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Siderische Geburt - Peter Godzik

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allein das elementar überpersönlich Treibende kann genial sein, daher wir auch mit großem<br />

Recht Natur genial nennen und wieder das Genie als eine Person gewordene Naturkraft<br />

empfinden.<br />

Getriebensein und Treiben sind mit dem Überpersönlichen unauflösbar verknüpft. Der Beginn<br />

des Überpersönlichen ist der Geschlechtstrieb. Im Geschlecht erlebt das Ich zum ersten<br />

Mal das Du, mit unwiderstehlicher Gewalt wird es in rasender, taumelnder Lust von sich<br />

selbst fortgetrieben, um sich trunken in das Du zu stürzen. Dieser Beginn des Überpersönlichen<br />

packt das Einzelwesen so recht an seiner tiefsten Einkapselung im Leib, der Geschlechtstrieb<br />

ist so recht ein Ausdruck der Naturgetriebenheit des noch welterdrückten<br />

Individuums, ein Naturtrieb, voll von göttlicher Sehnsucht. Ganz anders aber erscheint uns<br />

jenes Reich, das die Krönung des Überpersönlichen ist, das Soziale, die in Liebe verwobene<br />

Gemeinschaft. Der Trieb zum Sozialen ist nur matt im Vergleich zum Stürmen des Geschlechtstriebes<br />

und nur mühsam und unsagbar träge, und nicht aus Lust, sondern aus Not<br />

nur entschließt sich der Mensch, der Gemeinschaft seinen Tribut zu zollen. Daher erscheint<br />

uns der soziale Trieb und die soziale Liebe als etwas viel weniger metaphysisch Gegründetes,<br />

wie der Geschlechtstrieb, doch sehr zu Unrecht. Das Soziale ist eben die Krönung und das<br />

Höchste des Überpersönlichen, es kann, wenn es nicht der Herdentrieb ist, nicht aus bloßer<br />

Nützlichkeit, sondern in Freiheit gewählt, erst das Ende des Weltlaufes schmücken. Gemeinschaft<br />

Aller in seraphischer Verwobenheit ist der letzte Schritt, wo der Ring des Kreisens sich<br />

in der Gottheit wieder schließt. Der milde überirdische Glanz der Christusgestalt zeigt uns<br />

schon an, dass die Vereinigung in Gemeinschaft nicht weniger göttlichen Ursprungs ist als<br />

die des Geschlechtes. Der primitive rohe Drang der Geschlechter will noch wahllos jedes Du<br />

umfassen, und doch werden wir sehen, wie der Geschlechtstrieb nichts ist als ein Drang,<br />

dass endlich der eine Mann und die einzige Frau in Verschmelzung sich vermählen, und wie<br />

diese eine einzige Hochzeit das Weltall erschauern macht. Und umgekehrt werden wir sehen,<br />

wie der Gemeinschaftstrieb das Einzel-Ich aus seiner Selbst-Liebe lösen will und zur Fülle<br />

hingeht, dass ich wahllos nun jeden Anderen umarme. Das Soziale ist ein Ausdruck des Strebens<br />

nach Vielheit, Fülle und Einheit im göttlichen Kreislauf, das Geschlechtliche zeigt uns<br />

die Polarität der Welt.<br />

Mann und Weib sind zwei entgegengesetzt gerichtete Strebungen des Weltablaufs, sind<br />

weltbauende Kräfte, die von Gott ausgehen und zu ihm zurückkehren und sich polar ergänzen.<br />

Nimmermehr aber sind Mann und Weib bloße Unterschiede der Leiblichkeit, durch die<br />

Geschlechtsorgane bedingt. Virchows Wort, das Geheimnis der Weiblichkeit sei in den Ovarien<br />

beschlossen, ist ein treffender Ausdruck der zynischen Verrohung unserer Zeit, die den<br />

niedrigsten Abschluss, die unterste Grenze nicht nur für das Erste, sondern sogar für das Einzige<br />

nimmt und jeden bemitleidet, der noch so rückständig ist, weiter hinaus zu wollen. Mit<br />

höchstem Staunen nur sehen wir die gar nicht mehr zu ermessende Erstarrung alles wirklich<br />

erkennenden Schauens, die äonenhafte Weltenweiten mit einem leiblichen Organ verwechselt.<br />

Deutlich sehen wir in dem Kreisen des Göttlichen zwei Richtungen sich aufeinanderzubewegen.<br />

Die männliche Kraft, die schaffend gestalten und formen will, und die weibliche,<br />

die Hingabe ist, das Empfangende, das, was geformt wird. Mann ist das Richtunggebende,<br />

Weib das noch nicht Gerichtete, das noch ganz Allgemeine, ein Ozean; Mann und Weib verhalten<br />

sich zueinander wie Einzel-Ich und Masse. Das Seelenleben des Weibes ist stets gattungsmäßiger<br />

als das des Mannes, das Weib ist noch nicht Person und wird es erst am Mann,<br />

auch denkt das Weib in Bildern wie die Masse, nicht in Begriffen und Abstraktionen. Doch<br />

folgt uns daraus nicht etwa eine Lehre von der nichtigen Persönlichkeit des Weibes, weil<br />

auch die Person des Mannes, weil eben jede Person, die in sich ruht wie ein Same, der nicht

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