Siderische Geburt - Peter Godzik
Siderische Geburt - Peter Godzik
Siderische Geburt - Peter Godzik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
48<br />
die überreiche neue Sphäre des Überpersönlichen; Individuum und Masse fallen nicht mehr<br />
zusammen, wie bei den Einzelligen, sie fallen zusammen, indem die vielen Personen, wie<br />
eine einzige verschmolzen, alle Fülle der Masse und der Vielheit in sich einbeziehen.<br />
Diese Änderung der Verhältnisse von Masse und Einzelwesen, diese ganz verschiedene Art,<br />
in der Massenkraft und Einzelwesenheit schon innerhalb des einzelnen Ichs wie in der Masse<br />
sich mischen, besonders aber die Auflösung der Masse in Individuen, im Weltaufstieg, erklären<br />
uns deutlich eine der beängstigendsten Erscheinungen unserer Zeit, den Verfall der Rasse.<br />
Alle allverwobene Fülle, die von der Gottheit hinabstieg und sich in Masse, Gattung und<br />
Rasse offenbarte, endet heut im Nullpunkt des begrenzten kleinen Ichs, alle Kräfte, die uns<br />
in den Tiefen trieben, sind erschöpft, und damit sinkt auch alle Ursprünglichkeit des Volkstums<br />
und alle erfrischende Erneuerung, die aus der Rasse stammt, auf ewig dahin. Vergebens<br />
ist da jede Wiederbelebung. Und es ist gut so, denn wie könnte sonst die neue Ursprünglichkeit<br />
kommen, die beim Einzel-Ich in siderischer <strong>Geburt</strong> anhebt, um uns sternenhaft<br />
über alle Sterne zu heben. Die Weltumkehr unserer Gegenwart muss darum eine so<br />
rationalistische Zeit sein, weil alles Intuitive, Instinktive um uns entschwunden ist und die<br />
neue Intuition noch nicht geboren wurde. Wann handelt ein Wesen instinktiv? Wenn es<br />
zweckmäßig handelt, ohne sich dieses Zweckes bewusst zu sein. Das Einzelwesen wird hier<br />
durch etwas getrieben, es führt mechanisch eine nützliche Handlung aus, durch eine Kraft,<br />
die mächtiger ist als es selbst, und wir verstehen, dass es der Geist der Gattung ist, der für es<br />
handelt; überindividuelle Verbände, die in immer höheren Verschmolzenheiten endlich in<br />
Gottheit münden, führen das noch unselbständige Einzelwesen, das ohne diese Führung<br />
nicht bestehen könnte. So erklären sich einzig die beispiellosen Wunder des Instinkts, die<br />
Tiere und selbst Pflanzen zu Handlungen befähigen, die oft erstaunlicher sind als menschliche<br />
Leistungen, und niemand würde wagen, sie aus dem Individuum zu erklären. Wie eine<br />
unteilbare Person handelt die Gattung hier in jedem einzelnen Wesen. Allerhand neuere<br />
Tierversuche haben gezeigt, dass der Instinkt dagegen völlig versagt, wenn die erstrebten<br />
Ziele keine typisch gattungsmäßigen sind; ändert man die typischen Verhältnisse auch nur in<br />
irgend einem Punkt, so ist ein reines Instinktwesen völlig hilflos. So fand ein Insekt unter den<br />
schwierigsten Umständen den Eingang zu seiner unterirdischen Brutstätte. Legte man diese<br />
aber frei, so flog es suchend unmittelbar über den jungen Larven hin und her, da die allerdings<br />
erstaunliche instinktive Führung einzig auf das Aufsuchen des Einganges eingerichtet<br />
war. Die Gattung, die Rasse, die Zeitalter, die überpersönlichen Verbände irren eben unendlich<br />
viel weniger als das Einzelwesen; erst wenn das Einzelwesen immer mehr zur großen<br />
Persönlichkeit wird, enthebt es sich langsam dem Irrtum.<br />
Eine große Persönlichkeit, das ist nicht, wie man heut oft meint, eine Anhäufung möglichst<br />
vieler oder recht seltsamer Schrullen, Persönlichkeit ist nicht das, „wie er sich räuspert und<br />
spuckt“, sie ist vielmehr das Samenkorn, aus dem sich das Überpersönliche entfaltet, sie ist<br />
ein Anfang zum allverwobenen, überpersönlichen Tun, das einzig den Sinn der Person ausmacht.<br />
Daher hat der große Mensch stets eine universal typische Bedeutung, er ist eine Gattung<br />
für sich und ist typischer, ja man kann sagen, unpersönlicher als ein unbedeutender<br />
Mensch, der sich mit tausend kleinen Narrheiten spreizt, wie ja unsere ungeniale persönliche<br />
Kultur dazu geführt hat, Legionen von Nichtigkeiten mit verweichlichter Sentimentalität<br />
schonend zu pflegen, als wären es die größten Heilsgüter. Der große Mensch entreißt sich<br />
aber dem Geckentum des Persönlichen, seine Genialität ist die neue Intuition, die neue Ursprünglichkeit,<br />
die alle Schranken seiner Ich-Enge durchbrechende Verwobenheit, die immer<br />
rauschender alles umfängt, bis sie der vollen Göttlichkeit teilhaftig wird, ja Genialität ist<br />
nichts als beginnende Gemeinschaft mit Gott. Nicht die Nullpunkt-Ruhe der Person, sondern