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Siderische Geburt - Peter Godzik

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nicht ihre höchste Höhe erschwingen ohne das Besitzen, doch kommt ein heiliger Augenblick,<br />

wo die ausgefüllte reife Person nicht mehr besitzen mag und Besitzes-Enge von sich<br />

wirft, weil ihr das alles viel zu armselig und dürftig geworden ist und der begehrenswerteste<br />

Reichtum ihr zerfällt, wie mürber Plunder. Besitz engt ein, macht träge und schwer, trennt<br />

jeden Einzelnen von seinesgleichen und aller Welt, er ist der absolute Tod des Seraphischen.<br />

Aller schöpferische Schwinge-Schwang, alle ewig selige Wanderung erlahmt in der Sorge um<br />

den Besitz, der den Menschen zum Philister oder Proletarier macht. So viel einer besitzt, so<br />

viel Hass verschließt er in sich und wird gehasst, kein mathematisches Gesetz kann exakter<br />

sein. Der Besitzwille der Person bedeutet die Fesselung an den Todes-Null-Punkt und das<br />

Ende der ewig hyazinthnen Welt-Wanderung. Wie mögen mir in meiner beginnenden Keimhaftigkeit<br />

ein paar lächerliche Ärmlichkeiten genügen, wenn ich vergehe, alles seraphisch zu<br />

umfassen; wie kann ich in einem Häuflein dürftiger Notdurft oder stickiger Behaglichkeit<br />

leben, wenn ich die Götterluft aller Weltenweiten atme. Die heilige Armut der Person ist der<br />

grenzenlose Reichtum brausender schöpferischer allumschließender Göttlichkeit. Auch die<br />

Werte, die aus dem Besitz entstanden sind, wollen sich erschöpfen, das Besitzen vermag<br />

nicht mehr schöpferisch zu wirken, der einzelpersönliche Besitz verliert jede Lebensberechtigung.<br />

Die proletarisch-sozialistischen Bewegungen haben dies nicht erkannt. Sie drängen<br />

mehr zur Dinglichkeit und zur Weltmitte als darüber hinaus, und wie die Frauenemanzipation<br />

das Weib zum Mann machen möchte, statt es zu vollenden, so will die proletarische Sozialdemokratie<br />

die Menschheit in eine einzige große Bourgeoisie verwandeln. Sie überwindet<br />

den Gegensatz zwischen Proletarier und Bourgeois nicht, da Reichtum ihr höchstes Ziel ist,<br />

von dem sie Paradieseswunder erwartet. Sie ist nicht die Überwindung, sondern nur die<br />

Vollendung des materialistisch-rationalistischen Kapitalismus. Der echte Sozialismus will<br />

nicht Reichtum, sondern die heilige Armut des Einzelnen, wohl aber den Reichtum der Gemeinschaft<br />

und immer größeren Reichtum noch höherer Gemeinschaft, ja will endlich allen<br />

Besitz dem Meere des Göttlichen zurückgeben. Diesem echten Sozialismus ist die proletarische<br />

Bewegung bestenfalls ein Vorläufer; auch erwarten wir so wenig, wie von bürgerlicher<br />

Übersättigung von proletarischer Dürftigkeit die verheißene Erlösung. Wir können also der<br />

Einzelperson nicht mehr zugestehen als die Garantie seiner Notdurft, und diese ist besonders<br />

für den höheren Menschen erstaunlich gering. Der Versuch, auf rein wirtschaftlichem Weg<br />

die Gesellschaft umzugestalten, kann noch so raffiniert unternommen sein, wir mögen Preise,<br />

Löhne, Arbeitszeiten und alle wirtschaftlichen Faktoren noch so sinnreich in Harmonie<br />

setzen, die steigende Begehrlichkeit und der Besitzwille wirft alles über den Haufen. Wird<br />

dieser Besitzwille und diese Begehrlichkeit nicht mit in Rechnung gestellt und gelingt es<br />

nicht, auch ihnen eine Grenze zu ziehen, so ist die Harmonie der anderen Wirtschaftsfaktoren<br />

ewig unerreichbar. Es kann nichts einfacher und klarer sein. War es bisher weder möglich<br />

noch richtig, das persönliche Besitzbedürfnis einzuschränken, so wird es zur Forderung,<br />

sobald das proletarische Drängen den Massenwohlstand entschieden hebt. Das Massenelend<br />

ist nicht einzig eine Folge einer verkehrten Wirtschaftsordnung, sondern durch den<br />

Weltstand und gerade durch den Besitz bedingt. Freilich sind eine höhere Gesittung und ein<br />

grundsätzlich neuer Aufstieg der Menschlichkeit nicht möglich auf der Grundlage der Massenarmut.<br />

Aber über sie hinweg führt einzig die Lösung, nicht die Stärkung des Besitzes. Die<br />

wahrhaft sozialistische Gemeinschaft kann weder aus Satten noch aus Darbenden bestehen,<br />

weil es sich in ihr ganz und gar nicht um den Todes-Nullpunkt des Einzel-Besitzes dreht, sondern<br />

einzig um den genial befreiten überseligen Schwinge-Schwang seraphischer Göttlichkeit.<br />

Das um Besitzessorge vergrämte, lauernde, hassende Sonder-Ich wird zum wachsenden<br />

seraphischen Ich. Man wird uns hier, wie zu allem anderen, was wir vorgetragen, erwidern,<br />

das sei, wenn auch noch so wahr und schön, doch nur idealistische Schwärmerei. Wir mei-

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