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Siderische Geburt - Peter Godzik

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sen, der Unparallelismus wird zu einem ausgedehnten Forschungsgebiet, das überpersönliche<br />

Erleben greift riesenhaft über die Enge der leiblichen Erlebnisse.<br />

War uns die seraphische In-eins-Setzung des göttlichen Über-sich-selbst-Schaffens ein flügelleichtes<br />

Schweben und Schwingen, so ist uns das Innerweltliche mit seinem Tiefpunkt des<br />

Leiblichen der Ausdruck jener lastenden massenhaften Sinke-Schwere, deren formender<br />

Druck die sichtbare Welt verdichtete. Die sichtbare Welt ist uns darum beherrscht vom Gesetz<br />

der Schwere, der Gravitation, von Druck und Stoß, aus unserem Sinken vom Göttlichen<br />

ins Hylische entspringt die Schwere. Das, was wir objektiv das Schwere nennen, wird subjektiv<br />

zum Tastbaren, zum Greifbaren, zum Leib; über dem Subjekt aber, in der Steigerung des<br />

Pleroma wird es zum seraphischen Umarmen. Das Tasten verengt, macht zum Ding, das<br />

Tastbare unterliegt dem Tode. Wir fanden schon, wie alles Weltliche, das auf der Fraßsetzung<br />

ruht, zuletzt am Tasten haftet, dass selbst das Erkennen und das Bewusstsein noch<br />

ein Tasten ist; aber nähern wir uns dem Göttlichen, so verliert sich die Tastbarkeit, das Göttliche<br />

ist ganz untastbar, tastet es wohl auch mit dem Meißel des Todes. Alles schöpferisch<br />

weltumfassende Taten engt sich ein, wenn wir hylisch in den Leib steigen. Unsere Taten im<br />

Leib laufen zuletzt stets auf ein physisches Ergreifen hinaus, auf Nahrung für den Leib, und<br />

alles drückt sich aus in Bewegungen. Der Leib ist die Subjektivität, die Lebendigkeit des Tastens,<br />

das ist sein Geheimnis; selbst Sehen und Hören sind noch ein verfeinertes Tasten. Auch<br />

der Schmerz muss den Charakter einer Tastempfindung haben, denn Schmerz ist ein drückendes<br />

Zusammenkrampfen, wie in der Weltbildung der Abstieg von den seligen Gottweiten<br />

zur Taste-Enge ein Zusammenkrampfen war; aber in seliger Lust löst sich Welt. In<br />

Schmerzen entsteht das Getast, wie es in Lust sich löst. Der dunkle Abgrund des Getastes ist<br />

die allgemeinste aller Sinnesempfindungen, sie ist der winterliche Nullpunkt der allumfassenden<br />

seraphischen Gluten. Sie ist die undifferenzierteste aller Empfindungen, wie die<br />

Schwere die roheste und niederste aller physischen Kräfte und darum nicht wie Sehen und<br />

Hören an ein umgrenztes Organ gebunden, sondern über den ganzen Leib verteilt. Auch die<br />

mehr tierischen Sinne des Geruchs und Geschmacks, die der Nahrungsaufnahme dienen,<br />

ruhen auf dem Getast. Das Getast ist die Grundlage alles Sinnlichen, und darum hat auch die<br />

Geschlechtslust den Charakter der Tastempfindung, sie ist der oszillierende Überschwang<br />

des Getastes, allerstärkste Berührung und wildeste Lust der Lösung. Im seraphischen Umarmen<br />

löst sich das Tasten, und wir können nur ein Lösen, ein Erlösen der Sinnlichkeit wollen,<br />

denn um der sinnlichen Lebendigkeit willen stiegen wir in die Hyle. Aber auch Sehen und<br />

Hören ist nicht das Sündhafte, wie eine verrannte Askese wollte, Farben und Töne sind lauterste<br />

Göttlichkeit, und der herrlichste Stoff göttlicher Gestaltung. Auch Licht und Ton sind<br />

ganz wie das Getast weder physikalische oder physiologische Vorgänge, sondern göttliches<br />

Leben, und ganz nach dem Weltstand sind sie nur der Naturtiefe oder der weltlichen Leiblichkeit<br />

zuerteilt, keineswegs aber von diesen erschaffen. Das Haften von Licht und Ton an<br />

der Todesmaterie der Naturtiefe oder an den Sinnesorganen des weltlichen Leibes ist nichts<br />

schlechthin Notwendiges, denn befreit von aller Tastbarkeit schwebt das göttliche Leuchten<br />

und Tönen in durchsichtiger Reinheit, frei von jeglicher Trübung. Ist das Getast das noch wenig<br />

Gestaltete, die Geschlechtsempfindung in unabänderlicher Gleichheit sogar die undifferenzierteste<br />

aller Empfindungen, so ist Licht und Ton gestaltet. Schon rein physikalisch sind<br />

sie der Zahl vermählt, in ihnen ist nicht lastende Schwere, sondern schwingendes Oszillieren.<br />

Weit ab vom Tasten steht Farbe und Licht, wenn wir auch das Gesehene noch zu tasten vermögen,<br />

doch ganz untastbar ist der Ton, der Stoff der Sprache und der Musik, er ist nicht so<br />

sehr im Raume als in der Zeit und dem Seelischen am nächsten verwandt. Dass also Licht<br />

und Ton von der Tastbarkeit sich reißen, sie sind schon selbst Lösung der Körperlichkeit, das<br />

ist ihre Erlösung. Es ist von tiefster Bedeutung, dass wir uns den Ton am deutlichsten vorstel-

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