1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
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2006 (Reihe IV)<br />
11.01.2006: Konvent der Pastorinnen und Pastoren (mit Bischöfin)<br />
Thema: Schuldbekenntnis (Jesaja 60,1-6)<br />
Liebe Frau Bischöfin, liebe Schwestern und Brüder, es ist uns vermutlich nicht immer<br />
bewusst, dass diese wunderbaren Worte von der Lichtwerdung des Menschen erst<br />
möglich geworden sind auf dem Hintergrund einer schonungslos offenen Betrachtung<br />
der eigenen Realität. Menschen sind manchmal wie blind, sie tappen im Dunkeln.<br />
Sie haben sich weit entfernt von der Liebe, von der Wahrheit und von der Gerechtigkeit<br />
Gottes, wie wir es in der Schriftlesung aus dem Buch des Propheten Jesaja<br />
schon gehört haben.<br />
Ja, so sind wir: Wir brummen manchmal wie die Bären und gurren wie die Tauben,<br />
weil wir warten auf neue Zeiten, in denen es anders wird mit uns, mit unserem Umfeld,<br />
ja mit der Welt überhaupt. Aber das Heil scheint weit entfernt zu sein, der Frieden<br />
in der Welt, die Gerechtigkeit unter den Völkern. Die Wahrheit ist leider dahin,<br />
die Aufrichtigkeit in den Beziehungen untereinander; und niemand tritt für unser<br />
Recht ein, bis Gott auf dem Plan erscheint: durchaus kraftvoll und all das Böse überwindend,<br />
das sich ihm in den Weg stellt.<br />
In der Vorstellung des Propheten ist es noch der Panzer der Gerechtigkeit, der Helm<br />
des Heils, das Gewand der Rache, die Gott als Kleidung überstreift, damit wir uns in<br />
ihm nicht irren. Darunter ist er immer noch das Wesen der Liebe und Barmherzigkeit,<br />
aber er kann sich auch „warm anziehen“, damit wir uns nicht täuschen über seine<br />
Absichten und über seine Wirkmächtigkeit. Gott lässt sich nicht spotten, er durchschaut<br />
unser Tasten und Irren, unser Schwanken und Wanken, unsere Taten und<br />
Untaten und bringt uns auf seine Weise auf den rechten Weg.<br />
Seit Jesus wissen wir, dass Gottes Weise des Zurechtbringens seelsorgerlich und<br />
nachgehend ist. Er tritt nicht mehr so bezwingend und überwältigend auf, wie noch<br />
zu prophetischen Zeiten; aber er macht unmissverständlich klar, was er eigentlich<br />
von uns will: dass wir Gutes tun, uns an seine Worte halten und Liebe üben gegenüber<br />
jedermann.<br />
Gemessen an dem großen Schuldbekenntnis in Jesaja 59 klingen die Worte, die wir<br />
hin und wieder zu Beginn unseres Gottesdienstes als Sündenbekenntnis sprechen,<br />
eher harmlos. Was für ein verzweifelter Aufschrei der Judäer im Bewusstsein ihrer<br />
großen Schuld! Da heißt es: „Wir harren auf Licht, doch es ist finster ... Wir tappen<br />
wie die, die keine Augen haben, wir tasten im Düstern wie die Toten ... Denn wir sind<br />
zu oft von dir abgefallen, und unsere Sünden zeugen gegen uns ...“ (Verse 9, 10 und<br />
12).<br />
Diese wenigen eindrucksvollen Sätze sind ja nur ein kurzer Ausschnitt aus einem tief<br />
bewegenden Geständnis. Man möchte allen in Kirchen und Synagogen zurufen: Lest<br />
bitte das Ganze! Lest wieder einmal dieses 59. Kapitel bei Jesaja, ehe ihr euch daran<br />
macht, die so tröstliche und evangelische Botschaft vom Anfang des 60. Kapitels des<br />
Jesajabuches für euch zu meditieren und in euch aufzunehmen! Wir haben es am<br />
Epiphaniastag hier in der St. Petri-Kirche in einem ökumenischen Gottesdienst miteinander<br />
gesungen und dargestellt: „Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht<br />
kommt!“ Aber vor welchem Hintergrund an Realitätsbewusstsein und Schuldeingeständnis<br />
ergeht diese tröstende Botschaft, die allen Jammer und alle Verzagtheit<br />
der Menschen überwinden will!<br />
Seht, heißt sie, so reagiert Gott, wenn ein Mensch – nein, ein ganzes Volk – seine<br />
Schuld bereut! Lest diese aufregenden Geschichten Gottes mit seinen Menschen<br />
noch einmal nach! Denn das ist sein Bund mit uns: Dass sein Geist auf uns ruht und<br />
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