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Siderische Geburt - Peter Godzik

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Sprache hat keine objektive Verbindlichkeit. Das Wortkleid verdeckt nur den Lebensleib in<br />

seiner herrlichen Nacktheit, hemmt nur, uns nackend in Gott zu stürzen. Die Worte sind keine<br />

Spiegelbilder oder Abbilder, die wahre Wurzel der Sprache ist in uns in unserer Gestaltungskraft<br />

und die Vorstufe zu jenem Übersprachlichen, jenem Pfingstgeist, der uns die Zunge<br />

geben wird, unsere hilflosen, verschwommenen Symbole zu Gestalter-Worten zu wandeln,<br />

zum „es werde“, das im Anfang bei Gott war. Der Sprache schwand der Boden unter<br />

den Füßen, so wie uns Irdischkeit zerrinnt und Göttlichkeit werden will. Nun hängt die Sprache<br />

im Himmel. Lange genug hörten wir die Moral vom festen Erdboden, doch wollen wir<br />

uns ganz und wirklich in allen Himmeln verlieren und werden niemals fester gestanden haben.<br />

Und erst wenn alles Sprechen von uns abfiel, werden wir recht deutlich die neue Sprache<br />

des Himmels erlernen. Daher ist es viel zu wenig, wenn wir sagen, jedes Wort in diesem<br />

Buche sei kosmisch gemeint, wir bleiben jedem stumm, der nicht vermag, unsere armseligen<br />

Zeichen in die überkosmische, in die schweigende transzendente Sprache zu übersetzen.<br />

Nun greifen wir zurück auf das tiefe Sinnbild unseres eigenen Leibes. Das Naturreich unter<br />

uns, das sind die Füße, die stehen, und die Gliedmaßen, die halten und packen. Die Welt, das<br />

ist der Leib mit seinem Kreislauf, seinem Herz, seiner Ernährung, Atmung und Fortpflanzung;<br />

das Pleroma aber ist der Kopf, der erschaut und alles leitet und leben macht. Das sind drei<br />

ganz verschiedene Prinzipien, doch meinen wir nicht, wie Empedokles, dass ein jedes Glied<br />

eine Selbständigkeit habe und für sich entstehen könne. Mit dem tausendjährigen Blick sehen<br />

wir – und nicht nur in diesem Bilde – schon in den Gliedmaßen das Leben des Leibes und<br />

im Leib den Kopf und darum auch in den Gliedmaßen den Kopf, und den Kopf nicht ohne<br />

Leib und Glieder. So ist das Pleroma kein Drittes neben Natur und Welt, sondern ein Höheres,<br />

das beide in sich aufnimmt, so dass sie nun darin erst recht zu ihrem ureigensten Seyn erwachen,<br />

so wie Glieder und Leib erst durch den Kopf ihr rechtes Leben gewinnen. Der Weltenleib<br />

will heut seinen lebendigen Kopf, aber mit diesem Pleroma-Kopf dringen wir weit über<br />

den Leib hinaus und erfassen Glieder, Leib und Kopf als Ganzes über den Teilen, wie es lebt<br />

in den grenzenlosen Meeren der Gottheit.<br />

Wie spürt der Weltenleib nun seinen Kopf? Was können wir erzählen von den himmlischen<br />

Reichen des Pleroma? Wie ragt es in die Welt hinein? Wir sahen, dass es der Welt ureigenstes<br />

Leben ist, dass sie die große Mutter ist und schwanger geht mit dem heiligen Geist. In<br />

diesem Kreißen ruht das Pleroma in der Welt auf seinen festesten Säulen. Doch werden wir<br />

noch mehr wissen, sobald wir erst sehen, wie diese Säulen der Welt sich in Flügel verwandeln;<br />

zuvor sprechen wir nur von den Reichen der Vollendung, soweit sie sich mitten unter<br />

uns in gebärender Kraft dräuend offenbaren. Welches also ist die <strong>Geburt</strong> der Welt? Es gibt<br />

nichts, das deutlicher und einfacher wäre! Die Geistigkeit. Noch halb überwältigt von Natur<br />

in ihrem physischen Gesetz, von der Bestie und der Sternentiefe und sehnsuchtsvoll gezogen<br />

über alle Widerstände in ungreifbare Fernen mächtiger als alle Sterne – das ist „Welt“. Und<br />

hierauf ruht das Pleroma: Über die Natur fort! Über den Körper, über den Leib! Bewege die<br />

Gestirne! Nicht uns in der Welt häuslich einzurichten, sondern Zersprengung der Welt lohnt<br />

einzig. Ich reifer Same sprenge die Hülse und keime.<br />

Welches nennen wir nun aber Körperlichkeit? Welches ist der große Götze, vor dem nicht<br />

etwa nur ein paar Theoretiker des Materialismus – nein, vor dem unsere ganze Zeit im Staube<br />

liegt; Körperlichkeit, die als der Inbegriff alles Wirklichen, als das einzig Sichere und Feste,<br />

ja überhaupt als das Einzige gelten will. Der reine Körper ist das völlig Tote. Das Körperreich<br />

ist beherrscht vom Gesetz des Todes, und der Tod waltet darüber als ein gestaltender Meißel.<br />

Das völlig Überwältigte, das völlig unfrei Geleitete und daher Mechanische, das ist der<br />

Körper. Tod und Begrenzung, Druck und Stoß, marmorne Plastik, das ist der Sinn der Körper-

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