Siderische Geburt - Peter Godzik
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nen, dass aber alles, was aus dem Geist der Wahrheit und der Göttlichkeit stammt, Schwärmerei<br />
ist, denn wer ewig an den nächsten Tastbarkeiten klebt, wird wohl Schlafrockphilister,<br />
aber nie Eroberer sein können, und um nüchterne Langweiligkeit zu vermehren, möchten<br />
wir nicht einen Finger rühren. Fragt man aber, wiewohl solche wunderbare Selbstentäußerung<br />
je kommen werde, so sehen wir schon heut deutlich, dass, wenn es an der Zeit ist, eine<br />
höllische Not wüten wird, die leicht den Blick für die selige Milde göttlichen Schwebens öffnet.<br />
Den großartigsten Ausdruck überpersönlicher Allverwobenheit aller Einzelwesen miteinander<br />
hat die indische Weisheit gegeben in der Lehre von der Seelenwanderung und dem Karma<br />
oder dem Schicksalsreich, das sich jeder selbst im Leben erbaut und das die Grundlage<br />
seiner nächsten Einkörperung bildet, wie sein jetziges Leben der Ausdruck des Karma seiner<br />
vorigen Existenzen ist. Während die abendländische Auffassung die Seele aus einem geheimnisvollen<br />
Dunkel hervortreten lässt, in das sie nach einem einzigen Leben wieder verschwindet,<br />
lässt die indische Religion jeden Einzelnen zahlreiche Leben durchleben, deren<br />
Reihe einen gesetzmäßigen Weg ständiger Läuterung darstellen. Wie es scheint, zwei antipodische<br />
Welten! Dennoch setzt auch der Inder dieser Wanderung Ziel und Anfang, und die<br />
abendländischen Ideen schlagen durch die Vererbung die Brücke zu der Vergangenheit und<br />
Zukunft. Es ist auch hier nur wieder die krass einzelpersönliche Betrachtung, die uns einen<br />
Gegensatz vortäuscht, während in Wahrheit der eine Vorgang nur einmal mehr individualistisch<br />
und überwiegend nach vorn gewandt, das andere Mal mehr gattungsmäßig und in die<br />
Vergangenheit hinein gesehen wurde. Wir sehen heut extrem nur das Individuum und ebenso<br />
extrem unvermittelt seinen transzendenten Ursprung und Heimgang. Der Inder durchbricht<br />
zwar die Schranken des Persönlichen, schiebt aber Beginn und Ende alles Persönlichen<br />
im Transzendenten weit hinaus, so dass Person zunächst immer wieder nur ganz in persönlicher<br />
Vergangenheit wurzelt. Wiederum werden wir aber auch zugestehen, dass ein Individuum<br />
in völliger Loslösung von seinesgleichen niemals sein kann. Wie eine Zelle unseres Leibes<br />
mit sämtlichen anderen Zellen verwoben ist und durch alle lebt, so verknüpft sich unser<br />
Ich in seinen sichtbaren Taten wie auch in den feinsten geheimsten Regungen jedem anderen<br />
Selbst. Und auch die Lehre von den wiederholten Erdenleben dürfen wir nicht so deuten,<br />
dass wir uns in vergangenen Zeiten bald hier bald dort ein Wesen denken, von dem wir sagen,<br />
dieses bin ich, ganz als ob ich wie ein formloser Teig in immer neue Formen gepresst<br />
würde. Nein, Seelenwanderung bedeutet nichts anderes, als dass ein gemeinsames Band alle<br />
Menschlichkeit seit Anbeginn umschlingt, dass ich mit Unzähligen weiter, mit Manchen näher<br />
verwoben bin, fast bis zur völligen Identität; es bedeutet, dass jenes Stück Menschlichkeit<br />
und Leben, das mir zur Führung übergeben wurde, schon immer war und immer sein<br />
wird und sich immer erneut durch das All ergießt, bedeutet nicht zahllose Wiederholung<br />
meines Enge-Ichs, sondern brüderliche Verschmelzung mit zahllosen meinesgleichen. Wer<br />
gelernt hat zu sprechen: ich bin nicht diese persönliche Enge, mein ist die Welt, und mehr<br />
noch, alle Naturtiefen und Himmelshöhen, was da kreist von den über sich schwingenden<br />
Gottweiten bis zu meinem Samenkorn Ich, das bin ich; wer so gelernt hat, fühlt sich unmittelbar<br />
eins mit allen vergangenen und kommenden Geschlechtern, lebt in aller Vergangenheit<br />
und Zukunft. Weder das eine einzige Leben, zufällig, rätselvoll losgelöst, noch der Spuk<br />
einer zahlreichen Wiederholung meiner Person; sondern der Gegensatz zwischen dem einen<br />
und dem wiederholten Leben schwindet, wenn wir Wiederkehr erkennen als die stärkste<br />
Steigerung gottverwobener Gemeinschaftlichkeit, als höchste Brüderlichkeit. So wird Sozialismus<br />
von einer wirtschaftlichen Formel, vom Notdurft- und Tierstaatensozialismus zum<br />
kosmisch göttlichen Prinzip.