Siderische Geburt - Peter Godzik

Siderische Geburt - Peter Godzik Siderische Geburt - Peter Godzik

25.05.2014 Aufrufe

106 schender Moment ist. Dort bewahrt sich alles, was je dem niederen Tode, dem Tode in Erfrorenheit, Wertelosigkeit und Stillstand entrissen ist. Und dies wollen wir einzig, dass alles, was je solchen Tod berühren musste der Gottferne wegen, diesem Schrecken wieder entsteigt. Alles, was es auch sei, Himmel und Erde, Herrlichkeit und selbst Erfrorenheit und wir selbst, sollen zu Organen des göttlichen Schwingens, zu Teilen des überseligen Schwinge- Schwangs werden, nichts mehr soll bei sich selbst, sondern alles Gott-Flamme sein und alle Fülle unverlöscht Gottes seraphischer Besitz. Denn dies bedeutet, dass der niedere Tod wohl ein innerer Schwerpunkt des Kreisens ist, aber nimmermehr das Kreisen in ihm zur Ruhe kommen kann. Alles, Schwere und Leichte, Höhe und Tiefe, Mensch und Natur und Vollendung, ein Organ der Gottheit, das heißt, nichts anderes, als dass ein Jedes seinen höchsten Sinn gewinnen kann in Gottgemeinschaft, heißt Ewigkeit göttlicher Steigerung. Nichts anderes können wir wünschen, denn wenn auch aus allem Einzelnen sternenhafter Drang uns ewig weiter hinaustreibt, wenn wir auch alles ewig als unzulänglich verlassen müssen, das Ganze des Kreisens ist höchste Herrlichkeit. Zuletzt ist nichts als ungegründetes überselig berauschtes Sich-Ausgießen, die Gottheit kreist zuletzt um abgrundtiefe Heiterkeit. Das göttliche Schwingen und also der tiefste Sinn von allem, das Geheimnis, das in allem verschlossen ist, ist zuletzt nichts als grenzenloser unerfasslicher Jubel. Was das Herrlichste ist, das ist das Wahrste, das Siegreichste. Gottheit ist der Sturmhauch der Schönheit und Unendlichkeit, der alles verwehen und alles aufkeimen macht, das Göttliche Über-Sich- Schaffende Schwingen ist eine Liebessonne, vor der alles dunkle zuletzt in seligem Glanze seiner Unendlichkeit erstrahlt. Sie ist überschwänglichster Jubel, all unsrer Weisheit letzter Schluss. Doch die höchste überschwänglichste gewaltigste Umarmung der Liebesglut ist für uns wie ein Zermalmen. Vor der höchsten Verkörperung der Liebe vermag ich nicht mehr zu leben, alles Leben hat mich. Was können mir noch die ärmlichen Glückseligkeiten der Enge bedeuten, da ich in heiliger Armut, arm an Ding und arm an Geist, über Ding und Geist in höchster Lebendigkeit schwebe und mich bade in Jubel. Da hemmt nichts mehr meine wütende Raserei, dass ich den mystischen Tod erleide und mich ausgieße in siderischer Geburt, sternenhaft über alle Sterne.

107 VII. Die Taufe der Tat Nun wollen wir die Tat aus der Taufe heben. Was ist es, das am Eingang der Tat steht, was sollen wir tun, um siderische Geburt zu beginnen? Wir sollen die transzendente Freude tun! Niemals ward eine Lehre verkündigt, die leichter zu erfüllen ist; wir sollen uns zuvor freuen. Freuen über die zermalmende Liebe, die in uns eindringen will, freuen über unsere endlose Wanderung durch ewig-junge neue hyazinthne Gefilde, freuen, dass wir uns ins Grenzenlose seraphisch weiten sollen, freuen, dass wir ewig sind, freuen, dass wir Gott sind. Die transzendente Freude ist nichts als Teilhaben am überseligen göttlichen Schwingen, ist ein Jubel, der an meinen Gliedern reißt wie höllisches Feuer, ist eine Lust, die mich so toll berauscht, dass sie mich stärkt, in einem einzigen Überschwang mich durch alle Weiten auszugießen. Doch wie kann ich die ungeheure Tat wirken, die den Atem stocken macht, wenn ich mich nicht zuvor freue. Das wäre, als sagte ich dem Stummen, singe, oder dem Krüppel, wehre Dich. Ohne die überweltliche Freude kann nichts sein als kraftlos gequälte, unwahre Askese. Doch wollen wir nicht quälen, sondern heilen und in Freiheit überquellend taten. Auch ist der lebendige Gott kein Verbieter, sondern ein Beleber. Darum ist der transzendente Jubel, der in uns einziehen muss, die Taufe aller höheren Tat. Nimmermehr kann in keuscher, heiliger Armut sein, wer nur entbehrend verlässt, ohne Neues zu gewinnen, nicht kann ich mich selbst und alle Welt aus ihren Grundfesten herausreißen, wenn nicht der Jubel des Höheren mich bis zum Überlaufen erfüllt hat. Niemand, der uns bis hier gefolgt ist, wird nun etwa glauben, dass wir also den Genuss predigten und Lust als Höchstes anstrebten. Die heilige Armut, die überpersönliche seraphische Liebestat sind polare Gegensätze des Genießens. Der Genuss, der in der Periode der Ichbildung nötig war, ist der Urfrevel im Weltabstieg, denn Weltabstieg ist Ich-Lösung, der Weltlauf ist Ich-Entkörperung, Lösung und Entkörperung nicht in Fäulnis, sondern in milder, selig-lösender Verstrahlung. Niemals darf das kleine Ich, das nicht dem Tode verfallen will, im Genuss ausruhen, und kein größerer Urfrevel wäre denkbar, als wenn gar die hohe, die transzendente Freude in das niedere Ich einströmte, wenn das Ich, das den göttlichen Jubel verspürte, sich nun in seiner Enge in diesem Jubel sonnte und mit der Kraft dieses Jubels weltlich weiter leben wollte. Es wäre der Urtod. Die göttliche Freude ist nicht ein Behagen, das uns das Welthaus wohnlich macht, sondern eine zersprengende Lust, und nichts anderes als Taufe der Tat sollte die transzendente Freude sein, doch nicht Taufe des Todes. Nicht aus Nöten will uns die transzendente Freude in satter Behäbigkeit erlösen, denn die Nöte sind höchste Heilsgüter und die göttliche Freude ist höchste zersprengende Not, sondern sie will uns nur bereiten, die überweltliche Tat zu wirken. Nicht mehr können mir ärmliche „Paradiese“ genügen, keinerlei „Inhalte“ meine Seele beleben, und seien sie noch so herrlich, sondern einzig die siderische Kraft in mir ist mein Paradies, einzig die Feuertaufe der Freude über meine unendliche Sendung, meine gelöste Liebeswanderung und liebende Allverwobenheit. Mag auch die Welt, die uns heut zu enge ward, scheinbar noch so fest stehen, sie weicht der siderischen Berserkerkraft, die gewaltiger ist als alle Ekstasen, die je waren. Die Kraft der siderischen Geburt ist die neu entdeckte Kraft, die an Stelle der Naturkräfte tritt. Siderische Geburt soll Fraß und Tod und endlich alle Nahrung ersetzen, der sternenhafte Schwang will nun sein, wo sich die Kraft der Rasse, des Leibes, der Triebe und der Naturtiefen erschöpft. Diese Synthese von Welt und Gott und Tat, diese neue Kraft, die mit sorgenloser Beschwingtheit und ahnungsvoll-gelöstem Jubel anhebt, sie ist das unerhörte Ereignis der Gegenwart, die Revolution aller Revolutionen, ein Neues, wie es schlechthin noch niemals war. Mit der transzendenten Freude beginnen die neuen, die siderischen Erlebnisse, die sternenhaft abgründig über alle Erlebnisse der Person, der Dinghaftigkeit und Enge hinausgreifen. In der ahnenden transzendenten Freude, die uns selig krampft, künden sich die Wehen und die jubelnden Grenzenlosigkeiten siderischer Geburt. Es packt uns urplötzlich die unerhörte Einsicht, wir brauchen nicht zu verzweifeln. Über allem Ewig-Alten und Ewig-

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VII. Die Taufe der Tat<br />

Nun wollen wir die Tat aus der Taufe heben. Was ist es, das am Eingang der Tat steht, was sollen<br />

wir tun, um siderische <strong>Geburt</strong> zu beginnen? Wir sollen die transzendente Freude tun! Niemals<br />

ward eine Lehre verkündigt, die leichter zu erfüllen ist; wir sollen uns zuvor freuen. Freuen über<br />

die zermalmende Liebe, die in uns eindringen will, freuen über unsere endlose Wanderung durch<br />

ewig-junge neue hyazinthne Gefilde, freuen, dass wir uns ins Grenzenlose seraphisch weiten<br />

sollen, freuen, dass wir ewig sind, freuen, dass wir Gott sind. Die transzendente Freude ist nichts<br />

als Teilhaben am überseligen göttlichen Schwingen, ist ein Jubel, der an meinen Gliedern reißt<br />

wie höllisches Feuer, ist eine Lust, die mich so toll berauscht, dass sie mich stärkt, in einem einzigen<br />

Überschwang mich durch alle Weiten auszugießen. Doch wie kann ich die ungeheure Tat<br />

wirken, die den Atem stocken macht, wenn ich mich nicht zuvor freue. Das wäre, als sagte ich<br />

dem Stummen, singe, oder dem Krüppel, wehre Dich. Ohne die überweltliche Freude kann nichts<br />

sein als kraftlos gequälte, unwahre Askese. Doch wollen wir nicht quälen, sondern heilen und in<br />

Freiheit überquellend taten. Auch ist der lebendige Gott kein Verbieter, sondern ein Beleber.<br />

Darum ist der transzendente Jubel, der in uns einziehen muss, die Taufe aller höheren Tat. Nimmermehr<br />

kann in keuscher, heiliger Armut sein, wer nur entbehrend verlässt, ohne Neues zu<br />

gewinnen, nicht kann ich mich selbst und alle Welt aus ihren Grundfesten herausreißen, wenn<br />

nicht der Jubel des Höheren mich bis zum Überlaufen erfüllt hat.<br />

Niemand, der uns bis hier gefolgt ist, wird nun etwa glauben, dass wir also den Genuss predigten<br />

und Lust als Höchstes anstrebten. Die heilige Armut, die überpersönliche seraphische Liebestat<br />

sind polare Gegensätze des Genießens. Der Genuss, der in der Periode der Ichbildung nötig war,<br />

ist der Urfrevel im Weltabstieg, denn Weltabstieg ist Ich-Lösung, der Weltlauf ist Ich-Entkörperung,<br />

Lösung und Entkörperung nicht in Fäulnis, sondern in milder, selig-lösender Verstrahlung.<br />

Niemals darf das kleine Ich, das nicht dem Tode verfallen will, im Genuss ausruhen, und kein<br />

größerer Urfrevel wäre denkbar, als wenn gar die hohe, die transzendente Freude in das niedere<br />

Ich einströmte, wenn das Ich, das den göttlichen Jubel verspürte, sich nun in seiner Enge in diesem<br />

Jubel sonnte und mit der Kraft dieses Jubels weltlich weiter leben wollte. Es wäre der Urtod.<br />

Die göttliche Freude ist nicht ein Behagen, das uns das Welthaus wohnlich macht, sondern eine<br />

zersprengende Lust, und nichts anderes als Taufe der Tat sollte die transzendente Freude sein,<br />

doch nicht Taufe des Todes. Nicht aus Nöten will uns die transzendente Freude in satter Behäbigkeit<br />

erlösen, denn die Nöte sind höchste Heilsgüter und die göttliche Freude ist höchste zersprengende<br />

Not, sondern sie will uns nur bereiten, die überweltliche Tat zu wirken. Nicht mehr<br />

können mir ärmliche „Paradiese“ genügen, keinerlei „Inhalte“ meine Seele beleben, und seien<br />

sie noch so herrlich, sondern einzig die siderische Kraft in mir ist mein Paradies, einzig die Feuertaufe<br />

der Freude über meine unendliche Sendung, meine gelöste Liebeswanderung und liebende<br />

Allverwobenheit. Mag auch die Welt, die uns heut zu enge ward, scheinbar noch so fest stehen,<br />

sie weicht der siderischen Berserkerkraft, die gewaltiger ist als alle Ekstasen, die je waren. Die<br />

Kraft der siderischen <strong>Geburt</strong> ist die neu entdeckte Kraft, die an Stelle der Naturkräfte tritt.<br />

<strong>Siderische</strong> <strong>Geburt</strong> soll Fraß und Tod und endlich alle Nahrung ersetzen, der sternenhafte<br />

Schwang will nun sein, wo sich die Kraft der Rasse, des Leibes, der Triebe und der Naturtiefen<br />

erschöpft. Diese Synthese von Welt und Gott und Tat, diese neue Kraft, die mit sorgenloser<br />

Beschwingtheit und ahnungsvoll-gelöstem Jubel anhebt, sie ist das unerhörte Ereignis<br />

der Gegenwart, die Revolution aller Revolutionen, ein Neues, wie es schlechthin noch niemals<br />

war. Mit der transzendenten Freude beginnen die neuen, die siderischen Erlebnisse, die<br />

sternenhaft abgründig über alle Erlebnisse der Person, der Dinghaftigkeit und Enge hinausgreifen.<br />

In der ahnenden transzendenten Freude, die uns selig krampft, künden sich die Wehen<br />

und die jubelnden Grenzenlosigkeiten siderischer <strong>Geburt</strong>. Es packt uns urplötzlich die<br />

unerhörte Einsicht, wir brauchen nicht zu verzweifeln. Über allem Ewig-Alten und Ewig-

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