1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
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20.05.2007: Exaudi (Text: Himmelfahrt) (katholische Kirche St. Answer)<br />
Johannes 17,20-26<br />
Der Text der Evangeliumslesung für heute ist ein einziges Gebet: Jesus hat den<br />
Himmel vor Augen und betet für die Welt, für die Menschen, die zu ihm gehören und<br />
für die, die noch dazukommen werden. Er nimmt Abschied von der Welt und kehrt<br />
zurück in den Himmel. Zum Abschied betet er, hält Zwiesprache mit Gott. Wie ein<br />
Rechenschaftsbericht klingt das, er hat getan, was zu tun war, jetzt legt er es zurück<br />
in Gottes Hände.<br />
Einzelne Worte bleiben haften, vor allem: „eins sein“, „du in mir und ich in dir und sie<br />
in uns.“ Das beschreibt Beziehungen, Verbindungen. Himmelfahrt – und von diesem<br />
Christusfest kommen wir ja her und gehen auf Pfingsten zu – heißt eben nicht: „Auf<br />
und davon“, „aus den Augen, aus dem Sinn“. Sondern Himmelfahrt schafft Beziehung,<br />
hält die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Und doch: auf den ersten<br />
Blick scheinen mir dieser Jesus, dieses Gebet sehr weit weg zu sein, fast schon abgehoben<br />
in einen fernen Himmel. Und darum höre ich in diesen Worten auch die<br />
Warnung, nicht zu harmonisieren, nicht zu schnell zusammenzubringen, was eben<br />
(noch) nicht zusammengeht.<br />
Immer noch kennt die Welt Gott nicht, immer noch glaubt sie nicht und greift noch<br />
nicht nach seiner Liebe. Immer noch sind wir nicht eins – nicht mit uns, nicht miteinander,<br />
nicht mit Gott. Wir haben eben nicht den Himmel auf Erden. Buchstabieren<br />
wir ihn also nach, diesen seltsam abgehobenen Text und schauen nach oben, die<br />
Augen himmelwärts:<br />
„Du hast mich gesandt, du hast mir die Herrlichkeit gegeben, du hast mich geliebt.<br />
Ich habe deinen Namen kundgetan, ich habe deine Herrlichkeit weitergegeben, ich<br />
kenne dich. Wir sind eins.“ So sagt der Sohn zum Vater.<br />
Lesen wir das mit menschlich-irdischen Augen, so sehen wir eine innige Beziehung,<br />
geprägt von Geben und Nehmen und Weitergeben; wir sehen eine lebendige Beziehung,<br />
die nicht in sich selbst ruht, sondern neue Beziehungen schaffen will.<br />
Lesen wir das in theologisch-himmlischer Weise, so hören wir, dass Gottes ganze<br />
Herrlichkeit, seine ganze Fülle in seinem Sohn offenbar geworden ist, dass seine<br />
himmelweite Liebe für ihn auch uns umfasst. Dass die Welt das erkenne, das glaube<br />
– darum schickte Gott seinen Sohn in die Welt. Und der legt hier Rechenschaft ab<br />
und schaut zurück: Er hat getan, was er zu tun hatte. Er hat gepredigt vom Himmelreich<br />
und von der Nähe Gottes, hat Gottes Namen neu beschrieben; hat Menschen<br />
geheilt, die zerrissen waren, und eine Zukunft eröffnet, in der Gott allein die Macht<br />
und die Liebe hat, zu richten und aufzurichten.<br />
Der Sohn kehrt zurück zum Vater, der ihn in die Welt gesandt hat – zurück in das<br />
Einssein, den Ursprung seiner Sendung – was bleibt? Wieder bleiben mir Worte haften<br />
aus dem langen Gebet Jesu: Glauben, Beten, Erkennen, Lieben, Herrlichkeit,<br />
Einssein. Darum bittet Jesus seinen himmlischen Vater am Ende seines Weges auf<br />
der Erde. Und das bleibt. Der betende Jesus bleibt, der weitergegeben hat, was er<br />
empfangen hat und damit den Grund gelegt hat für Erkennen und Glauben. Und so<br />
sollen es diejenigen weitergeben, die ihm gegeben sind vom Vater, jetzt und in alle<br />
Zukunft. Alle die, die seinen Spuren folgen, die in ihm Gott auf die Spur gekommen<br />
sind. Sie werden es weitertragen, weil sie sich in diese lebendige Beziehung von<br />
Sohn und Vater hineinnehmen lassen, weil sie eins sind mit ihnen und Glauben und<br />
Liebe und Erkennen empfangen.<br />
Dass Jesus darum bittet, dass er das vor Gott bringt und nicht uns Menschen als<br />
Aufgabe stellt, das erleichtert und ermutigt mich. Er fordert nicht, er betet. Und stellt<br />
damit alles, was die Gemeinde damals und alles, was die Gemeinde heute und in<br />
Zukunft predigt und verkündigt mit Worten und mit Taten, in Gottes Horizont. Durch<br />
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