25.05.2014 Aufrufe

Siderische Geburt - Peter Godzik

Siderische Geburt - Peter Godzik

Siderische Geburt - Peter Godzik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

37<br />

tes zu umfassen. Wir sollen nicht wissen, sondern durch die übermenschliche Tat des Glaubens<br />

steigen, und die Transzendenz, die wir meinen, ist das Wachstum der siderischen <strong>Geburt</strong>.<br />

In ihrer seraphischen Hingegossenheit durch alle Himmel, können wir in der Enge der<br />

Erfahrung nicht mehr leben; und sie ist eine Enge, ja „reine“ Erfahrung sogar ganz unvollziehbar.<br />

Über die Erfahrung hinaus, das ist der übertierische Sinn, das ist aller Stolz und alle<br />

Würde des Menschentums und seine himmlische Krone. Schon wenn wir von der nächsten<br />

Vergangenheit sprechen, sind wir nicht mehr in reiner Erfahrung, und wir tun da nichts anderes,<br />

als wenn wir uns ein Zauberschloss vorstellen, das ja auch nur aus Bestandteilen der<br />

Erfahrung besteht. Es fragt sich nur noch, wo uns nun der Rubin der Realität leuchtet, und<br />

gelingt es uns, ihn in unsere Gewalt zu bekommen und leuchten zu lassen, wo wir wollen, so<br />

ist jedes Zauberschloss unser. Die reine Erfahrung, die von den neunmal Weisen der „exakten“<br />

Wissenschaft als unverletzlich gepriesen wird, ist kaum mehr als ein Pflanzendasein, ja<br />

noch nicht einmal tierisches Leben. Wir blieben da in kümmerlicher Augenblicks-Versunkenheit.<br />

Könnten wir da jemals exakte Chemie treiben? Es ist schon Transzendenz, wenn wir nur von<br />

der einfachen Tatsache der chemischen Verbindung sprechen, denn „gegeben“ ist keine solche<br />

Verbindung, sondern primitive Gegebenheiten bauen sich auf in jener überobjektiven<br />

Ordnung in uns, die wir bereits kennen lernten. Es ist ein Irrtum, dass unser Leben sich im<br />

Empirischen, in der Erfahrung abspielt. Je höher wir steigen, umso mehr ist alles durchsetzt<br />

von Metaphysik, es ist nichts mehr, das da in sich beruhte und nicht nach außen wiese, ja,<br />

jede Aussage, jedes Urteil, jedes Bewusstseinsfaktum, ist gar nichts anderes als solch ein<br />

Hinweis über sich selbst fort; wir können kein Wort mehr sprechen, ohne Metaphysik zu<br />

treiben, ohne zu transzendieren. Leben können wir nur über der Erfahrung, die uns zum Untergrund<br />

wird, wir dämmern und pflanzen, sind aber in reiner Erfahrung. Sie ist nichts als das<br />

noch kindlich-ängstliche Festhalten an den Sicherheiten des Dinglichen, ist träger Besitz und<br />

unlebendiges, unsozialistisches Privateigentum, sie ist das Nest der jungen Vögel, die noch<br />

nicht lernten zu fliegen. Es ist völlig tierisch, sich nur an das Gegebene zu halten, und feige<br />

dazu; dies nicht zu tun und es zu durchbrechen, ist einzig menschlich.<br />

Nun könnte man meinen, dass die Anbeter der reinen Erfahrung wenigstens in das Gegebene<br />

eine starke verständnisvolle Einsicht hätten. Doch dies kann nicht sein, da sie ja eben von<br />

dem höheren Sinn alles Gegebenen, seiner göttlichen Verwobenheit, seinem über sich hinausweisenden<br />

Charakter nichts wissen und das Höchste aller Wirklichkeit, den siderischen<br />

Drang in sich glutvoll über aller Welt zu verströmen, niemals erleben. Es bleibt ihnen alles<br />

Erlebte nur ein sinnloses Herausgerissenes, für sich Bestehendes, und selbst von solchen<br />

toten Trümmern bemerken sie nur solche, die am allerweitesten entfernt sind, ihre Ruhe<br />

irgendwie zu stören. Die Scheu vor dem überweltlich Riesenhaften des Erlebens verblendet<br />

sie so sehr, dass auch die Durchforschung des Erfahrungsreiches nichts als tendenziös materialistische<br />

Stümperei bleibt.<br />

Es ist ein närrischer Streit zwischen dem Lager des Empirismus und dem der Spekulation.<br />

Heilig ist uns das Gegebene, heilig das Denken. Doch wie wir den Verstand entthronen, da er<br />

ein weltliches Werkzeug ist und untüchtig als Führer in die Höhen, so ist uns noch mehr die<br />

Augenblicksbeobachtung mit den Tier-Sinnen ein Haften an der Tiefe. Doch dem Sichtigen<br />

ruhen beide, Erfahrung und Denken, im Überschwang des Göttlichen, beide sind, wenn wir<br />

sie nur mit dem überweltlichen Blick sehen, trunken vor Göttlichkeit. Erfahrung und Denken<br />

können uns weder Wege zur Transzendenz sein noch Hindernisse, doch in ihrer überseyenden<br />

Setzung und überweltlichen Bedeutung – nicht als die halbtierischen Funktionen –<br />

sind sie uns Pforten in die höheren Reiche. Wenn wir nun transzendieren, tun wir es weniger

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!