Siderische Geburt - Peter Godzik
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nicht, so werden wir nichts begreifen. Der erkenntnistheoretische Standpunkt ist nichts als<br />
uninteressierte Betrachtung; das Ding an sich, der Kadaver des Objektiven und seine Todesgrenze.<br />
Aber mannbar geworden, wollen wir die Welt stürmen und ändern, nicht nur betrachten.<br />
War alles schon da, noch nicht war siderische <strong>Geburt</strong>, und wer wagte es zu sprechen: weiche<br />
mir Welt! So tritt an Stelle des Professors der ritterliche Gottesheld, und wir kommen zu<br />
einem ganz neuen Verhalten den Tatsachen gegenüber, die nun wirklich zu Tatsachen werden,<br />
ja, jetzt eigentlich überhaupt erst zu einem Verhalten.<br />
Das Objektivste von allem ist das ganz Einzelne, denn es ist ganz draußen, am weitesten vom<br />
Subjektiven entfernt, am Ding, am Bedingten studieren wir Objektivität an der Quelle. Denn<br />
je mehr wir zum Allgemeinen schreiten, von Dingen zu Zuständen, Vorgängen, Gesetzen,<br />
umso mehr nähern wir uns dem Subjektiven. Je mehr wir vom Einzelnen, Losgelösten zum<br />
Verwobenen gelangen, umso mehr ist alles durchtränkt vom Ich. Was ist nun dieses Einzelne,<br />
was das Ding? Wir antworten: nimmermehr gibt es ein Einzelnes, ein Ding, das etwa gar<br />
noch auf ein absolutes Dahinter weist, auf eine koordinierte entsprechende Rückseite als<br />
Enträtselung, nein, jedes Einzelne, jedes Dinghafte weist auf das Ganze, ist verwoben mit<br />
dem All, ist das All. Indem wir ein Einzelnes, ein Ding, ein Objekt in uns vorfinden, ergeht<br />
damit an uns die Aufforderung, alle Tiefen und alle Höhen zu durchlaufen, aus denen es<br />
kommt und zu denen es geht, es weist nicht nur auf seine eigene Rückseite, sondern auf seine<br />
lange Geschichte, da es sich aus den Tiefen entfaltete und nun im Ich sich in alle Höhen<br />
löst, und immer weiter müssen wir das ganze All hinzuziehen, um auch nur das winzigste<br />
Einzelding zu verstehen. Es wächst sich jedes zum All aus und Allheit spricht aus jedem Objekt,<br />
das uns aufgezwungen ist. Es ist ein Jedes das ganze All in dieser Form der Scheide zwischen<br />
Höhe und Tiefe, denn das ist die Mission jeder Einzel-Dingheit, dass sie ein Umkehrpunkt<br />
ist.<br />
Was aus der göttlichen Umarmung entsendet ist und gesunken ist bis zur völligen Unfreiheit<br />
und Geführtheit, was alles Wertes und aller Bedeutung verlustig ist und als das Zufällige erscheint<br />
und nun erlöst werden will, um hinanzusteigen, das steht an der Scheide zwischen<br />
Höhe und Tiefe. Dort liegt ein Lumpen am Boden, doch warum gerade ganz so, warum genau<br />
in diesen Falten und dieser Lage? Das scheint das gänzlich Zufällige, nicht zufällig als Glied<br />
des Kausalen, aber zufällig dem Sinn, dem Wert der Bedeutung, der Allverwobenheit nach.<br />
Und dennoch rühren wir hier an die letzten Geheimnisse des objektiven Erscheinens. Zu solcher<br />
höchsten Vereinzelung, zu diesem Fetzen werden wir sprechen: Du Zufälliger, du Göttlicher,<br />
Abgeschiedener, du hilflos Stummer, gehe in mich ein, ich will dich erlösen. Denn je<br />
ferner von Gott, je unfreier, je entblößter an Wert und an Bedeutung, umso objektiver, wirklicher<br />
ist die Erscheinung, ja, das Gebiet des Objektiven ist nur das stumme, selbstlose Reich,<br />
das als das „Paragranum“ des Paracelsus, als „Übersame“, als Aufgabe in uns gelegt ist um<br />
der Umkehr, der Heimkehr und der Erlösung willen. Der schmale Saum, wo das Tiefe-Reich<br />
und das Höhe-Reich zusammenstoßen, wo sich Tiefe in Höhe kehren will, das ist Dingheit. Es<br />
ist diese Gegebenheit nur eine Reihe von Signalen, die uns Kunde geben von den Spannungszuständen<br />
der Unendlichkeit, jedes Ding ist ein Organ der Allheit. Es ist das Ding eine tiefere<br />
und höhere Funktion des Ich und erklärt sich nur durch die Schwinge-Tiefe und Jubel-Höhe.<br />
Nicht das Ding selbst ist das, was zwingt, es ist das uns höherwärts Aufgezwungene. Was uns<br />
als Ding und Objekt zwingend entgegentritt, fasst der gemeine Verstand noch nicht anders<br />
als dinghaft, sieht noch nicht im Ding das grenzenlose Werden, den Durchgangspunkt, den<br />
Samen, die Aufgabe, das stumme Flehen nach Erlösung und wie es ruht in Abgründen und in<br />
seinem höheren, unendlichen Überschwang. Er bleibt noch beim Ding-Punkt, beziehungslos,