Siderische Geburt - Peter Godzik
Siderische Geburt - Peter Godzik
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aus Gründen der Objektivität als der Subjektivität, weil die kreißende Kraft der siderischen<br />
<strong>Geburt</strong> uns treibt; weil wir es nicht anders ertragen; aus Überschwang. Weil siderische <strong>Geburt</strong><br />
den Weltenschoß zerreißt, dass Frau Mutter Welt daran stirbt. Der Anti-Kant spricht:<br />
nicht darum taugt uns das Erkennen nicht, weil es zu wenig objektiv, zu subjektiv ist, sondern<br />
weil es viel zu viel im Objektiven haftet und zu wenig durch das Subjekt hindurch und darüber<br />
hinaus ging. Nicht unter das Subjekt – über das Subjekt.<br />
Doch ist unsere Transzendenz kein Fortgehen und kein Verwerfen des Empirischen, sondern<br />
seine stärkste Betonung, kein abstrahierend entkräftendes Abziehen, sondern der Inbegriff<br />
aller Belebung. In liebesglühender Umarmung wollen wir alles bis aufs Letzte mit uns fortreißen,<br />
es vom Untergrunde der Berührung erlösen, dass es nicht mehr Fraß sei, sondern unberührt<br />
um Gott rotiere und überselig, nicht verlassen, über allem Kreisen schwinge.<br />
Nun haben wir den erkenntnistheoretischen Ausgang der Gegensätzlichkeit von Objekt und<br />
Subjekt verlassen, denn ihre gegenseitige Haft ist noch kein Erleben, sondern nur ein Erleiden.<br />
Allein das überweltlich-mystisch schauende Erleben wird uns über diesen weltlichen<br />
Zwiespalt heben, in dem nichts ist als gebundenes Gegenüberstellen, Gegenständliches zum<br />
Zweck der Gestaltung. Es haftete unser Geist noch in jener unlebendigen Habe-Philosophie<br />
des Rationalismus, in dem unsere kapitalistische Zeit den theoretischen Ausdruck für ihre<br />
Beutegier sucht. Auch kann uns dieses noch keine Lösung sein, wenn die Philosophie über<br />
alle Zweiheit eine Brücke zu schlagen sucht durch ihren höchsten Maßstab der Identität von<br />
Wissen und Seyn. Es soll da das Wissen an das niedere Seyn geheftet werden, und wir ersehnen<br />
doch einzig die Identität von Wissen und Außer-Sich-Seyn. Es lebt der überweltliche<br />
Geist, dem in seraphischer Glut höchste Fülle in eins verschmolzen ist und der selbst Hass<br />
und Streit in seraphischer Setzung innehat, nicht in dem Zwiespalt von Objekt und Subjekt.<br />
Ganz wie das Objekt so ist auch das Subjekt, das nichts als der Widerpart des Objekts ist,<br />
nichts Letztes und ein Wahn. Die bewusstseinsmonistische oder Immanenzlehre will bei diesem<br />
gegenständlichen, beschränkten Geist stehenbleiben und alles Leben einhüllen in den<br />
Eispanzer dieses dingmachenden Bewusstseins, während doch das Bewusstsein ganz umhüllt<br />
ist von Leben.<br />
Es ist genauso materialistisch, das Äußere aus dem Inneren zu erklären, wie umgekehrt. Wir<br />
wollen Subjekt und Objekt nicht auseinander, sondern ineinander erklären. Wohl geht der<br />
Weg von außen nach innen, wenn dieses Innere alsdann beginnt in siderischer <strong>Geburt</strong> zu<br />
kreißen, wenn es Same wird und Pforte in ein grenzenlos überschwingendes Reich und ein<br />
heiliges Mysterium. Doch bleibt es nichts als ein analoges Abbild des Äußeren, nur die subjektive<br />
Übersetzung des objektiven Draußens, so kann nimmermehr das Eine über das Andere<br />
gestülpt, das Eine vom Anderen gefressen werden, sondern in diesem Zustand der<br />
Gleichwertigkeit müssen sich beide die Waage halten als zwei Richtungen eines Vorganges,<br />
dessen Einheit wir in der höheren Setzung des Pleroma erleben.<br />
Die Materialisten tun sich etwas darauf zugute, dass sie mit Fleiß die objektive Bedingtheit<br />
und Abhängigkeit unseres Geistes betonen, doch erleben sie nichts anderes als eben diesen<br />
gegenständlichen Geist, der sich etwa dem schmalen Saum vergleicht, in dem das Meer an<br />
die Küsten brandet. In diesem engen Bereich mag die Gestaltung der Küste wohl ihre Wirkung<br />
geltend machen, die sich doch draußen im Meer immer schneller und sehr bald völlig<br />
verliert. Es spielt sich das niedere, weltliche Erleben und das „exakte“ Forschen der Wissenschaft<br />
ausschließlich auf dieser schmalen Linie ab, wo die Lande der Objektivität und unserer<br />
eigenen niederen Tierheit mit den grenzenlosen Meeren des Geistes zusammenstoßen. Das<br />
Bewusstseinsleben des Materialisten und verwandter Richtungen ist nichts als das bewusste<br />
parallele Nacherleben der eigenen Tierheit, der körperlich mechanischen und dinghaft ob-