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Siderische Geburt - Peter Godzik

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für einen Wert haben mag, das ist ja gerade das eigentliche Arbeitsfeld der Erkenntnistheorie.<br />

Doch alle diese Voraussetzungen und Fragen sind rein weltliche.<br />

Wenn wir auch erst mit Beschluss des Buches den „Welt“-Zustand völlig geschildert haben<br />

werden, so wissen wir doch schon, dass „Welt“ eben dieser mittlere, labile Gleichgewichtszustand,<br />

dieser Kampf von Objekt und Subjekt ist, wo die völlige Ding-Erdrücktheit zwar<br />

schon wich, doch göttlicher Überschwang und volle Freiheit erst erobert werden soll. Wir<br />

sahen, dass „Welt“ nur jener Arbeits- und Spannungszustand ist zwischen der Natur-Tiefe,<br />

die ganz unfrei im Todesabgrund endet, um dort aufgenommen zu werden von grenzenlosem<br />

Umarmen und dem Pleroma-Reich der Fülle und Vollendung, das in höchster Freiheit in<br />

tätigem seraphischem Umarmen gleichfalls über sich weist, Anfang und Ende so eingebettet<br />

im übergestaltlichen Reich göttlich seraphischer In-eins-Setzung und ewig kreisender Lebendigkeit.<br />

Also ist uns auch der weltliche Standort der Erkenntnistheorie nur einer unter vielen,<br />

und, wie wir sehen werden, der niedrigste – es ist die Betrachtungsweise unter dem Gesichtspunkt<br />

des Fressens.<br />

An Stelle der individualistischen Renaissance-Grundlage: „ich denke, also ich bin“, werden<br />

wir zum „ich gotte, also bin ich“ als Ausgang gelangen, denn das „ich denke“ ist noch weltlich,<br />

doch das „ich gotte“ greift über Ding und Ich und ist trunken vor Unendlichkeit. Die Beziehungen<br />

zwischen Subjekt und Objekt sind uns also keine festen, sondern mannigfach verschiebbar,<br />

ja der ganze Vorgang wird sich uns zu einem einzigen unteilbaren Subjekt-Objekt-<br />

Prozess verschmelzen, einem Prozess, der als Ganzes subjektiv und als Ganzes objektiv ist.<br />

Es hat Philosophen gegeben, die materialistisch-rückwärtsgewandt alles, auch das Menscheninnere,<br />

ins Objektive aufgelöst haben, bis in diesem verobjektivierten Bereich das Ich<br />

zu einem rätselvollen bloßen Zielpunkt zusammenschrumpfte, und die nach vorn gewandten<br />

Richtungen haben alles Gegebene mehr und mehr zu etwas Subjektivem gemacht, bis das<br />

Objekt in dem ganz unvollziehbaren inhaltslosen Grenzbegriff des Dinges an sich verschwand.<br />

Subjekt und Objekt sind nicht Hälften, die sich zum Ganzen zusammenfügen, sondern<br />

Standpunkte der Betrachtung. Schaue ich rückwärts, so verdichtet sich alles zum Objekt,<br />

vorwärts löst sich alles zum Subjekt. Verobjektiviere ich, so nähere ich mich dem dinghaft<br />

mechanischen Todesabgrund, und daher wird alles, auch das Geistige, zu logischmechanischen<br />

Kräften wie bei Hegel. Schreite ich zum Subjektiven, so belebt sich alles und<br />

endet schließlich in der Lebendigkeit des Selbst. Wir werden nun diesen Gang von Objekt zu<br />

Subjekt zurücklegen, aber wie das Ei des Insekts zur Larve wird, der endlich der Falter entfliegen<br />

muss, so werden wir alsbald über Ich und Geist hinwegfliegen müssen, wenn wir bei<br />

der vollendeten Subjektivität angelangt sind.<br />

Was ist nun Objektivität? Schon wenn wir sie als Zwang auffassen, haben wir den ersten<br />

Schritt getan, sie zum Subjektiven in Beziehung zu setzen und verloren schon die losgelöste<br />

in sich ruhende Objektivität. Doch können wir zur reinen Objektivität nicht dringen, da sie<br />

dem Tode gleichkäme. Es ist das „Ding an sich“ nicht nur ein schlecht gewählter Ausdruck, es<br />

ist in der Tat ein Dinghaftes in aller solcher Philosophie. Es ist der Wille Kants noch auf das<br />

Ding gerichtet. Es haften solche Erkenntnisse ängstlich noch ganz an dem Todes-Reich der<br />

Dinge als einziger Wirklichkeit und streben zum Ding an sich als dem innersten Geheimnis<br />

der Dinge, während wir ja dem Dinge-Reich entsteigen wollen, um das Rätsel zu lösen. Darum<br />

ist auch das Ziel aller niederen Metaphysik, die noch im Dinghaften befangen ist, das<br />

„Absolute“, das „Ding an sich“, uns aber geht es nicht um das Abgetrennte, Ausgeschiedene,<br />

sondern um höchste Verwobenheit, bis wir in seraphischer Glut durch die Pforte des Ich in<br />

die Gottheit hindurchbrechen. Das objektiv vom Ich Unabhängige ist die Weisheit aller derer,<br />

die ihr Ich nicht einsetzen wollen, die Erkenntnisse haben möchten, ohne sich selbst zu be-

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