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Siderische Geburt - Peter Godzik

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gänzlich Anderes, der Geist, aufleuchtete. Es soll alles heut „erlernt“ werden. Lebensführung<br />

und Schönheit, Moral und Mutterschaft, Erfinden und Schauen und Sehnsucht und Liebe,<br />

und lässt sich doch alles nimmermehr erlernen. Doch ein Fünkchen schon des Höheren, ein<br />

Tröpfchen des metaphysischen Öls brächte Ströme des Genialen auch über das Dümmste.<br />

Denn Genialität ist nichts als Göttlichkeit und Teilhaben an dem göttlichen Urschwang, und<br />

darum ist der gewöhnlichste Einfaltspinsel, der aber ein wenig echter und tiefer Religiosität<br />

in sich hat, so überaus viel erfreulicher als der allergescheiteste, aber unmetaphysische<br />

Mensch.<br />

So werden wir auch die großen ewigen Rätsel in der Welt, die großen Grundfragen, die so alt<br />

sind wie Welt und Mensch, niemals lösen, solange wir auf dem Boden „Welt“ stehen, und<br />

wenn wir Beobachten und Forschen noch so raffiniert gestalten, und Scharfsinn sich ins Unermessliche<br />

steigerte, wir kämen der Lösung keinen Schritt näher. Diese Rätselfragen sind<br />

Spannungszustände, die der Welt so notwendig innewohnen wie Verdauung und Atmung<br />

dem Leib, und Enträtselung kann nur kommen, wenn wir in siderischer <strong>Geburt</strong> der Welttiefe<br />

entsteigen. Niemals werden wir als Frucht des weltlichen Mühens „Wahrheit“ in weltlichen<br />

Händen anpacken, sondern um zu sehen, müssen wir durch siderische <strong>Geburt</strong> und metaphysische<br />

Tat den Weltbann zerbrechen und uns zum entschleierten Schauen hinbewegen, das<br />

nimmermehr zu uns hinabsteigt, wie der Ozean nicht zum Tropfen eingehen kann. Der überselige<br />

Urschwang hat keinen Platz in der Welt; er müsste dort zerstören und selbst ersticken,<br />

wo das Ding-Gesetz herrschen muss und das weltliche Seyn. Der seraphische Raum der<br />

Gottheit ist sein Ort. Es darf das hochheilige göttliche Leben nicht in Banden geschlagen werden<br />

durch seine Organe; das wäre der Urfrevel und Sünde gegen das geheiligte Drehungsgesetz<br />

des Kreislaufes, nach dem die Herrlichkeit das Erste und das Höchste zugleich ist. Wie<br />

die Säfte im Leib nicht in dieser oder jener Richtung fluten können, sondern nur in dem einen<br />

Sinn, der ein Höheres ist über dem Kreisen und sein Grund, so ist auch das ewige Schreiten<br />

von Natur zu Welt zu Pleroma diese Richtung, ein Höheres, Übergestaltliches, Umfassenderes,<br />

das Drehungsgesetz ist der Grund und der Überschwang seines eigenen Inhaltes<br />

und unterliegt nicht dem Seyn. Ich war Herz und Magen, Lunge und Niere, ich war Blut des<br />

Kreislaufes, doch nun soll ich alles und das Kreisen selbst werden, vom Glied zum All, das<br />

über dem wuchtenden Seyn in grenzenlosem Jubel schwingt. Das Tier fasst nicht mehr, als<br />

was in den Bauch, der Mensch nicht mehr, als was in den Kopf geht, doch wie Bauch und<br />

Kopf in Gott eingehen, fasst der siderisch Geborene, selbst erfasst von dem Außer-Sich-<br />

Seyenden Schwingen – vergottet. Denn dies ist Gott: kein vergrößerter despotischer Mann,<br />

sondern dass die Welt nicht um die Schwere, wohl aber um die Leichte, nicht um die trübe<br />

Tiefe, sondern um den überschwänglichsten Jubel rotieren soll. Nicht stillstehende Anbetung<br />

– – die heilige Raserei der siderischen <strong>Geburt</strong> ist die Religion der Zukunft. Nicht die philisterhafte<br />

nüchterne Enge der Augenblicksgegebenheit gibt uns Sicherheit, vor dem geöffneten<br />

Auge schwebt sie über Abgründen, die sie sogleich verschlingen werden; – sicherer tragen<br />

uns die phantastischen Flügel des siderischen Dranges, des Besten, was wir in uns haben, des<br />

Höchsten, was wir bei lebendigem Leibe erleben können, bis wir endlich übervoll grenzenlos<br />

liebesglühend hingegossen sein werden in vollendeter siderischer <strong>Geburt</strong> sternenhaft über<br />

alle Sterne.

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