,<br />
als Sohn sagt er „Ja“ zu neuen Abenteuern, Begegnungen und Freundschaft.<br />
Die Einsicht in diese Vierfältigkeit, die für jede lebende Gruppe konkret nachweisbar<br />
ist, kann uns viele Schwierigkeiten ersparen. Wenn eine Gruppe lebendig bleiben<br />
will, dann müssen diese vier Aspekte (auch im kommunalpolitischen Bereich) ihre<br />
Vertreter haben, die nacheinander an die Reihe kommen. Die alte Volksweisheit,<br />
dass man das „Geben und Nehmen“ kennen muss, beruht auf dieser Grundbedingung<br />
des Menschseins. Das Kreuz – nicht nur Zeichen der Lebenshingabe Jesu, das<br />
auch und zuallererst, sondern auch Zeichen der Wirklichkeit, in die wir alle lebend,<br />
liebend, leidend und dienend eingespannt sind. Sie werden es noch entdecken –<br />
dieses kleine, unscheinbare Zeichen über der Krone im Wappen unseres Kreises<br />
Herzogtum Lauenburg.<br />
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