Siderische Geburt - Peter Godzik
Siderische Geburt - Peter Godzik
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ein Schaffen sein, das nicht ein Auf und Ab in sich hätte, denn wer nur gestreift ist von wirklichem<br />
Schaffen, hat schon erschaut, dass erst Gestaltung und Vernichtung zusammen schöpferisches<br />
Schaffen ausmachen. Das selige Schwingen muss um sich den Abgrund erzeugen, es<br />
muss mit dem Meißel des Todes und des Leidens vernichtend lösend gestalten. Das Reich<br />
der Unendlichkeit kann nicht der Ort der Erzeugung sein, weil es der Ort ist, wo dies Erzeugte<br />
sein höchstes Leben lebt, schaffen lässt sich nur im Endlichen. Der Weg der endlichen<br />
Welt von ihrer unteren Natur-Grenze bis zu ihrer himmlischen Vollendung ist die Wanderung,<br />
auf der sich aller Reichtum und alle unermessliche Fülle erzeugt, einzig in Endlichkeit<br />
ist gestaltende Veränderung möglich und aus der Endlichkeit drängt sich durch uns alle Fülle<br />
hervor, dass wir sie liebend zum göttlichen Gehäuse der Ewigkeit tragen. Versetzen wir uns<br />
aber selbst höher und höher hinan zur Göttlichkeit, so sehen wir zugleich, wie wir nun nimmermehr<br />
ertragen können, bei uns selbst in Todesverschlossenheit zu weilen. Wir wollen<br />
wirken; die überreiche, die gestiegene Fülle sehnt sich nach dem Abgrund, sich in Betätigung<br />
zu ergießen, will sich abermals steigern; die Unendlichkeiten wollen sich über Unendlichkeiten<br />
türmen. Will das Erdrückte Unselbständige, Endliche wachsen, fressen und wieder sich<br />
lösen, so will das Vollendete in überströmender Liebestat sich neigen und in alle Tiefen<br />
hinauswandern. Was in aller Fülle sich bewertet hat, hinaus über seinen mechanischen Unwert<br />
und in Gottes Liebe steht, will sich selbst entäußern. Was in Gottes Liebe als Eines<br />
steht, will Vieles werden in Zersplitterung, sehnt sich nach Leid und Tod. Die Gottheit muss<br />
den Tod tun gegen sich selbst, sich selbst vom Throne stürzen und den cherubinischen Hass-<br />
Schwert-Weg wandeln, es zwingt sie das höchste Leid, das Schöpferleid, so entfacht sie göttlichen<br />
Zorn, göttlichen Hass, aus dem alle Tragik, alle Schmerzen und alle ewigen seligen<br />
Steigerungen entspringen. So erzeugt das Göttliche das Reich, nach dem es sich sehnt,<br />
schafft die Gottferne, die sie durch die Weltbrücke überspannt und den Abgrund, über dem<br />
sie schwingt in seliger Schaffensmacht. Das Größte am Göttlichen ist diese Begrenztheit,<br />
dass Gott nur Gott sein kann, dass er mit cherubinischem Schwert alles vertilgen muss, was<br />
nicht aus Gott ist. Darum zuckt der reinigende cherubinische Strahl durch alle Welten, darum<br />
kann nur im wehen-weltlichen Schmerz der siderischen <strong>Geburt</strong> der Heimweg zur Gottheit<br />
sein, und aller Sinn dessen, was nun kommt, ist Heimkehr. Heimkehr und Ausgang und beides<br />
in einer einzigen Wanderung, das ist allerletzte Weisheit. Gottes Wanderung in die Gottferne<br />
und seine Heimkehr, das ist allerletzte Weisheit. Das ist das Jüngste Gericht, wenn Gott<br />
in übermächtigem Schöpferleid den Tod tut, an sich selbst, den cherubinischen Hass tut, an<br />
sich selbst, in grenzenlos schöpferischer Erneuerung, Steigerung und Zeugung unermesslicher<br />
Herrlichkeiten, deren Fülle dienen soll, dass unendliche seraphische Liebe sich immer<br />
unendlicher betätige, denn seraphische Liebe will unendlich Vieles lieben, und auch das Unermessliche<br />
ist ihrem breitenden Umarmen niemals genug. Wie das enge Lieben der Person<br />
im Göttlichen zu solcher Weite geworden ist, so ist der allmächtige zerspellende Hass, der<br />
das Gesetz der Gottferne ist, in Gott zum Logos verklärt, denn die Liebe hat das Viele als Eines,<br />
der Logos hat das Eine in trennender habender Vielheit. Der Hass Gottes tötet nicht und<br />
verengt nicht wie Menschenhass, er ist nichts als Steigerung, Verklärung und schöpferische<br />
Raserei. Aber bis in die todesengsten Gottfernen, wo das cherubinische Schwert am schaurigsten<br />
wütet, wo der Wirbel am tollsten jagt und der Todesmeißel am wuchtigsten gestaltet,<br />
wirkt die emsige Milde, mit der die Gottheit die entsandte Schöpfung zu sich wieder<br />
hinanzieht, in zärtlich heimlicher Mystik. Der kristallreine cherubinische Weg eint sich mit<br />
dem zauberisch-geheimnisvollen, seligen, mystischen Weg. Solches ist das Schwingen der<br />
Göttlichkeit, dass es auch über alle Erfüllung des Himmels ewig ungenügsam hinwegschwingt,<br />
bis hinab zur Todes-Hölle, und über das fegende Feuer weltlichen Geschehens