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Siderische Geburt - Peter Godzik

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soweit sie nicht Erleben, sondern Theorie und Erkenntnis sein will, ist nimmermehr die letzte<br />

Grundwissenschaft, die sie sein möchte, sondern eine Eintagsfliege, geworden mit dem kapitalistischen<br />

Zeitalter, und wird mit ihm wieder vergehen. Wenn die Naturwissenschaft die<br />

Entwicklung aus dem Niederen lehren möchte, so blieb sie noch stets dabei, nur vom Niederen,<br />

vom Abwärts zu erzählen, doch nichts von Entwicklung. Einzig die praktische, tatsächliche<br />

Naturauflösung kann uns Erkenntnis geben, weil sie den verschlossenen, todeserstarrten,<br />

mechanischen Sinn der Natur wieder enthüllt; sie beginnt damit, dass ihr jedes Natürliche<br />

zum Symbol wird. Wir erinnern uns, wie jedwede Einzelheit nur ein Umkehrpunkt war,<br />

Samenkornverschlossenheit und grenzenlos in Vergangenheit und Zukunft dem ganzen Kreisen<br />

verwoben. Das Märchen wird Wirklichkeit, da alle Dinge zu uns zu sprechen beginnen.<br />

Das Eisen spricht, dass es nicht sein kann, wenn vor ihm nicht Schwert war, das Blau des<br />

Himmels leuchtete uns nicht zum Entzücken, wenn es nicht Ausdruck wäre göttlicher, jubelnder<br />

Wanderung. Die Blumen dufteten nicht so süß, die Vögel sängen uns nicht im Frühling,<br />

wenn nicht vor all dem göttliche Süßigkeit und Lieblichkeit und hyazinthne Lust in Todeserstarrung<br />

sich hier verschlossen hätte. Nicht ist der Fuchs schlau aus Anpassung, sondern<br />

er ist verdichtete Schlauheit. Nicht weil wir diese Muskel haben, können wir lachen,<br />

sondern göttliches Lachen schuf diese Muskeln. Nicht weil wir Augen haben, können wir sehen,<br />

sondern weil wir seit je und je sahen, haben wir auch in stofflicher Gebundenheit Augen.<br />

Doch noch ist all diese Entschleierung der Symbole so gering, und gering darum auch<br />

noch unser Schauen erlöster Natur. Und weiter: wo wäre Feuer ohne Leidenschaft, wo wäre<br />

Erde, wenn nicht irdisches Leben vorher, wenn nicht Schlangen vorher sich kriechend bewegt<br />

hätten, wo Wasser ohne Fische, wo Luft ohne Vögel! Und ein jedes Tier und jede Pflanze<br />

hat einen ganz einzigen, ganz spezifischen Sinn. Noch ahnen wir nicht, was in diesem<br />

Tropfen Schwefelsäure, in diesem Fels, in diesem Blitz verschlossen schlummert an grenzenloser<br />

Fülle und Sehnsucht und Leidenschaft. Oder sehen wir etwa die harmonische Verteilung<br />

der klimatischen Zonen auf der Erde, die durch die Schiefe der Erdachse bedingt ist und<br />

von Indien bis Island eine wundervolle Mannigfaltigkeit der Völkertypen auch in klimatologischer<br />

Hinsicht hervorruft? Eher meinen wir da, dass diese mechanische Ursache nur ein<br />

Symbol, nur der stumme Ausdruck, nur die Einkörperung einer harmonischen vorausgegangenen<br />

Mannigfaltigkeit ist, und dass wir in diesem Sinn sagen können, dass es der Geist der<br />

Bewohner ist, der Indiens und Islands Klima schuf. Das ist praktische Natursymbolik, dass wir<br />

die höhere Funktion jedes Dinges und jedes Naturvorganges auffinden, das Erhöhen und<br />

Fortreißen aller Wirklichkeit. Selige Erlösungswonne breitet sich über die ganze Natur, Erlösungszauber<br />

verscheucht die winterliche Erstarrung, aus allem Todesstarren brechen Ströme<br />

des Lebens hervor. Das große, ewige Osterfest der Natur beginnt. Auferstehung! Und wie<br />

alle Natur Leben werden will, drängt sie herzu, dass sie den mystischen Tod erleide und sich<br />

ausgieße in siderischer <strong>Geburt</strong> sternenhaft über alle Sterne.

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