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Siderische Geburt - Peter Godzik

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de weitet. „So einer zu diesem Fels spricht: hebe dich hinweg, und er glaubte daran, so würde<br />

sich dieser Fels ins Meer stürzen.“ Das ist mehr, als was in Tast und Fraß ist, das ist mehr<br />

als bloßes Spiegeln, das ist der Glaube, der stärker ist als „Welt“ und „Natur“ und der uns<br />

dahin stellt, wo uns mit einem Schlage blendende Erkenntnis wird, denn Erhebung ist alles,<br />

und also müssen wir es ausführen, den Blick in die Höhe zu richten und in die Tiefe, um erst<br />

dann zu erkennen, wie Höhe und Tiefe in unsere Wirklichkeit hineinragt.<br />

Wir sahen, dass es leichter ist, nach unten zu schauen als nach oben, denn die Tiefe zeigt<br />

uns, was wir bereits durchlebten. Und dennoch – gerade die Sumpfphilosophen, die uns als<br />

überlegenste Weisheit lehren, alles entsteht aus dem Niederen und vergeht wieder ins Niedere<br />

– gerade sie verstehen am wenigsten in die Tiefe zu schauen, denn nicht anders als von<br />

den Höhen öffnen sich die Abgründe. Sie erzählen mit zudringlichem Fleiß: Alles hat sich aus<br />

dem Niederen entwickelt und betonen immer nur „aus dem Niederen“, aber nichts wissen<br />

sie davon, dass es sich doch eben „entwickelte“ und damit alle Rätsel der Höhe gegeben<br />

sind. Den Blick in die abgründigen Tiefen werden wir erst gewinnen, sobald wir zur Natur das<br />

„Du“ und das „unter mir“ sprechen werden, wenn wir erkennen, dass wir ihr sind, was der<br />

Same dem Acker und ihr Herr und ihr Erlöser. Jedoch wollen wir dies alles erst deutlicher<br />

machen, wenn wir in den folgenden Kapiteln nochmals eingehender durchlaufen, was in<br />

diesem in den Hauptzügen gezeigt werden soll. Jetzt müssen wir zuvor versuchen, in die<br />

Höhe einzudringen, denn so gebietet es uns das hochheilige Drehungs-Gesetz des großen<br />

Kreislaufes oder das Gesetz der Herrlichkeit, und damit hat es diese Bewandtnis: Das Höhere<br />

geht allem Niederen voran und treibt es, die Herrlichkeit ist allem a priori und schafft es zuvor.<br />

Nicht die Mosaiksteinchen bauen das Bild in seiner Schönheit. Das Bild in seiner Schönheit<br />

leitet und lenkt zuvor die Steinchen, ja die Steinchen für sich sind nicht ohne das Bild.<br />

Welches jeweilig das Höhere, Vollendetere, Herrlichste ist, dies zieht und treibt den ganzen<br />

Kreislauf. Suchen wir drum Erleuchtung, so taugt es uns nicht zu ergreifen, was um uns und<br />

unter uns in Tast- und Fraß-Setzung, sondern uns zu weiten in siderischer <strong>Geburt</strong>, sternenhaft<br />

über allen Sternen, hinan zu den Reichen, die nicht seyend sind innerhalb der Tier-<br />

Wüste und nur ahnungsvoll kreißend wo noch „Welt“. Aber das höhere Reich, das der<br />

„Welt“ Vollendung ist – wir wollen es in freier Verwendung eines gnostischen Ausdrucks das<br />

„Pleroma“ 4 nennen, bedeutet nimmermehr die Verneinung der niederen Reiche, die es in<br />

seraphischer Glut in sich aufnimmt. Das tiefe Naturreich da unten, wie es da ruht im Chaos,<br />

die Welt inmitten, und das Pleroma in der Höhe, sie kreisen einen ewigen Kreislauf, sind wie<br />

drei Glieder, die in einem einzigen Organismus in eins gesetzt sind, sind wie Beine, Rumpf<br />

und Kopf. Ihr seht unter dem Mikroskop den Wurzelfüßer. Beraubt ihn seiner Füßchen, sie<br />

wachsen neu, und jedes Füßchen ergänzt sich zum ganzen Tier, sie sind sein eigentliches<br />

Wesen. Aber beim höheren Tier sind die Füße ganz untertan dem Rumpf, ja der Rumpf kann<br />

ihrer entbehren und doch leben, und uns sind Füße und Rumpf dem Kopf unterworfen und<br />

nur niedere Glieder seines Lebens. Es ist dies mehr als ein Gleichnis. Und gar erst dieses, vom<br />

Vater und vom Sohn, das uns stets begleiten wird. Wie da jedes Glied und jedes Reich dem<br />

anderen Vater und Sohn zugleich ist, ganz wie eines das andere entsendet oder darin kreist.<br />

Alles zusammen aber ist ganz heiliger Geist und Gottheit, und ist das tiefgründigste und allergewisseste<br />

von allem. Wollen wir daher den sichersten Ausgangspunkt gewinnen, so müssen<br />

wir immer und immer sprechen: ich gotte, also bin ich, oder auch: es gottet, also bin ich,<br />

denn dass es gottet, ist tausendmal sicherer und früher, als dass ich bin. Solcherweise revolutionär<br />

stellen wir im wahrsten Sinne alles auf den Kopf, so dass der Kopf nun alles trägt<br />

und nicht die Füße. Doch alle, die noch befangen sind in der Greife- und Fraß-Region des<br />

4 Pleroma = Fülle

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