1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...

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25.05.2014 Aufrufe

im Konzert des Lebens zugedacht hat. Doch nicht den Knüppel, mit dem du alles um dich herum totschlägst! Hubertus hatte plötzlich den Durchblick, sagt die Legende. Er erkannte in seiner ihm ausgelieferten Beute das Geschöpf. Und die Haltung, die Hubertus fortan einnimmt, ist, liebe Gemeinde, nicht nur fromm, sie ist logisch. Entspricht dem Logos, dem Wort, dem schöpferischen Gesamtplan. Er, der bis dahin frei über Leben und Tod in seinem Leben bestimmte, frei, wild, chaotisch – er findet zum Dienst, zum Gottesdienst. Und das, liebe Jägerfamilie und liebe Gemeinde, ist die richtige Ortsangabe für diejenigen, die im Waidhandwerk tätig sind, aber darüber hinaus auch für uns alle als Menschen, als Geschöpfe. Nicht im Dienste des Chaos, der verlorengegangenen oder hybriden Maßstäbe, der freien Herrschsucht und der ungezügelten Passion tun wir unser Waid- oder Tagewerk, sondern im Dienste des Schöpfers, des schöpferischen Geistes, den wir als dreieinigen Gott bekennen. Der Apostel Paulus schreibt im Römerbrief an die Christen in Rom: Liebe Brüder und Schwestern! Durch die Barmherzigkeit Gottes ermahne ich euch, dass ihr Gott euer Leben als ein Opfer gebt, das lebendig, heilig und gottwohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch dieser Welt nicht gleich, sondern ändert euch durch die Erneuerung eurer Vernunft; damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist: nämlich das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene. Liebe Gemeinde! Das Leben ist so gesehen – biblisch gesehen – nicht mehr und nicht weniger als ein Lehen. Unser Leben, das wir haben, ist geliehen. Die Erde ist geliehen. Die Wälder sind geliehen. Und die Erwartung an uns, die wir uns Leben geliehen haben, ist die, dass wir das Grundprinzip „Verantwortung“ in Ehren halten und an die uns folgenden Geschöpfe weitergeben können, was uns anvertraut worden ist. Wir müssen uns erneut und engagiert umschauen nach den Grundlagen unseres Lebens, schnell und engagiert, gemeinsam und passioniert. Und das Wissen, die Weisheit, auf die wir uns erneut auf die Suche machen müssen, das ist meine feste Überzeugung, sind nicht nur bio-logischer, bio-physio-logischer, sondern auch geistlicher Natur. Die Heilige Schrift nennt dieses geistliche Element in unserem Leben, diese Einsicht in die Zusammenhänge altmodisch, aber passend: Demut. Und genau dazu findet und fand St. Hubertus. In seinem Schritt zur Demut gerät er in Einklang mit Gott, kehrt er heim in die Einheit, findet zurück zu schöpferischer Liebe und Freiheit. Amen. 10.11.2004: Kirchenkreissynode (Text: Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr) Thema: Christus als Herr über Leben und Tod (Römer 14,7-9) Diese Worte sind uns vom Friedhof her vertraut. Wenn wir am offenen Grab stehen, wird uns die Grenze zwischen Leben und Tod anschaulich vor Augen geführt. Wie tröstlich ist da der Gedanke, dass Christus der Herr über Lebende und Tote ist. Wir gehören zu ihm im Leben und im Sterben. Auch der Tod kann uns nicht von ihm scheiden. Es ist November geworden. Die Blätter fallen und führen uns die Vergänglichkeit des Lebens vor Augen. Die Tage werden kürzer, oft bleiben sie neblig-trüb. Anfang vergangener Woche haben die Katholiken Allerheiligen gefeiert und die Gräber mit Lichtern geschmückt. Wer von uns Grabstätten pflegt, macht sie jetzt vor Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag winterfest. Leben und Tod sind die grundlegenden Gegensätze der menschlichen Existenz. Wer einen lieben Menschen verloren hat, weiß, wie unabänderlich und schmerzlich der 112

Tod ist. Wer sich um einen lebensbedrohlich erkrankten Menschen sorgt, spürt das Gewicht der Frage nach (Über-)Leben oder Sterben. Wie kühn erscheint da die Behauptung des Apostels Paulus, dass nicht Leben oder Tod die alles entscheidende Alternative ist, sondern dass Leben und Sterben aufgehoben sind in Christus. Zu Christus gehören oder nicht, daran entscheidet sich alles. Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. Paulus erinnert die Christen in Rom an ihre Taufe. Die haben sie bewusst erlebt, denn sie sind als Erwachsene zum Glauben gekommen. Seitdem gehören sie zu Christus. Sie gehören nicht mehr den heidnischen Göttern, sie gehören nicht mehr fremden Mächten. Sie gehören auch nicht mehr sich selbst. Letzteres ist ein auf den ersten Blick unmoderner Gedanke, sind doch in unserer Zeit Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung angesagt. Waren früher Lebenswege stärker vorgezeichnet, so besteht heute eine größere Freiheit, sie nach den eigenen Wünschen und Möglichkeiten zu gestalten. Wir genießen diese Freiheit. Zugleich haben wir aber auch keine andere Wahl, als unsern eigenen Weg zu gehen. Wir selber tragen die volle Verantwortung für unser Leben. „Sich selbst gehören“ ist nicht nur die große Freiheit, manchmal ist es auch Last. Dem Herrn zu gehören befreit von sich selber. Ich bin nicht verpflichtet, meines Glückes Schmied zu sein. Ich muss zur Erlangung meines Lebensglücks nicht mehr das Maximale aus allem herausholen. Ich kann darauf vertrauen, dass Gott mich in seinem liebenden Blick hat und für mich sorgt. Das gilt auch für unsere christliche Gemeinschaft, ja für das Schicksal unseres Kirchenkreises, das uns in diesen Tagen umtreibt. Wer nur sich selbst gehört, wird leicht einsam. Der Egoismus und die Kälte in der Gesellschaft werden immer wieder beklagt. Wenn viele nur das eigene Fortkommen im Auge haben und sich den sozialen Verpflichtungen entziehen, dann zerstört dies das gesellschaftliche Gefüge und schlägt schließlich auch wieder auf den Einzelnen zurück. Wer sich nicht um andere kümmert, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich keiner um ihn kümmert. Dem Herrn zu gehören befreit von der Einsamkeit, denn in der Taufe hat uns Gott mit anderen Menschen verbunden, die – wie wir – seine Söhne und Töchter sind. Wenn wir uns darauf verlassen können, dass wir mit unserem eigenen Leben schon nicht zu kurz kommen, dann haben wir die Hände frei, für andere das zu tun, was sie brauchen. Dann haben wir auch die Hände frei, gerade jetzt das Nötige für eine weiterhin gute Zukunft unseres Kirchenkreises zu tun. Unser keiner lebt sich selber und keiner stirbt sich selber, leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn, darum, wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. Genau betrachtet ist in diesen Worten des Paulus ebensoviel vom Leben wie vom Sterben die Rede. Und tatsächlich weist ihr Zusammenhang im Römerbrief nicht so sehr auf das Sterben als vielmehr auf das Leben hin, das volle Leben einer christlichen Gemeinde mitsamt dem manchmal unvermeidbaren Streit. Dabei ging es um die Frage: Wie wirkt es sich aus, dass wir dem Herrn gehören? Wie haben wir uns als Christen zu verhalten? Dazu haben ja auch Außenstehende Ideen. Wenn ein Kirchgänger etwas tut, was nicht den moralischen Maßstäben entspricht, hört man rasch: „Und das will ein Christ sein?“ Auch unter den Gläubigen gibt es Vorstellungen, wie sich ein Christ zu verhalten habe. 113

Tod ist. Wer sich um einen lebensbedrohlich erkrankten Menschen sorgt, spürt das<br />

Gewicht der Frage nach (Über-)Leben oder Sterben.<br />

Wie kühn erscheint da die Behauptung des Apostels Paulus, dass nicht Leben oder<br />

Tod die alles entscheidende Alternative ist, sondern dass Leben und Sterben aufgehoben<br />

sind in Christus. Zu Christus gehören oder nicht, daran entscheidet sich alles.<br />

Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Wir leben<br />

oder sterben, so sind wir des Herrn.<br />

Paulus erinnert die Christen in Rom an ihre Taufe. Die haben sie bewusst erlebt,<br />

denn sie sind als Erwachsene zum Glauben gekommen. Seitdem gehören sie zu<br />

Christus. Sie gehören nicht mehr den heidnischen Göttern, sie gehören nicht mehr<br />

fremden Mächten. Sie gehören auch nicht mehr sich selbst.<br />

Letzteres ist ein auf den ersten Blick unmoderner Gedanke, sind doch in unserer Zeit<br />

Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung angesagt. Waren früher Lebenswege<br />

stärker vorgezeichnet, so besteht heute eine größere Freiheit, sie nach den eigenen<br />

Wünschen und Möglichkeiten zu gestalten. Wir genießen diese Freiheit. Zugleich<br />

haben wir aber auch keine andere Wahl, als unsern eigenen Weg zu gehen. Wir selber<br />

tragen die volle Verantwortung für unser Leben. „Sich selbst gehören“ ist nicht<br />

nur die große Freiheit, manchmal ist es auch Last.<br />

Dem Herrn zu gehören befreit von sich selber. Ich bin nicht verpflichtet, meines Glückes<br />

Schmied zu sein. Ich muss zur Erlangung meines Lebensglücks nicht mehr das<br />

Maximale aus allem herausholen. Ich kann darauf vertrauen, dass Gott mich in seinem<br />

liebenden Blick hat und für mich sorgt.<br />

Das gilt auch für unsere christliche Gemeinschaft, ja für das Schicksal unseres Kirchenkreises,<br />

das uns in diesen Tagen umtreibt.<br />

Wer nur sich selbst gehört, wird leicht einsam. Der Egoismus und die Kälte in der<br />

Gesellschaft werden immer wieder beklagt. Wenn viele nur das eigene Fortkommen<br />

im Auge haben und sich den sozialen Verpflichtungen entziehen, dann zerstört dies<br />

das gesellschaftliche Gefüge und schlägt schließlich auch wieder auf den Einzelnen<br />

zurück. Wer sich nicht um andere kümmert, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich<br />

keiner um ihn kümmert.<br />

Dem Herrn zu gehören befreit von der Einsamkeit, denn in der Taufe hat uns Gott mit<br />

anderen Menschen verbunden, die – wie wir – seine Söhne und Töchter sind. Wenn<br />

wir uns darauf verlassen können, dass wir mit unserem eigenen Leben schon nicht<br />

zu kurz kommen, dann haben wir die Hände frei, für andere das zu tun, was sie<br />

brauchen.<br />

Dann haben wir auch die Hände frei, gerade jetzt das Nötige für eine weiterhin gute<br />

Zukunft unseres Kirchenkreises zu tun.<br />

Unser keiner lebt sich selber und keiner stirbt sich selber, leben wir, so leben wir dem<br />

Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn, darum, wir leben oder sterben, so sind<br />

wir des Herrn.<br />

Genau betrachtet ist in diesen Worten des Paulus ebensoviel vom Leben wie vom<br />

Sterben die Rede. Und tatsächlich weist ihr Zusammenhang im Römerbrief nicht so<br />

sehr auf das Sterben als vielmehr auf das Leben hin, das volle Leben einer christlichen<br />

Gemeinde mitsamt dem manchmal unvermeidbaren Streit. Dabei ging es um<br />

die Frage: Wie wirkt es sich aus, dass wir dem Herrn gehören? Wie haben wir uns<br />

als Christen zu verhalten?<br />

Dazu haben ja auch Außenstehende Ideen. Wenn ein Kirchgänger etwas tut, was<br />

nicht den moralischen Maßstäben entspricht, hört man rasch: „Und das will ein Christ<br />

sein?“ Auch unter den Gläubigen gibt es Vorstellungen, wie sich ein Christ zu verhalten<br />

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