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Siderische Geburt - Peter Godzik

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ßel. Das Leiden, das vor Gott negative Spannung und Leere ist, ist allein für uns positiv. Denn<br />

je mehr wir noch im Hylischen stecken, empfinden wir allein körperliche Lust als Positives,<br />

doch ist höchste Körperlust für die Seele nur tiefster Ekel. Die höchste Lust der Seele aber,<br />

ihr wonniges Verströmen, ist dem Leib nur ein schmerzlicher Tod. So ist uns noch alle höhere<br />

und reale Lust negativ und positiv einzig das Leiden. Doch höchste Seligkeit ist der Schöpferschmerz<br />

dem göttlichen Schwingen, seine herrlichste Würde und stärkste Schaffensglut. Der<br />

höchste Schöpferschmerz ist ganz eins geworden mit der überschwänglichen schwingenden<br />

Lust der Gottheit. Was in den Tiefen noch Fressen und Gefressenwerden ist, das ist in den<br />

Höhen Götternahrung. Wir selbst spüren es, je höher wir steigen, wie jede Lust über ihre<br />

Körperlichkeit steigt und sich zur Seligkeit verklärt, und je überpersönlicher wir uns weiten,<br />

umso mehr verliert alles Leiden seine Hässlichkeit und seine Schrecken, die wir fliehen, und<br />

wird zur übermenschlichen Aufgabe, zur allumfassenden Mitverantwortung, zum seraphischen<br />

Leiden, das über der Enge persönlicher Qual alle Welten schmerzvoll fühlt und nichts<br />

als grenzenloses Weiten, göttliches Kraftgefühl und Seligkeit ist und sich ganz löst in süße<br />

schöpferische Lust.<br />

Um den köstlichen Preis der Freiheit hat Gott den Abfall erzeugt und sich selbst in Sünde geworfen,<br />

denn dass in Freiheit Gott getan wird, in Freiheit zu Gott heimgekehrt wird, ist der<br />

lebendigste Teil des göttlichen Lebens. Die wuchtende Last der Schöpfung ist erst ganz,<br />

wenn hinzutritt, dass wir selbst wertend seraphisch die Schöpfung in Freiheit tun. Nimmermehr<br />

ist der Mensch in Sünde gefallen, der Mensch ist nicht schuldig, nicht verantwortlich.<br />

Wie soll der Mensch, und gar der frühe Mensch, der noch ganz Geführte, in Schuld fallen<br />

können. Werden wir beim Tier davon sprechen, dass es Schuld auf sich lade? Auch beim<br />

Menschen können wir es nur bedingt, nur so weit, als er selbst teilhat an Gott, denn Gott ist<br />

der allein Schuldige an aller Sünde und allem Übel. Hölle und Teufel ist Gottes Werk, wie Fegfeuer<br />

und die seligen Himmel. Nichts, auch nicht der Schrecken der Tiefe, mangelt der titanisch-lebendigen<br />

Gottheit, die nimmermehr nur süßliche Liebkosung ist. Darum erscheint<br />

uns auch Tod und Pest und Winterpracht und Sturmeswüten nicht minder majestätisch als<br />

die Herrlichkeit der gestaltenden Schöpferkraft. Und wie wir in überpersönlich seraphischem<br />

Wachsen teilnehmen an der Gottheit, werden wir erst mitverantwortlich an aller Schuld. Der<br />

Höhere fühlt nicht nur seine eigenen Fehler, sondern leidet in wonnigen Liebesschmerzen<br />

die ganze Welt und Göttlichkeit. Allein der Höhere ist stark genug, immer höheres Leid, ja<br />

aller Allheit Kreuz zu tragen, und Gottes Schuld ist gar so übermächtig, dass er nicht mehr<br />

vermag zu bestehen und ewig verströmen will. Es ist ein Wahn, dass der Mensch in seiner<br />

Kleinheit berufen sei, die Schwere der Schuld zu tragen oder gar für Gott zu leiden. Nicht<br />

leidet der Mensch für Gott, sondern Gott selbst leidet im Menschen, und weise ist der<br />

ungöttliche Mensch so gebaut, dass er weniger empfänglich ist für Leiden wie das Tier und<br />

nur den groben Stachel der Körperschmerzen verspürt. Alles positive Leid, dies Leid, das<br />

nicht das selige Schöpferleid ist, sondern Qual in der menschlichen Enge, ist nur Schein. Es<br />

besteht nur im Seyn, es „ist“ nur, ruht nur in der Fraßsetzung, doch nimmermehr im göttlichen<br />

Schwingen. Nur das Nichts leidet. Das Leid ist, solange es durch uns nicht aufgehoben<br />

ist. Das Einzel-Ich muss leiden, solange es kein Mitleid hat. Im Mitleid fühlt das Ich in seraphischer<br />

Umarmung alles Welt- und Gott-Leiden, Mitleid ist freiwillig übernommenes Leid, und<br />

was nicht in Freiheit getan wird, muss in Zwang zuvor erlernt werden. Darum ist uns das<br />

Übel ein so furchtbares Rätsel, weil wir es als real setzen und nur diese empirische Realität in<br />

Fraßsetzung kennen. Das Qual-Leid herrscht nur über die Person-Enge, bei Gott ist es ein<br />

Moment innen. Nicht ist Welt schlecht, sondern Schlechtes ist in ihr als Organ, das Übel ist<br />

aber kein Weltbestandteil, der konkret schaffend wirken könnte, das Übel ist die Form des<br />

Nicht-Seyns. Es ist die schreckliche Mauer der Cherubim, die der Gottheit schimmernde

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