Siderische Geburt - Peter Godzik
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wieder hinansteigt. Auf und Ab, von der Ewigkeit der Ruhe göttlichen Schauens zur vergänglichen<br />
Ruhe des Todesnullpunktes, dem ewigen Quell schöpferischer Unruhe.<br />
Diesen urbewegenden, göttlichen Zwiespalt, der Ruhe und Wandern umfasst, spüren wir<br />
unvergleichlich gewaltig in uns selbst. Zwei große polare Grunderlebnisse bestimmen das<br />
Menschenseyn. Die trotzige selbstbewusste prometheische Losreißung, die in gefährlichen<br />
Fernen allen Reichtum der Tiefen erobern will, die in Leiden und Streiten und abenteuerlichen<br />
Wanderungen in Freiheit jene Eigenständigkeit erringt, die einzig die Grundlage bildet<br />
zu freien Göttertaten. Nur in prometheischer Losreißung reifen uns die herben Weltlehren<br />
zu Schöpfern, zu Freien, zur Mannbarkeit über der Naturkindheit, zu Bewussten und zu Personen,<br />
die erst fähig sind, Gott zu tun. Das Gott-Lernen war der Zweck der Welt. Jene andere<br />
Grunderfahrung aber ist die seraphische, die in Kreuzigung und liebesglühendem Verströmen<br />
die Fülle der Abgründe erst belebt, die in seligem Sich-Weiten der Person uns in siderischer<br />
<strong>Geburt</strong> über Tod und Seyn hebt, in wonnig trunkenes befreites Schweben. Prometheus, der<br />
das göttliche Feuer in die Fernen trägt, ein Luzifer, der den inneren Zwiespalt Gottes erzeugt<br />
und den Wechsel, der ewige Revolutionär, und Christus, der zu Gott zurückführt, das sind die<br />
beiden Pole einer Weltbewegung und alles Kreisens. Der Heilige Geist der schwingenden<br />
Göttlichkeit ist wohl unteilbar Einer und doch ewig zerspalten in Vater und Sohn. Der Vater<br />
ist der Schöpfer, der ewig vor jede Sphäre die höhere Sphäre stellt, so das Kreisen schwingen<br />
macht und das Niedere vor dem Höheren verwehen lässt, dass alles Niedere im Höheren<br />
erblühe. So wird vor dem Vater Jedes zum Schein. Alles Wirkliche ist unmöglich, das ist der<br />
Vater; es kann nichts Wirkliches bestehen, alles drängt sich zum Tode, um im Vater aufzugehen,<br />
alles will sterben, um Gott zu werden. Der Vater setzt also die Realität, denn wir sahen<br />
ja, dass Realität nichts ist als das Keimen des Höheren im Niederen. Natur war nichts<br />
ohne Welt, und Welt zerginge also gleich zu Dunst und Nichts ohne den Himmel, ist nichts<br />
als Himmelswerdung. Der Sohn aber ist das Gekreuzigte im Heiligen Geist, das, was entsendet<br />
ist, das, was leidet, das, was löst und erlöst und belebt. Das ist das Urgeheimnis, wie der<br />
Heilige Geist zum Vater wird und zum Sohn. Der Vater stieg hinab, damit wir hinauf können.<br />
Und nimmermehr will der Vater nur das Ziel der Vollendung, sondern durch den Sohn erlöst<br />
er den ganzen langen Weg, dass nichts verloren sei und im Ewigen sich alles bewahre. Das ist<br />
der Kern aller Transzendenz, dass der Heilige Geist zum Vater wird und nicht nur bei sich<br />
selbst ruht. Die transzendente, weltauflösende Kraft, die unablässig alles Weltliche zerstört<br />
und vergehen macht, ist, weil der Heilige Geist Vater wurde, und wir sehen dieses Wirken<br />
stündlich empirisch vor unseren Augen. Wir sehen und erleben, wie das Empirisch-Reale<br />
vergeht und nur das Gott-Reale besteht.<br />
So also verstehen wir, wie Höhe und Tiefe im Göttlichen in Eins gesetzt sind. Es geht nicht<br />
an, dass wir Höhe aus Tiefe oder Tiefe aus Höhe erklären und stets Eines als unerklärlich beibehalten.<br />
Beides sind Organe der Unendlichkeit, wie etwa unser Leib aufnimmt und ausscheidet,<br />
und ist doch Eines. Es höht und tieft in Eins. Das, was tieft, nennen wir Materie,<br />
doch nimmermehr ist Materie stets ein Gleiches, sondern es wechselt, was zur Materie wird.<br />
Der Vater macht zu Materie, was noch erhöht war und erhöht, was noch Materie ist. Es ist<br />
ganz, wie das gleiche Blut bald durch die Arterien, bald durch die Venen rollt. Die Höhe<br />
leichtet, die Tiefe schwert, doch darf auch das Schwere der Ganzheit nicht fehlen, die Tiefe<br />
ist wie ein liebendes Weib, das erlöst sein will. Die Höhe leitet, schafft und lebt, die Tiefe<br />
umhüllt, gestaltet mechanisch, düngt. Aber im seligen Schwingen der Gottheit ist alles zugleich.<br />
Da ist Vater und Sohn in höchster gegenseitiger Durchdringung und Verwobenheit.<br />
Der selige Schwinge-Schwang ist ewig gleiche schauende Ruhe und doch ebenso ewige Bewegung.<br />
Und Eines lebt dort nur durch das Andere, Eines dient dem Anderen, Natur und<br />
Welt und Himmel, Mensch und Gott, Seyn und Schwingen, Tod und Lebendigkeit sind in