1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
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Und noch eine andere Beziehung kommt mit der Lehre Jesu in den Blick: die Beziehung<br />
zum Leben. Sterben und Tod überschattet das Leben nicht mehr als unergründliches<br />
und von Gott trennendes Geschick. Sondern der Mensch lebt vor Gott in<br />
der Gewissheit, dass die zerstörerische Macht des Todes von Gott selbst überwunden<br />
worden ist und das Leben das große Ziel ist.<br />
Jägerinnen und Jäger besinnen sich in der Hubertustradition also darauf, dass ihr<br />
Handwerk vor Gottes Willen, dem Leben, auf dem Prüfstand steht. Der Schuss, der<br />
dem Leben eines Mitgeschöpfes unwiderruflich ein Ende setzt, wird ethisch beleuchtet.<br />
Es stellt sich die Frage, ob sich in diesem Schuss Beziehung zu Gottes Willen<br />
ausdrückt oder nicht.<br />
Tatsächlich stehen Jägerinnen und Jäger als Christinnen und Christen immer vor der<br />
Frage, ob sich das Töten vereinbaren lässt mit der schöpferischen Grundhaltung, mit<br />
der wir auf dieser Erde in Gottes Auftrag walten und schalten sollen. Im Tod eines<br />
Mitgeschöpfes allein wird die Jagd niemals zu ihrem sinnvollen Ziel kommen. Der<br />
Tod eines Mitgeschöpfes wird sinnvoll nur, wenn er dem Leben dient. Nur eine Jagd,<br />
die für sich in Anspruch nehmen kann, mitgeschöpfliches, verantwortliches Lebenshandeln<br />
zu sein, ist dem Christen und der Christin akzeptabel.<br />
Das Waidwerk als zuweilen tödlicher Eingriff in die Natur wird von wahren Hubertusjüngern<br />
immer als schmerzliches, aber doch notwendiges Zurückbleiben hinter der<br />
von Gott verheißenen Einheit von Mensch und Tier verstanden werden. Der vom<br />
Menschen herbeigeführte Tod eines Mitgeschöpfes muss verantwortlicher Umgang<br />
mit der Schöpfung im Sinne des gottgewollten Lebens sein.<br />
Das 5. Gebot: Du sollst nicht töten! wendet sich nicht gegen solche Verantwortung.<br />
Das 5. Gebot meint den Mord, meint gemeinschaftswidriges und beziehungsloses<br />
Töten. Wir haben als Hubertusfreunde Auskunft darüber zu geben, welchen Wert die<br />
Jagd für die Gemeinschaft hat, welche Beziehung zum Leben dem Waidwerk zugrunde<br />
liegt und was die Jagd vom Mord unterscheidet. Wir wären dann bei dem,<br />
was wir – durchaus paradox – Hege mit der Büchse zu nennen pflegen.<br />
Liebe Gemeinde! Ich meine, die Jagd ist heute notwendig. Sie ist Teil der Bewahrung<br />
der Schöpfung. Ein verantwortungsvoller Auftrag an den Menschen, jene Gleichgewichte<br />
zu suchen, die durch sein Eingreifen verlorengegangen sind.<br />
Aber die Jagd wird vor dem Hintergrund der göttlichen Verheißung des Friedens der<br />
Schöpfung immer etwas Vorletztes bleiben. Sie wird niemals Selbstzweck oder in<br />
einem platten Sinne „lustige“ Jagd sein können. Sie ist in einer Mitwelt, die durch den<br />
oft rücksichtslosen Primat des Menschen weitestgehend in Umwelt umgewandelt<br />
wurde, Handwerk einer verantwortlichen Ebenbildlichkeit.<br />
Christlich jagt man nicht als Räuber, der sich bedenken- und beziehungslos aneignet,<br />
was ihm an Mitschöpfung zufällig vor die Büchse oder Flinte kommt. Beziehungslose,<br />
leichtfertige Ausbeutung der Schöpfung wäre im Lichte des liebenden<br />
Schöpfers nichts anderes als eben jene Beziehungslosigkeit, aus der Hubertus von<br />
Gott zurückgerufen und von der er geheilt wird.<br />
Die Frage nach der Beziehung zur Mitschöpfung stellt sich freilich heute dringend für<br />
sämtliches Tun und Unterlassen des Menschen. Jägerinnen und Jäger dürfen in den<br />
Hubertusgottesdiensten für sich in Anspruch nehmen, beispielhaft zu denken und zu<br />
handeln. Sie brauchen sich nicht zu verstecken. Aber sie sollten sehr darauf achten,<br />
dass sie das Gefühl für die Verantwortung, das ihr Tun begleiten muss, ebenso pflegen<br />
wie ihre Waffen und Hunde.<br />
Sie pflegen damit nämlich ihre Beziehung zum Grund allen Seins. Sie fragen, wie<br />
und wo, in welcher Gestalt und Form beziehungsvolles Leben möglich und wichtig<br />
ist.<br />
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