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1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...

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Unsere Kirchen, auch diese Maria-Magdalenen-Kirche, mit ihren Hinweisen und Vorabbildungen<br />

des himmlischen Friedens am Ende der Zeiten, sind doch nur Menschenwerk,<br />

immer wieder liebevoll und aufwändig restauriert, aber eben doch vergänglich,<br />

damit wir zu unterscheiden wissen zwischen dem, was irdisch, und dem,<br />

was himmlisch ist.<br />

In der jüdischen Tradition gibt es deshalb die Übung, eine Stelle im Haus oder Zimmer<br />

unverputzt zu lassen, um an das Pilgersein im Leben und sie stete Wanderung<br />

zu erinnern, die uns auferlegt ist. Wir wohnen eigentlich in Zelten auf Abbruch und<br />

nicht in festen Häusern für die Ewigkeit.<br />

Weil aber die Kirche ein Hinweis ist auf das himmlische Jerusalem, geben wir uns so<br />

viel Mühe, sie immer wieder von neuem herzurichten und in herrlichem Glanz erstrahlen<br />

zu lassen.<br />

Bürgerkirche und Herzogskirche in einem ist die Maria-Magdalenen-Kirche – und sie<br />

hat sich bis heute diese Mischung aus Bescheidenheit und Stolz bewahrt. Nirgendwo<br />

spürt man die Versuchung, es den großmächtigen Lüneburgern oder Lübeckern<br />

nachzutun – man war als Schifferstadt auf sein eigenes unverwechselbares Kolorit<br />

bedacht! Drei mächtige Eingriffe in die Bausubstanz charakterisieren den heutigen<br />

Eindruck der Kirche:<br />

Die Spuren des kunstbesessenen askanischen Herzogs Franz II., der zu Beginn des<br />

17. Jahrhunderts der Kirche den Stempel einer Herzogskirche aufdrückte, werden<br />

sichtbar in der standesgemäßen Fürstengruft und fürstlichen Selbstdarstellungen aus<br />

Sandstein und Alabaster, die jetzt im Hohen Chor ihren Platz gefunden haben und<br />

wie Mitbetende in der gottesdienstlichen Gemeinde wirken.<br />

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sorgte dann der pietistisch-schwärmerisch veranlagte<br />

Pastor Uthoff in einem Wahn von Bilderstürmerei für Aufregung – ging es ihm doch<br />

darum, die Kirche von allem ihm unmöglich erscheinenden „Unrat“, unter dem sich<br />

manch künstlerisch wertvolles Stück befunden haben mag, zu befreien. Dies blieb<br />

nicht ohne Widerspruch in der Bevölkerung. So konnten die kostbarsten Kunstgegenstände<br />

der Nachwelt bewahrt werden: das hochgotische Triumphkreuz, das<br />

mächtige kesselartige bronzene Taufbecken und die wertvollen geschnitzten Evangelistengestalten<br />

an der Kanzel; die für Norddeutschland ziemlich einmalige Madonnenfigur,<br />

deren Rückseite das seltene Motiv der Anna Selbdritt zeigt; weiterhin<br />

das großartige „Vergänglichkeitsbild“, das den Katalog „Nordelbiens Schätze“ zum<br />

Jahrtausendjubiläum zierte; ein Tischlerleuchter, gestiftet von der Tischlerzunft, sowie<br />

einige Epitaphien.<br />

Wir Heutigen sind eigentlich ganz froh darüber, dass sich das Kircheninnere – nun in<br />

helles Weiß mit ockerfarbenen Tönen getaucht – vergleichsweise bescheiden zeigt<br />

und damit der Versuchung wehrt, in einer Kirche ein kunsthistorisches Museum zu<br />

suchen und dabei zu vergessen, dass ein Kirchengebäude immer Stätte der Anbetung,<br />

der gegenwartsbezogenen Predigt und des Lobpreises ist.<br />

Der dritte Einschnitt berührt dann die jüngere und jüngste Kirchengeschichte. Auch<br />

Lauenburg geriet Anfang des vorigen Jahrhunderts in den Sog wilhelminischer<br />

„Turmbauerei“, in deren Gefolge der bescheidene, das Kirchendach nicht überragende<br />

Holzglockenturm einem hochaufragenden Ziegelturm mit Spitzhelm weichen<br />

musste. Als Lauenburg auf tragische Weise gegen Ende des Krieges 1945 noch in<br />

die Wirren der letzten Kämpfe hineingeriet – die Elbbrücke war gesprengt und die<br />

Engländer beschossen vom südlichen Ufer aus die Stadt –, fiel diesem Beschuss<br />

auch der Helm des Turmes zum Opfer. Damals stellte man die Dachziegel den vom<br />

Beschuss betroffenen Lauenburgern zur Ausbesserung ihrer Häuser zur Verfügung<br />

und plattete den Turm ab. Dabei blieb es bis zum Jahr 1992, als nach langem Sammeln<br />

und Streiten um eine gute Sache der spitze Helm wieder aufgesetzt werden<br />

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