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1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...

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Nehmt euch die Zeit – nur so lernt ihr zu respektieren, dass ihr eingriffen habt in das<br />

Leben der Geschöpfe.“<br />

„Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk“, schreibt der Psalmist.<br />

„Alles hast du unter seine Füße getan: Schafe und Rinder allzumal, dazu auch die<br />

wilden Tiere.“<br />

Es ist ein Herrschaftsakt, darüber zu entscheiden, was lebt und was nicht mehr leben<br />

soll. Es ist ein Herrschaftsakt, der der Herrschaft Gottes ähnelt, denn Gott gibt das<br />

Leben und nimmt es wieder.<br />

Genau das drückt sich für mich in diesem Hinweis der Jagdausbilder aus: Wartet,<br />

bevor ihr zu dem erlegten Stück Wild geht. Natürlich spricht auch einiges an<br />

waidmännischen und jagdtechnischen Überlegungen für diese Verweilzeit auf dem<br />

Hochstand. Zugleich aber wird dieses Warten dem elementaren Herrschaftsakt gerecht.<br />

Es zeigt an: Hier nimmt sich der Mensch etwas heraus, was ihm nicht automatisch<br />

zusteht. Hier handelt der Mensch in einem Grenzbereich. Die Macht über Leben<br />

und Tod ist nur ein ihm anvertrautes Mandat, eine ihm übertragene Aufgabe.<br />

Jäger nehmen – stellvertretend für uns – dieses Mandat wahr. Jäger haben Verantwortung,<br />

da sie über Leben und Tod von Geschöpfen entscheiden. Aber wer Verantwortung<br />

trägt, kann und muss sich auch verantworten. Er kann Rechenschaft darüber<br />

ablegen, mit welchem Recht sich ein Mensch dieses Herrschaftsrecht herausnimmt:<br />

Leben zu nehmen. Auch Soldaten müssen sich das immer wieder fragen,<br />

wenn sie in tödliche Auseinandersetzungen geschickt werden.<br />

Wir haben ein Mandat. Und wir stehen alle immer wieder in diesem Konflikt, dass wir,<br />

um Leben zu erhalten, Leben womöglich beenden müssen. Wer darüber keine Rechenschaft<br />

abzulegen bereit ist, versündigt sich an Gottes Schöpfung, an seiner<br />

Herrschaft, die er uns Menschen übertragen hat.<br />

Es ist von daher durchaus sachgemäß, wenn es auch in der Präambel zu unserem<br />

Grundgesetz, das die Bereiche staatlicher und gesellschaftlicher Herrschaft in unserem<br />

Lande absteckt, heißt: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den<br />

Menschen ... hat das deutsche Volk ... dieses Grundgesetz beschlossen.“ Jede Form<br />

von Herrschaft oder Machtausübung, ob im Staat, in der Kirche, in der Familie oder<br />

schließlich und endlich auch in der Natur, muss sich Rechenschaft vor Gott und den<br />

Menschen ablegen. Wo Herrschaft ausgeübt wird, wo Macht zum Zuge kommt, die<br />

sich nicht verantworten kann und will, verwirkt sie ihr Recht.<br />

In gewisser Weise können wir stolz darauf sein, dass die Politik, die Kirchen, Arbeitgeber<br />

und Mediziner, Forschung und Technik und eben auch Soldaten und Jäger<br />

immer wieder danach gefragt werden: Was dürfen wir als Menschen und was nicht?<br />

Wie geht ihr um mit dem Mandat, das euch gegeben wurde – mit Macht und Herrschaft?<br />

Wir alle sind – in den unterschiedlichen Bereichen unseres Lebens – immer<br />

wieder dazu herausgefordert, auf diese Frage Antworten zu geben – heute vielleicht<br />

mehr als je zuvor.<br />

Es wäre geradezu unnatürlich, wenn wir die, denen ein Herrschaftsrecht übertragen<br />

ist, nicht immer wieder nach der Legitimität ihres Handelns befragen würden. Wir<br />

müssen es geradezu – aus Verantwortung vor Gott, den Menschen und seiner weiteren<br />

Schöpfung. Denn das ist der Mensch: „Du hast ihn wenig niedriger gemacht als<br />

Gott. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter<br />

seine Füße getan.“ Oder, mit einem Wort Jesu: „Wem viel anvertraut ist, von dem<br />

wird man auch viel fordern.“ (Lk 12,48)<br />

Zurück zu Hubertus: Dieser Heilige ist nicht von vornherein ein heiliger Mann – also<br />

jemand, der sich verantwortet für sein Handeln vor Gott. Im Gegenteil: Er lässt sich<br />

von seinen durchaus verständlichen Instinkten leiten. Er will dem, was er erfahren<br />

hat, entkommen: dem Tod, dem Schloss – kurz: er will die komplizierte Wirklichkeit<br />

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