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1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...

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Darf er zum Beispiel Kriegsdienst leisten? In den ersten Jahrhunderten lautete die<br />

Antwort klar: Nein. Ein Christ darf nicht töten, deshalb kann er nicht Soldat sein. Will<br />

ein Soldat Christ werden, muss er seinen Beruf aufgeben (denken Sie an den heiligen<br />

Martin von Tours). Jahrhunderte später stand auf den Koppelschlössern der Soldaten:<br />

„Gott mit uns“. Bis zum heutigen Tag gibt es immer wieder Diskussionen auch<br />

unter uns darüber, ob sich christlicher Glaube und Dienst mit der Waffe vertragen,<br />

und die Ergebnisse sind durchaus unterschiedlich.<br />

In der Gemeinde in Rom ging es um die Frage, ob man als Christ Vegetarier sein<br />

müsse, ob man Wein trinken dürfe und ob bestimmte Fasten- und Feiertage zu beachten<br />

seien. Damals gewichtige Fragen, die die Grundfesten des Glaubens und das<br />

Zusammenleben in der Gemeinde berührten.<br />

Diejenigen, die kein Fleisch aßen und keinen Wein tranken, hatten dafür gute Gründe.<br />

Sie sagten: „Wir gehören zu Christus. Wir wollen mit den heidnischen Götzen<br />

nichts mehr zu tun haben. Woher wissen wir, ob das Fleisch, das wir auf dem Markt<br />

kaufen, nicht aus einem Götzenopfer stammt? Woher wissen wir, dass der Wein, den<br />

wir kaufen, nicht einem fremden Gott geweiht worden ist? Vielleicht gewinnen die<br />

Götter der Heiden doch wieder Macht über uns, wenn wir von ihren Opferspeisen<br />

essen. Außerdem halten wir die jüdischen Fest- und Fastentage. An ihnen gedenken<br />

wir all des Guten, das Gott seinem Volk in der Geschichte getan hat. Der Vater Jesu<br />

Christi ist der Gott Israels. Wir danken ihm, dass wir durch die Taufe nun auch zu ihm<br />

gehören und halten die Gebote, die er gegeben hat.“<br />

Die anderen sagten: „In Christus haben wir die vollkommene Freiheit. Die heidnischen<br />

Götter haben keine Macht mehr über uns, denn wir gehören Christus. Wir<br />

können alles essen oder trinken. Nichts ist für uns unrein. Und auch die Gesetze des<br />

Alten Testaments sind durch Christus erfüllt. Wir brauchen sie nicht mehr zu beachten.<br />

Uns ist das Heil geschenkt, wir können und brauchen es uns nicht mehr durch<br />

Askese zu verdienen.“<br />

Die Fleischesser betrachteten die Vegetarier als rückständig, weil sie noch an den<br />

alten Regeln hingen und die Freiheit noch nicht auskosteten. Die Vegetarier hielten<br />

die Fleischesser für genusssüchtig und fanden, der Glaube müsse sich auch im Leben<br />

auswirken. Jede Seite war von der Richtigkeit ihrer Haltung überzeugt. Jede Seite<br />

dachte, die anderen leben ihren Glauben nicht richtig. Sie konnten sich nicht mehr<br />

miteinander an einen Tisch setzen.<br />

In dieser Sachfrage vertritt Paulus eine feste Position. Er ist überzeugt, dass wir in<br />

Christus vollkommene Freiheit haben, dass nichts an sich unrein ist und die Christen<br />

deshalb eigentlich alles essen dürfen. Eigentlich. Es gibt Einschränkungen. Aber die<br />

liegen nicht in der Sache selbst, sondern im Verhältnis zueinander. Deshalb schlägt<br />

er sich in diesem Konflikt nicht auf die Seite der Fleischesser. Im Gegenteil: ihnen<br />

redet er ins Gewissen.<br />

Zunächst macht er deutlich, dass die Frage, ob jemand Fleisch und Wein genießt<br />

oder sich enthält, nicht entscheidend ist. Entscheidend ist, ob jemand zu Christus<br />

gehört oder nicht.<br />

Wer vom Herrn erlöst worden ist, wird auch von ihm gehalten, wie schwach er auch<br />

sein mag. Er soll in Treue zu seiner Überzeugung für den Herrn leben. Nur ihm gegenüber<br />

ist er Rechenschaft schuldig. Kein Christ hat das Recht, über einen anderen<br />

zu urteilen.<br />

Jeder Gläubige soll allein seinem Gewissen folgen. Zugleich muss er aber die Gewissensentscheidung<br />

des anderen respektieren, auch wenn sie anders ausfällt als<br />

die eigene. Die Gemeinschaft in Christus ist wichtiger als unterschiedliche Positionen<br />

in der Sachfrage. Verschiedene Meinungen berechtigen nicht, dem anderen das<br />

Christsein abzusprechen oder die Tischgemeinschaft aufzukündigen.<br />

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