Siderische Geburt - Peter Godzik
Siderische Geburt - Peter Godzik
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Alle, die je lebten und je nach mir kommen werden. Den Myriaden füge ich Schmerz zu, und<br />
erlöse sie durch meine Fürbitte und seraphisches Handeln.<br />
Noch ist meine Sensibilität zu gering, ich bin noch zu sehr Person-Enge, um alle solche Weiten<br />
zu fühlen, noch lebe ich zu schwach, um alle solche erdrückende Fülle zu ertragen, deren<br />
Anblick mich in Wahnsinn stürzen würde. Könnte ich allgemeine Unendlichkeit und die Allverwobenheit<br />
und Ewigkeit meines Wirkens anschaulich erblicken, ich würde erschauern vor<br />
der folgerichtigen Furchtbarkeit. Selbst die längst versunkenen Naturtiefen werden wieder<br />
vor mir auftauchen, Wälder und Blitze, Seen und Berge, die aus den mechanischen Todesabgründen<br />
in die Lebendigkeit des Ich gestiegen zu Ich geworden sind. Und ich ahnte, wie ich in<br />
mir neue Meere und Berge und Stürme und Vulkane berge und den Grund zu neuen Naturen.<br />
Nur das Tier lebt im Gegenwartspunkt, und ihm wird einzig die Gegenwart zum Schauplatz<br />
des Tatens. Doch dem entschleierten überpersönlichen Blick enthüllt sich nicht nur die<br />
Zukunft, sondern ihm auch erst steigt alle Naturtiefe aus rätselvoller Dunkelheit. Erst dem<br />
höheren Menschen wird das Leben sinnvoll, so völlig lückenlos sinnvoll, wie das Niedere mechanisch<br />
gesetzmäßig. Das Mechanische hat sich in das Sinnvolle gewandelt. Wenn das Leben<br />
sinnvoll wird, das ist das Zeichen siderischer <strong>Geburt</strong>. Noch kannten wir nichts als das<br />
mechanische Gesetz, doch nicht die Unterordnung alles Lebens unter den planvollen Sinn.<br />
Aber je höher Einer steigt und in siderischer <strong>Geburt</strong> erblüht, sternenhaft über dem mechanischen<br />
Reich der Sterne, umso mehr wird er der Sphäre entrückt, wo der Zufall herrscht und<br />
der Unsinn, der Unsinn zwar nicht in mechanischer Hinsicht, aber dem Sinn nach. Die Meinung,<br />
Plato oder Beethoven hätten wohl von einem Dachziegel erschlagen werden können<br />
oder frühzeitiger an einer Krankheit sterben, ist barer Unsinn. Solche Personen sind so sehr<br />
zu notwendigen Weltorganen geworden und der Zufallssphäre schon so weit enthoben, dass<br />
solche Zufälle nahezu ganz ausgeschlossen sind, jedenfalls überaus viel seltener als bei niederen<br />
Wesen. Und dass Jesus etwa hätte von Zufällen betroffen werden können, ist mathematisch<br />
absolut ausgeschlossen. So trifft auch keinen Menschen ein Unverdientes oder Sinnloses,<br />
Jedem geschieht mathematisch genau das, was ihm gebührt, bis hinein in die unbedeutendsten<br />
Alltäglichkeiten des Lebens; auch läuft Jeder nur eine für ihn spezifische Gefahr.<br />
Selbst das Kind ist keineswegs ein unschuldiges, denn in ihm liegt eine ganz eindeutig gerichtete<br />
Person, die durch Äonen zusammengeschweißt ist, es ist nur weltlich unentfaltet, doch<br />
nimmermehr eine leere Reinheit. Und wenn es Zufälligkeiten in Fülle gibt, die Jeden treffen<br />
können, so heißt das nichts anderes, als dass noch jetzt das menschliche Gesamt-Niveau so<br />
tief liegt, dass Alle in die Sphäre scheinbarer Zufälligkeiten eintauchen. Doch dem Höher-<br />
Steigenden enthüllt sich aller Sinn. So exakt, wie nur bei irgend einem physikalischen Experiment,<br />
folgen ihm auf jede seiner Handlungen die sinnvollen Erlebnisse, die andere nicht<br />
sein können, und was nur an ihn herantritt, wird zu einem Sendboten der Göttlichkeit. So<br />
sinnvoll und so urgerecht wird ihm Freud und Leiden, Mühen und Erfolg, Aufgabe und Ruhen<br />
zuerteilt, dass er mit immer maßloserem Erstaunen sein ganzes Leben als ein einziges nur für<br />
ihn bestimmtes unbegreiflich sinnvolles gottbereitetes Kunstwerk erschaut. Kein Riegel kann<br />
gegen Feinde, kein Panzer gegen Verwundung, kein Serum gegen Krankheit, keine noch so<br />
raffinierte Schlauheit gegen Übles so sicher schützen als das höhere seraphische Leben, das<br />
der Sphäre der niederen Konflikte entrückt ist. Was Menschenkunst zum Schutz der Person<br />
ausdenkt, ist ewig vergeblich. Kein Ich entrinnt seinem göttlichen Schicksal. Doch in siderischer<br />
<strong>Geburt</strong> und in Kreuzigung, da wir alles Weltenleid in überschäumender Kraft übernehmen,<br />
steigen wir leicht über die höllischen Abgründe, die Überseele schwebt selig im<br />
höchsten Sinn des Pleroma, der höhere Mensch ist unverwundbar. Dem seraphischen Selbst<br />
folgt willig alles Leben, alle Naturgesetze beugt das liebesglühende überpersönliche Selbst<br />
den Pleromagesetzen. Da es nichts für sich nimmt in heiliger Armut, sondern alle Lebensfülle