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Siderische Geburt - Peter Godzik

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die letzten Jahrhunderte einen immer schnelleren Wandel im Persönlichen gebracht und<br />

unsere Phantasie malt sich wohl aus, wie geschwind des Menschen Selbst sich steigere, in<br />

einem Jahrtausend, ein Zeitraum, klein vor der Allheit, doch ein sehr weiter Spielraum für<br />

uns, die wir annehmen, dass des Menschen Sendung zwischen Natur und Pleroma nicht in<br />

ungemessenen Zeiten, sondern in nicht allzu vielen solcher Jahrtausende sich erfüllt. Schon<br />

weicht der niedere, typische, geführte Mensch, der der Darstellung des Weltlichen und des<br />

Menschentums dient, der höheren Persönlichkeit, die nur das überpersönliche seraphische<br />

Selbst sein kann.<br />

Der Massenmensch muss stark physisch hylisch veranlagt sein, denn aus ihm zieht die<br />

Menschheit ihre physiologischen Kräfte, die sich nicht vorzeitig erschöpfen dürfen, ehe nicht<br />

siderische Göttlichkeit alle Natürlichkeit des Menschen überflüssig macht. Darum klammert<br />

sich der Mensch ans Hylische, aber es ist ihm auch der Mut gegeben, seinen Leib von sich zu<br />

werfen. Nur gänzlich Zweierlei – und wo von Mut die Rede ist, dürfen wir das nie vergessen –<br />

ist der Mut des noch vorpersönlichen Menschen, dessen Ich sich noch zum Teil mit der Masse<br />

deckt, und des höheren Menschen, der in schauendem Vertrauen auf seinen überpersönlichen<br />

Sinn in niedergerungener Leibesangst seinen Leib von sich wirft.<br />

Der Leib kann niemals nur durch seine Kraft schön sein, aus der Hasssetzung geboren ist er,<br />

wie alle leibliche Verrichtung, das Hässliche, er kann nur schön sein trotz seiner Leiblichkeit,<br />

weil er das zweckmäßige Organ einer Seele sein kann, die voll von Schönheit ist. Nicht durch<br />

äußere physische Vorgänge, sondern nur als physiognomischer Ausdruck innerer Göttlichkeit<br />

und Über-Leiblichkeit kann der Leib sich in Schönheit verklären, doch zu glauben, man könne<br />

durch „Gymnastik“, „Luft und Licht“, oder „Gesundheitspflege“ Schönheitskult treiben, ist so<br />

recht ein Ausdruck brutalster, materialistischer Beschränktheit.<br />

Wozu sollen uns die Seichtigkeiten des „Lebens in Freudigkeit“ dienen, die man uns jetzt<br />

wieder aufdrängt? Wollen sie ernsthaft des Menschen Leid hinwegnehmen? Sie können es<br />

nicht und sollen es nicht, denn einzig das Durchleben des Weltenleids führt uns in siderischer<br />

<strong>Geburt</strong> über den Ort notwendig ewigen Leidens. Solche Lehren, die den Sinn des Lebens fliehen,<br />

sind im Tiefsten lebensfeindlich. Auch kann der Einzelne niemals selig sein, er darf es<br />

nicht, denn es wäre Stillstand im Tode, und es verschlägt nichts, dass er nicht selig ist, denn<br />

es leidet nur seine Niedrigkeit, sein Schein-Ich. Das höhere Selbst aber will nicht in hylischer<br />

Schwere träge lasten. Die ungeheure Gewalt, durch die es geformt ward, zieht es in Freiheit<br />

seraphisch in sich hinein, um nun vor Überfülle allbefruchtend zu verströmen.<br />

Mein höheres Selbst lebt nur in der Wanderung. Gott ist mein Selbst, aber Gott ist kein Philister<br />

und kein Ding, sondern seliger Wanderer, ein schöpferischer Revolutionär und der Herr<br />

jeglicher Möglichkeit, die alle Unmöglichkeit ewig ausschließt. Wanderte ich nicht, so erstarrte<br />

alles göttliche Kreisen. Und zur Wanderung gehört nicht nur das göttliche Ziel, sondern<br />

auch das Fernab-vom-Ziel. In der göttlich beschwingten Wanderung gehört Weltbildung<br />

und Weltlösung, Ichbildung und Ichlösung zueinander, wie der Kugelraum zur Schale. Und<br />

das Verströmen meiner selbst und der Welt ist das brausendste Leben, da erst erlebt sich<br />

Welt und Allheit. Doch werden wir nicht mit denen, die nun Allheit erleben, sprechen, „Ich<br />

bin die ganze Natur“, sondern höher: Ich bin das, wovon die Natur nur ein Keim ist und Anstieg,<br />

ihr höheres Vorbild. Wanderung ist mein Sinn und meine Ewigkeit, sie allein ist nicht<br />

meine Dinglichkeit, sondern meine Göttlichkeit, sie ist das Gottfeuer in mir, dessen helles<br />

lichterlohes Brennen mein einziges Trachten ist. Und was sind alle festen Paradiese gegen<br />

diese beseligte Wanderung in hyazinthne Gottes-Weiten! Diese armseligen ausgemalten<br />

Paradiese, die nur unharmonisch Steigerung leiblicher Genüsse bieten, oder die langweiligen<br />

Gruppierungen von Heiligen, was bedeutet das alles gegen die lebendige Gestalt des Wirkli-

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