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1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...

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von Menschen kennen gelernt haben. Menschen haben gelitten, sind weggeführt<br />

worden in Gefangenschaft, mussten fern von ihrer Stadt leben und aushalten im Exil.<br />

Aber es gibt auch die Erfahrung der Heimkehr, des Wiederaufbaus, der Heilung so<br />

tief geschlagener Wunden. Der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden nach den<br />

verheerenden Zerstörungen der Bombennacht im Februar 1945 ist ein Zeichen und<br />

Symbol solcher Wiederherstellung des Friedens und der Wohlfahrt in einer Stadt.<br />

Ratzeburg hat nie so leiden müssen wie diese Städte. Und doch ist die Stadt auch<br />

belagert und beschossen worden im Laufe ihrer Geschichte, hat Brände und Katastrophen<br />

erlebt, die Menschen das Leben kosteten, auch Flüchtlingselend und<br />

drangvolle Enge. Nach Zeiten des Schreckens, der Besinnung und Umkehr haben<br />

die Menschen aber auch hier immer wieder angefangen, aufzubauen, neu zu bauen,<br />

zu gestalten und zu vollenden, was ihnen als Gemeinwesen anvertraut ist. „Suchet<br />

der Stadt Bestes“, so heißt es beim Propheten Jeremia. Und das ist die christliche<br />

Grundeinstellung gegenüber jedem urbanen Leben: Wir wollen mit den anderen zusammen<br />

Häuser bauen und darin wohnen; Gärten pflanzen und ihre Früchte essen;<br />

Familien gründen und Söhne und Töchter in die Welt setzen, damit das Leben weiter<br />

gehen kann auch in dieser Stadt.<br />

Wir wollen das Beste suchen für diese Stadt, und das heißt auch, dass wir für sie<br />

beten. Es bedeutet viel, dass in den Kirchen und Gemeinden dieser Stadt für das<br />

Leben in dieser Stadt gebetet wird. Und eines dieser Gebete ist das Läuten der Glocke<br />

von St. Petri um neun Uhr abends, damit alle, die sich verirrt haben, innerlich<br />

oder äußerlich, wieder heimkehren können in die schützenden Mauern dieser Stadt.<br />

Stadt, deine Stadt – das bedeutet: du hast ein Zuhause, du darfst kommen und dich<br />

bergen und dich wohlfühlen. Du findest Gemeinschaft und Hilfe, wenn du in Not bist.<br />

Der älteste Verein dieser Stadt, die Schützengilde zur äußeren und inneren Verteidigung<br />

dieser Stadt, ist älter sogar noch als die erste evangelisch-lutherische Kirchenordnung<br />

mit ihrer großen Freiheit und Ermutigung zur bürgerschaftlichen und christlichen<br />

Mitgestaltung der sozialen und kulturellen Verhältnisse in Stadt und Land.<br />

Wenn es der Stadt wohl geht, so wissen die Christen an allen Orten, an denen sie<br />

leben, dann geht es auch ihnen wohl und den Menschen, die mit ihnen verbunden<br />

oder die ihnen anvertraut sind.<br />

Gott hat Gedanken des Friedens über uns, so hören wir aus dem Mund des Propheten,<br />

Gedanken des Friedens und nicht des Leides, um uns Hoffnung und Perspektive<br />

zu geben. Die Ebenen, auf der sich Gottes Zukunfts- und Friedensgedanken für uns<br />

verwirklichen, sind die Stadt mit ihrem bürgerlichen Leben und das Gebet der christlichen<br />

Gemeinde darin. Gott will alles Leid, alle Gefangenschaft, alle Verbannung und<br />

Wegführung überwinden und uns heimfinden lassen an einen Ort, wo auch seine<br />

Ehre wohnt. Gott will sich finden lassen gerade auch in der Stadt, die seinem Namen<br />

Raum und damit ihm die Ehre gibt.<br />

Aus dem Evangelium für den heutigen 10. Sonntag nach Trinitatis haben wir gehört,<br />

was mit einer Stadt geschieht, die nicht mehr versteht, was dem Frieden dient. Jesus<br />

weint über sie, über Jerusalem, so wie er heute wieder weinen würde über Jerusalem<br />

und manch andere Stadt in dieser Welt, in der nicht mehr der Friede herrscht, der<br />

sich vom Glauben an und Vertrauen auf Gott herleitet. Jesus sieht das Schicksal dieser<br />

friedensvergessenen Stadt vor sich und weiß, welche Heimsuchungen auf sie<br />

warten: Krieg und Zerstörung, Feinde und Wälle, verbrannte Erde, getötete Menschen,<br />

kein Stein auf dem anderen mehr. Aber er spürt auch, was solche Bedrohung<br />

bedeutet: nicht das Ende, sondern Heimsuchung. Die Menschen sollen durch all das<br />

Leid, die vielen Schmerzen und Tränen wieder umkehren zu einem Leben in Frieden<br />

und gegenseitig gewährter Wohlfahrt. Einander Frieden und Gerechtigkeit gönnen –<br />

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