Siderische Geburt - Peter Godzik
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V. Du Natur unter mir<br />
Wir drangen über die Natur! Das ist das Geheimnis unserer Zeit. Immer gewaltiger hat sich<br />
aus der Natürlichkeit ein völlig anders Geartetes enthoben, die Weltlichkeit. Das Kreißen der<br />
Welt im Naturschoß ist der Grund aller Naturgestaltung und aller Naturrätsel, wie Welt sich<br />
einzig erklärt, weil himmlische Erfüllung in siderischer <strong>Geburt</strong> in ihr kreist. Dass wir der Natur<br />
nun so weit entstiegen sind, enträtselt uns die ungeheure Umwandlung, die das Menschengeschlecht<br />
erlitten hat. Seine ganze Geschichte, die wir zu recht die Weltgeschichte nennen,<br />
denn Menschengeschichte ist Weltgeschichte, und vor dem Menschen war weder Welt noch<br />
Geschichte, sie hallt nur wider von dem Ringkampf des Menschen mit der Natur. Und so betäubt<br />
sind wir noch von dem Bann der Natur, dass uns heut Natur noch die Allheit ist. Die<br />
zünftige Meinung nicht nur, nein, unser ganzes Zeitalter und der gemeine Alltagsverstand<br />
zweifeln keinen Augenblick, dass über die Natur hinaus nichts gehe, dass in der Natürlichkeit<br />
alles erfüllt sei und alles, was nicht in den Rahmen des Natürlichen passt, nur unwissenschaftliche<br />
Träumerei sein könne. Alles gehe mit natürlichen Dingen zu, und wir selbst sind<br />
nichts als ein Anhängsel der Natur, von der Woge des Naturprozesses einen Moment<br />
emporgetragen, ganz und gar dem Naturseyn unterworfen. Doch ist solche Meinung nichts<br />
als der letzte Versuch, in der Theorie noch zu retten, was in Wirklichkeit doch schon überwunden<br />
ist. Wir selbst sind die Tat gewordene lebendige Durchbrechung des Natürlichen. In<br />
uns, im Geist, im Selbst, in Geschichte, Kunst, Wissen und allem seraphischen Erglühen haben<br />
wir ein Leben, das sich nimmermehr in den Rahmen des Natürlichen einspannen lässt,<br />
das lebendige Überwindung alles Mechanischen ist, das sich da in planvollem Sinn wandelt;<br />
und nur verbohrtester Materialismus besteht hier noch auf den unglaublichen Verrenkungen<br />
mechanischer Deutung. Dass nichts mehr mit natürlichen Dingen zugehe, ist unsere Sendung,<br />
weil nichts mehr natürlich, sondern übernatürlich, weltlich und göttlich sein soll; und<br />
nichts mehr soll sich mit Dingen, sondern über aller Dinghaftigkeit zutragen. Wir sind Naturüberwinder<br />
und Naturerlöser, und Welt ist nichts als völlig vermenschte Natur, wie Pleroma<br />
vergöttlichte Welt sein wird. Natur ist nicht Allheit, sondern göttlicher Allheit tiefster Abgrund,<br />
die Naturgesetze sind nicht ewig, sondern weichen den Weltgesetzen, die wieder vor<br />
der Ordnung des Himmels vergehen. Die Natur ist der abwärts gesehene, zerlegte Mensch,<br />
alle Naturgestaltung ist nichts als der Weg, den wir keimend in Natur zurückgelegt haben,<br />
entfaltete Natur ist nur das, was wir in Weltwerdung durchlebt haben. Weil die Natur unser<br />
eigenes Durchlebtes ist, können wir sie ernten und umfassen. Erst die vollendete Höhe der<br />
Welt, in die wir heut eintreten, hat uns größer gemacht als Natur, ganz wie wir nun auch<br />
über Welt hinauswachsen werden in göttlich erfüllender Welteroberung. Weil Natur nun<br />
kleiner ist als wir, liegt sie entgöttert unter uns. Die Gottheit spricht nicht mehr zu uns mit<br />
der Stimme der Natur, sondern im siderischen Drang, der uns über alle Natürlichkeit hinaustreibt;<br />
aller mechanische, dingliche Naturzwang fällt von uns ab, zuerst von unserem Geist,<br />
bis wir, ganz lebendig geworden, unsere hylischen Tiefen und unsere Leiblichkeit unter unseren<br />
Willen zwingen werden. Das, was im Menschen noch Natur ist, ist der Unmensch, das<br />
Tier im Menschen, doch ist das Übernatürliche nicht das Widernatürliche. Unsere überpersönliche<br />
Aufgabe ist nicht mehr das Naturreich, sondern das Himmelreich, nicht Weltbildung,<br />
sondern erfüllende Weltlösung und Welternte. Ich spreche so zur Natur nicht nur das<br />
„unter mir“, sondern auch das „Du“, denn ohne mich wäre die ganze Natur nicht. Risse ich<br />
mich aus der Natur heraus, sie würde ins Nichts sinken, kein Tier, kein Baum könnte für sich<br />
bestehen ohne mich, ja selbst die physischen Naturkräfte und was der Chemismus zusammenfügt,<br />
ist ganz und gar durch mein Keim-Leben im Naturreich gestaltet. Doch davon weiterhin<br />
erst genauer. Du-Natur, das heißt, dass wir in der Natur nur uns finden, dass sie