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Siderische Geburt - Peter Godzik

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Formen kleiden, die in jedem Pinselstrich ein apokalyptisches Vergehen und Verrauschen<br />

aller Endlichkeit ahnen lassen und im alltäglichsten Ding seine Allverwobenheit in Tiefen und<br />

Höhen andeuten. Darum ist die Kunst, die von allen Künsten am reinsten göttliche Form ist,<br />

die Musik, erst so spät zu bemerkenswerter Höhe gelangt. Darum wird die rationalistische<br />

Überschätzung von Drama und Theater in unserer Zeit überwunden werden. Die neue Kunst<br />

ist formende Tat der Schönheit. Die Schönheit aber ist unter den Urgeheimnissen eins von<br />

den letzten. Schönheit ist die Form, in der die Gottheit und das göttliche Schwingen ruht, es<br />

ist das Schauen der Gottheit und der Zielpunkt alles Schwingens. In Schönheit ist alles göttliche<br />

Leben in Eins gesetzt, in Schönheit allein kann alles in sich selbst ruhen. Doch weil<br />

Schönheit über aller Welt und der Welt Grund ist, spottet sie aller Erforschung, lässt sich<br />

nicht aus Weltlichkeiten erklären. Ganz und gar aber wollen wir hier nicht das frivole Spiel<br />

einer ästhetischen Welterklärung geben. Dies Buch ist eine einzige große Absage an solche<br />

Anschauung, denn dies wollen wir ja zeigen, dass im weltlichen Innen nimmermehr schon<br />

ewige Ruhe sein kann, sondern nur die Ruhe des Todesnullpunktes, der ein Moment ist von<br />

unendlich kleiner Vergänglichkeit. Und Frevel und Todessturz war uns jede Hemmung<br />

hyazinthner Wanderung. Im Inneren der Welt ist die ästhetische Betrachtung nichts anderes<br />

als die unseraphische, mechanische, die entwertet, nur betrachtet, tastet, greift, und zu<br />

nichts verpflichtet. Also ist dies Ästhetentum nicht etwa beschränkt auf ein Häuflein von<br />

Jünglingen, die in durch und durch unechten Schein-Ekstasen sich erschlaffenden süßlichen<br />

Stimmungen hingeben – es würde uns nicht lohnen, hierüber viel Worte zu machen –, die<br />

ästhetische Weltauffassung ist vielmehr die gleiche wie die Todesweisheit des Mechanismus<br />

und der Fraßsetzung. Doch für das neue Denken, das nicht begreift, sondern unbegreiflich<br />

macht, thront die göttliche Schönheit als urheiligstes Mysterium untastbar.<br />

An Stelle der absoluten Gegebenheit ist völlige Verborgenheit getreten, die nur durch lebendige<br />

Taten, nicht durch Greif-Wissen aufgehoben werden kann. Gottheit ist eben das Ewignicht-Gegebene,<br />

vor der das Gegebene verweht, so will es das Wort Gottes: „Nicht siehet<br />

mich der Mensch und lebet länger“. Der Gottesbeweis ist wie aller Beweis etwas für feige<br />

Philister, die nicht teilhaben an dem, was ihnen bewiesen werden soll und niemals bewiesen<br />

werden kann, die nichts erleben über der Dinglichkeit. Nimmermehr kann Gottheit schamlos<br />

entschleiert werden, sondern muss durch den Glauben erobert sein, der stärker ist als alle<br />

Widersprüche. Daher ist Zweifel der Urverrat an allem Weltsinn, ein Judaskuss, der ganzen<br />

Welt gegeben.<br />

Wir waren ausgegangen von der Tat der siderischen <strong>Geburt</strong>, und Taten war unser Ziel. Das<br />

ganze göttliche Kreisen war uns nichts als ewige siderische <strong>Geburt</strong>, ewiges Entheben und<br />

Hinüber-Schwingen und Umarmen der Fülle, die aus dem Ewigen-nur-Einmal entspringt.<br />

Diese unendliche siderische <strong>Geburt</strong> aller Allheit, die auch jede Einzelheit innen unablässig<br />

verjüngt und steigert, war das Höchste, was wir erleben können. Der neue Gott war nicht<br />

nur bloßer Hort der Schwachen, sondern überquellende Kraft und Tat, die höchste Setzung<br />

in der Alles ruht, denn ohne das Höchste kann nichts sein, Gott war uns die persönliche Gestaltung<br />

der siderischen Setzung, das Urpersönlichste, wenn auch ganz Überpersönliche,<br />

Überindividuelle. Nicht ein totes absolutes Seyn, diese dinghafte Ärmlichkeit, sondern berauschte<br />

Fülle und ewig steigernde Tat ist Gottes Inhalt, Vernichtung der Trägheit, der Urrevolutionär,<br />

daher auch alle ungöttliche Revolution schnell in Philistertum fällt. Gottheit<br />

war die letzte Erklärung aller Dinge und alles Geschehens in Natur und Welt und Pleroma,<br />

denn die siderische Enthebung und das Kreißen der siderischen <strong>Geburt</strong> war der Grund für<br />

alles Werden, und siderische <strong>Geburt</strong> ist die Gottheit selbst als das ewig schöpferische selige<br />

Hinüber. Nun, da uns die Welt zu enge ward, vergehen wir vor Sehnsucht nach solcher sternenhaften<br />

Tat. Es ist für immer vorbei mit allem, was Ding ist, mit allem was Gedanke, was

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