1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
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e, so gegangen mit diesem Text von Paulus aus dem 5. Kapitel des Römerbriefes,<br />
der uns heute zum Bedenken aufgegeben ist:<br />
„Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott<br />
durch unsern Herrn Jesus Christus; durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben<br />
zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen<br />
Herrlichkeit, die Gott geben wird.<br />
Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen,<br />
dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber<br />
Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist<br />
ausgegossen in unsre Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist.“<br />
Ich spüre das ganze Gewicht, die Wichtigkeit dieser Worte. Ich merke: Da steckt eine<br />
Erfahrung dahinter, die vielleicht auch für Sie und mich von Bedeutung ist, von der<br />
wir etwas lernen können.<br />
Friede, Gnade, Hoffnung, Geduld, Bewährung, Liebe – alles Worte, die etwas anrühren<br />
in mir und mein Interesse auslösen. Und doch fehlt die Verbindung, die sinnvolle<br />
Verknüpfung all dieser Worte. Die Erfahrung des Paulus ist nicht so ohne weiteres<br />
einleuchtend für mich. Ob es Ihnen auch so geht?<br />
Paulus hat Frieden gefunden mit Gott, offensichtlich nach einem langen Bemühen<br />
und Ringen. Er fühlt sich endlich angenommen und geborgen in einer großen Gnade<br />
und gerät darüber ins Schwärmen. Er hat eine unerschütterliche Gewissheit gewonnen<br />
und eine überschwängliche Freude und Hoffnung. Ich nehme ihm das ab. Aber<br />
ich frage mich, ob ich das auch so anfüllen kann mit eigener Erfahrung.<br />
Ich habe das nie so dringlich gespürt wie Paulus als ein Problem: vor Gott gerecht zu<br />
sein, es ihm recht machen zu wollen durch eine strikte Befolgung von Regeln und<br />
Gesetzen, die er uns abverlangt, damit wir ihm recht sind. Vielleicht liegt das daran,<br />
dass ich Gott von Kindesbeinen an so ganz anders erfahren habe: als einen liebevollen<br />
und gnädigen Gott, der Kinder zu sich ruft und liebevoll in seine Arme schließt.<br />
Ich wusste immer: Ich durfte kommen und mich anvertrauen und bergen auch mit<br />
meinen Ängsten und Fehlern. Ich habe Gott nie so streng und fordernd erlebt, eher<br />
bin ich in die Krise geraten als ein heranwachsender Mensch, ob es diesen liebevollen<br />
und gnädigen Gott tatsächlich gibt oder ob er vielleicht nicht doch bloß die fromme<br />
Projektion meiner kindlichen Wünsche ist und ich womöglich ganz allein in dieser<br />
Welt zurechtkommen muss.<br />
Vielleicht kann ich deshalb mit der Auskunft des Paulus, mit seiner Lösung des Problems,<br />
nicht so viel anfangen, weil es sich mir in dieser Schärfe so nicht gestellt hat.<br />
Er gibt eine Antwort auf eine Frage, die mich nicht bewegt hat: „Wir sind gerecht geworden<br />
durch den Glauben.“<br />
Ich merke: Ich lebe in einer anderen Zeit. Ich bin anders aufgewachsen als er. Ich<br />
habe auch ein anderes Bild von Gott. Was mir zweifelhaft geworden ist, ist nicht die<br />
Frage nach seiner Gnade und Güte gegen mich, sondern, ob er überhaupt da ist,<br />
antwortet und hält, was er verspricht. Ich frage also gar nicht so sehr nach dem gnädigen<br />
Gott, wie Paulus und noch Luther das getan haben unter der selbstverständlichen<br />
Voraussetzung, dass es ihn gibt. Mir ist unter der Voraussetzung, dass – wenn<br />
es einen Gott gibt – er es gut mit uns meint und liebevoll heimsucht, eher zweifelhaft<br />
gewesen zu bestimmten Zeiten meines Lebens, ob er überhaupt da ist und ich mit<br />
seiner Liebe und Zuwendung rechnen kann. So scheint es vielen modernen Menschen<br />
zu gehen: Sie fragen nicht nach dem gnädigen Gott, sondern nach seinem<br />
wirklichen und wahrhaftigen Wirken.<br />
Aber vielleicht ist das Wort „Frieden“ eine Brücke, die ich betreten kann, um Zugang<br />
zu finden zu der ganz anderen Erfahrung des Paulus.<br />
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