1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
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In Jerusalem, der heiligen Stadt, mit den Resten des Tempels, dem Abendmahlssaal<br />
und der Grabeskirche mit Kreuzigungsstätte, Grablegung und Ort der Auferstehung<br />
und Himmelfahrt Jesu wird das alles sichtbar, erlebbar, nachfühlbar und einfühlbar<br />
für das religiöse Verständnis der Menschen.<br />
Aber was ist geschehen mit dieser klaren und deutlichen Ablösung aller religiösen<br />
Opfer durch den einmaligen Kreuzestod Jesu? Wir halten es im menschlichen Umgang<br />
miteinander nicht aus. Politischen und rassistischen Wahnideen werden Menschenleben<br />
geopfert. Millionen von Menschen waren es in der Zeit des Nationalsozialismus,<br />
heute sind es wieder Hunderte und Tausende in Zimbabwe, in Tschetschenien,<br />
im Kosovo und anderswo. Wir opfern Menschen und Tiere auch dem technologischen<br />
Fortschritt, dem wirtschaftlichen Überleben oder einfach unserem Ehrgeiz,<br />
unserer Überlegenheit, auch unserer Dummheit und Gedankenlosigkeit.<br />
Das „Ein für allemal“ hat sich nicht durchhalten lassen – dieses: „Es ist genug“. Es ist<br />
doch wieder geschehen und wir suchen danach, Frieden zu finden und uns zu versöhnen<br />
mit Gott.<br />
Das Abendmahl, das an den einmaligen Kreuzestod Jesu erinnert und seine Wohltat<br />
uns zugute vergegenwärtigt, ist so ein Ort ständiger Versöhnung mit Gott. Wir werden<br />
gemahnt, einander nicht mehr so viele Opfer aufzuerlegen, sondern Frieden zu<br />
machen, Frieden zu geben, Frieden zu empfangen.<br />
Wir erinnern uns: In der Geschichte der Christenheit gab es auch darum einmal<br />
Streit. Luther warf der katholischen Messfeier die Verdunkelung der einmaligen Lebenshingabe<br />
Jesu durch eigenes religiöses Aufopfern vor. Und die Reformation führte<br />
zu schmerzlichen Trennungen und Scheidungen. Aber heute verstehen wir einander<br />
wieder besser. Beide, evangelische und katholische Christen, betonen die Einmaligkeit<br />
des Kreuzestodes Jesu und sein völliges Genügen für das Heilsgeschehen.<br />
Im ständigen Wiederholen des Abendmahles wiederholen wir nicht das Ereignis von<br />
Golgatha, sondern wir erinnern uns und vergegenwärtigen es. Es genügt völlig, was<br />
Christus für uns getan hat; wir müssen dem nichts mehr hinzufügen. Aber wir dürfen<br />
immer wieder kommen, um davon zu zehren und zu genießen für unser Heil.<br />
Deshalb hat Jerusalem für uns eine so eigenartige Bedeutung bekommen: Es ist<br />
wichtig wegen des „Ein für allemal“: Hier war es, hier ist es geschehen, hier ist Wirklichkeit<br />
geworden, was uns alle rettet. Aber es geschieht nicht gebunden an äußere<br />
Dinge und etwa nur im Heiligen Land. Es geschieht überall da, wo Gottes Wort verkündigt<br />
und die Sakramente ausgeteilt werden. Christus ist gegenwärtig in einer zutiefst<br />
innerlichen Weise bei einem jeden und einer jeden von uns. Einmalig und ein<br />
für alle mal. Wir dürfen uns erinnern und zurückkehren und Kraft schöpfen daraus.<br />
Bei dieser Betonung des Einmaligen und Einzigartigen bringt der Apostel im Hebräerbrief<br />
noch eine andere Heilstatsache in Erinnerung: Es bleibt nicht bei diesem<br />
„Einmal und ein für allemal“. Für die Errettung aus Sünde und Tod schon. Aber Christus<br />
kommt noch einmal wieder – zum Heil für die, die auf ihn warten. Auch davon<br />
zeugt das irdische Jerusalem: Das Kidron-Tal im Osten ist voller Steingräber. Hier<br />
wird der Messias erwartet, der Einzug hält durch das Goldene Tor am Tage des Gerichts.<br />
Für Juden ist das ein einmaliges Ereignis, das ein für allemal gilt. Für uns<br />
Christen wird es auch so sein, aber wir kennen schon den Namen dessen, der<br />
kommt: Es ist derselbe Jesus von Nazareth, der den Kreuzestod in Jerusalem gestorben<br />
ist, den wir erwarten als den Heiland und Retter der Welt am Ende der Tage.<br />
Er wird wiederkommen als der erhöhte Christus mit den Wolken des Gerichts – nicht<br />
einfach als Mensch, wie in seinen irdischen Tagen, sondern wie eine ganze Sphäre<br />
voller Licht, Liebe und Barmherzigkeit, auch Strenge der Wahrheit und des Gerichts,<br />
der wirklich tiefen und vollen Gerechtigkeit, aber doch wiedererkennbar als ein<br />
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