1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
1 Peter Godzik, Ratzeburger Predigten Inhaltsverzeichnis 1997 ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Paulus weiß, dass das nicht einfach ist. Wie einem Sportler im Training und Wettkampf,<br />
so begegnen auch uns Christen in unserem „Lebenslauf“ verschiedene Hindernisse:<br />
- Man kann schlapp machen und aufgeben.<br />
- Man kann resignieren und sagen: Ich schaffe das nicht.<br />
- Man kann halbherzig laufen und nicht die ganze Kraft einsetzen und sich nur<br />
eben so über die Runden schleppen.<br />
All diese Hindernisse und Hemmnisse kennt Paulus. Er weiß, dass das Bestehen des<br />
Lebenslaufes verbunden ist mit praktischen Konsequenzen. Das verdeutlicht er mit<br />
dem Bild eines Sportlers im Training: Dieser nimmt Verzicht und Entbehrungen verschiedenster<br />
Art auf sich, um im Wettkampf bestehen zu können. Und das alles tut er<br />
nur deshalb, um einmal ganz oben auf dem Siegertreppchen stehen zu können. Er<br />
tut das, wie Paulus sagt, für einen vergänglichen Siegespreis. Dieser Sportler, so<br />
Paulus, kann mit seinem Einsatz und Engagement ein Vorbild für uns Christen sein,<br />
obwohl unser Siegespreis ein ganz anderer ist: Der Preis des Sportlers ist eine Medaille,<br />
ein Pokal oder ein Geldpreis – zu Paulus’ Zeiten war es ein Eichen- oder Lorbeerkranz.<br />
Unser Preis aber ist das ewige Leben im Reich Gottes, das uns zugesagt<br />
ist.<br />
Was bedeutet das? Wenn man Gott und sein Reich als Ziel und Sinn des Lebenslaufes<br />
erkennt, verändert sich die eigene Haltung zu Besitz und Leistung. Sie bringen<br />
nicht die Erfüllung des Lebens, sie sind vergänglich und verlieren schnell ihren<br />
Glanz. Wenn man Gott als Ziel seines Lebens erkennt, gewinnt man Freiheit gegenüber<br />
allen anderen Besitztümern und Abhängigkeiten.<br />
Gott über alles im Leben zu stellen heißt auch: Ich brauche nicht mehr krampfhaft<br />
nach dem Sinn des Lebens zu suchen, ich weiß, er ist da – ganz selbstverständlich,<br />
liebevoll und gütig für mich. Ich werde dieser ständigen Sorge um das Gelingen meines<br />
Lebens enthoben. Ich kann das tun, was mir jeden Tag aufgetragen wird, was<br />
mir vor die Augen, Hände und Füße kommt. Das ist wichtig und das muss getan<br />
werden. Ich gebe mich hin an die mir im Leben aufgetragenen Aufgaben. Weil ich<br />
mich nicht verliere im Labyrinth eigener Nabelschau, in krampfhafter Selbstbemühung,<br />
laufe ich frei und unbekümmert auf das Ziel, auf Gott, zu.<br />
Dass Menschen von sich selbst und ihren quälenden Sorgensteinen wegschauen<br />
lernen auf Aufgaben, andere Menschen oder Sachen, ist eine Form der Heilmethode<br />
der Psychotherapie für solche Menschen, die sonst an ihren eigenen Problemen zu<br />
ersticken drohen. Kinder leben so. Sie vergessen beim intensiven Spiel, das für sie<br />
Erfahrung der Welt und Einübung in das Leben zugleich ist, sich selbst und alles um<br />
sich herum. Sich in dieser Weise selbst zu vergessen, bedeutet erfülltes Leben gefunden<br />
zu haben. Manchmal vergessen wir Erwachsenen auch alles, weil z.B. ein<br />
Gespräch so interessant war. Wie ist die Zeit vergangen, ich habe es gar nicht gemerkt,<br />
sagen wir dann. Vertieft, versunken und an einen anderen, ein Gespräch hingegeben<br />
haben wir dann gelebt.<br />
Im Sich-selbst-Vergessen, in der Selbsthingabe liegt der Schlüssel zur Erfüllung unseres<br />
Lebens. Indem das krampfhafte Suchen nach gelingendem Leben aufgegeben<br />
wird und das Leben in der Selbsthingabe gelebt wird, geschieht Verkündigung, Verweis<br />
auf den größeren Zusammenhang. Nämlich, dass Gott das Ziel gelingenden<br />
Lebens ist und nicht Leistung, Besitz, Macht oder Selbstbehauptung.<br />
Das meint Paulus, wenn er von dem „unvergänglichen Siegeskranz“ spricht. Dieses<br />
ewige, seinen Sinn in Gott findende Leben ist ein Geschenk, eine Gnadengabe, nicht<br />
ein Lohn, den wir uns durch unseren Lebenslauf erwerben oder verdienen könnten.<br />
Es wächst hinter uns auf wie ein schützender Baum. Später einmal im Leben, wenn<br />
11