Pilot und Flugzeug Ausgabe 2011/09
Pilot und Flugzeug Ausgabe 2011/09
Pilot und Flugzeug Ausgabe 2011/09
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Archivauszug<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
Erstellt für: Interessenten Oshkosh-Flug 2012<br />
Seiten: 29<br />
Zur freien Verwendung<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> ist ein unabhängiges Fachmagazin für engagierte <strong>Flugzeug</strong>halter <strong>und</strong> <strong>Pilot</strong>en von Singles, Twins,<br />
Turboprops <strong>und</strong> Businessjets. Es erscheint monatlich <strong>und</strong> beschäftigt sich primär mit der Allgemeinen Luftfahrt in Europa.<br />
Herausgeber:<br />
Airwork Press GmbH<br />
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Heft <strong>2011</strong>/<strong>09</strong> • ISSN 0175-0143<br />
€ 6,60 • USD 7.90 • CHF 12,80<br />
D 4910 E<br />
www.pilot<strong>und</strong>flugzeug.de<br />
EASA will Luftraum F<br />
abschaffen<br />
Chance oder Killer für kleine IFR-Plätze?<br />
Reportage:<br />
Historie: 100 Jahre Morane Saulnier Socata<br />
<strong>Pilot</strong> Training: IFR ohne Alternate?<br />
Flug nach Oshkosh
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Kurztrip nach<br />
Oshkosh<br />
Vier <strong>Pilot</strong>en charterten Ende Juli<br />
unsere Cheyenne, um sich einen<br />
langgehegten Traum zu erfüllen:<br />
Selber mal nach Oshkosh fliegen! Was<br />
auf der AERO in Friedrichshafen als<br />
„wilde Idee“ begann, entwickelte sich zu<br />
einem ausgesprochen schönen Kurztrip,<br />
der neben Nordatlantik, Grönland <strong>und</strong><br />
dem AirVenture auch noch echte Twin-<br />
Schulung, eine CPL-Prüfung <strong>und</strong> diverse<br />
Sight-Seeing-Ausflüge beinhaltete. Wie<br />
einfach das alles in einer Turboprop mit<br />
Druckkabine zu bewerkstelligen ist, beeindruckte<br />
dabei nicht nur unsere vier<br />
<strong>Pilot</strong>en.<br />
Der folgende Artikel gibt einen Überblick<br />
über die flugbetrieblichen Aspekte <strong>und</strong><br />
Kosten einer solchen Reise.<br />
8 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
9
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Das Schöne am Fliegen mit dem eigenen<br />
<strong>Flugzeug</strong> ist bekanntlich, dass man so flexibel<br />
ist. Was im Friedrichshafen als wilde<br />
Idee am Messestand von <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong><br />
begann, entwickelt sich in den darauffolgenden<br />
Wochen zu einem ernsthaften Reiseplan.<br />
Als Margot <strong>und</strong> Wolfgang, beide leidenschaftliche<br />
Flieger, Halter einer DR400 <strong>und</strong><br />
einer historischen Piper PA-16, erwähnten,<br />
in diesem Jahr endlich einmal nach Oshkosh<br />
fliegen zu wollen, lag der Vorschlag auf der<br />
Hand: „Warum fliegt Ihr nicht selber hin?“ „Mit<br />
der DR400 kaum zu schaffen“, war die nicht<br />
ganz von der Hand zu weisende Antwort.<br />
„Da könnten wir helfen!“ Auf dem sprichwörtlichen<br />
Bierdeckel wurden die Parameter<br />
für einen Flug mit der Cheyenne durchgerechnet:<br />
Reisezeit, Kosten, Zuladung. Als<br />
erfahrener IFR-<strong>Pilot</strong> mit Type-Ratings für<br />
Metroliner <strong>und</strong> King Air würde die Cheyenne I<br />
für Wolfgang keinerlei Probleme bereiten.<br />
Etwas „kostenintensiv“ war die Sache zu<br />
zweit allerdings schon, weshalb die beiden<br />
Oshkosh-Flieger auf die Suche nach weiterem<br />
Cockpit-Personal gingen. Unter der<br />
Überschrift „Wer fliegt mit nach Oshkosh?“<br />
bot auch <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> Plätze an, das<br />
Echo war überwältigend, was nicht nur zwei<br />
Mitflieger, sondern auch bis 2013 ausverkaufte<br />
Oshkosh-Trips in den kommenden<br />
Jahren bescherte.<br />
Am Kaffeetisch in Siegerland wurde die<br />
Sache dann besiegelt. Mit von der Partie<br />
waren außer Margot <strong>und</strong> Wolfgang noch<br />
Reiner Meutsch, der sich nach seiner<br />
Welt umr<strong>und</strong>ung 2010 kaum noch von der<br />
Cheyenne trennen kann, <strong>und</strong> Onni, ein erfahrener<br />
IFR- <strong>und</strong> MEP-Fluglehrer mit vielen<br />
Kontakten <strong>und</strong> Erfahrung in den USA,<br />
der ebenfalls schon lange von einem solchen<br />
Trip träumte.<br />
Mit 41 St<strong>und</strong>en Flugzeit für das „Oshkosh-<br />
Taxi“ von Siegerland nach Wisconsin würden<br />
die Flugkosten inkl. Safetypilot <strong>und</strong><br />
Treibstoff ca. 34.000 Euro betragen. Macht<br />
pro Person etwa den Gegenwert einer 14-tägigen<br />
Kreuzfahrt, nur dass in unserem Fall<br />
fünf Kapitäne <strong>und</strong> keine Paxe an Bord sein<br />
werden.<br />
Entsprechend wurde die Reiseplanung durch<br />
diverse Abstecher erweitert. Reiner wollte<br />
gerne auf dem Rückweg über New York fliegen<br />
<strong>und</strong> dann dort aussteigen, Onni möchte<br />
Station in Providence, Rhode Island, machen,<br />
wo Fre<strong>und</strong>e von ihm eine Flugschule<br />
betreiben, <strong>und</strong> Wolfgang würde bei der<br />
Gelegenheit noch schnell seinen standalone<br />
US-Multiengine-CPL machen, natürlich auf<br />
der Cheyenne, da hat er dann ja Übung!<br />
Nur Margot hat keine Extrawünsche, sie<br />
möchte einfach nach Oshkosh, dabei entspannt<br />
im Flieger sitzen, fotografieren <strong>und</strong><br />
„einen Plug für’s Headset“ – lässt sich einrichten!<br />
Am Montag, den 25. Juli, geht’s dann endlich<br />
los. Jan Brill sitzt als Safety auf dem rechten<br />
Sitz, Reiner, Wolfgang <strong>und</strong> Onni wechseln<br />
sich als <strong>Pilot</strong>en ab. Mit fünf Personen<br />
mussten wir uns beim Gepäck ziemlich einschränken,<br />
auch komplett volltanken ist bei<br />
dieser Beladung nicht mehr empfehlenswert,<br />
wir haben allerdings immer noch eine<br />
Reichweite von über 1.000 NM.<br />
Die erste Strecke geht nach Wick (EGPC),<br />
wie eigentlich immer auf dem Weg über<br />
den Nordatlantik. Wir fliegen quer über die<br />
Nordsee, London-Mil hilft uns im unkontrollierten<br />
Luftraum beim Slalom r<strong>und</strong> um<br />
die militärischen Übungsgebiete. Wir beginnen<br />
im Cockpit eine Reihe: Fröhliches<br />
10 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Den ersten Abend der Reise verbringen wir<br />
in Reykjavik. V.l.n.R.: Reiner, Jan, Onni <strong>und</strong><br />
Wolfgang. Das berühmte Hotel Loftleitdir wurde<br />
vor Kurzem gr<strong>und</strong>überholt <strong>und</strong> ist nun etwas<br />
schicker, Flieger bekommen aber auf Wunsch<br />
nach wie vor ein Zimmer mit Blick auf das<br />
<strong>Flugzeug</strong>.<br />
Dienste-Raten. Das geht etwa so: Wie üblich<br />
wird man als IFR-Verkehr im unkontrollierten<br />
Luftraum in England gefragt, welchen<br />
Service man wünscht. Gr<strong>und</strong>sätzlich stehen<br />
vier Dienste zur Auswahl:<br />
• Basic Service: Eine Art FIS, aber<br />
ohne Verkehrsinformationen<br />
• Traffic Service: FIS mit<br />
Verkehrsinformationen<br />
• Deconfliction Service: Traffic-<br />
Service, bei dem der Lotse aber auch<br />
Vektoren <strong>und</strong> Ausweichempfehlungen<br />
gibt (Flug sollte IMC-rated sein).<br />
• Procedural Service: Eine Art<br />
Deconfliction Service „Gold“, bei dem<br />
der Lotse ganze Routenvorschläge<br />
macht, also weiträumig Routen,<br />
Headings <strong>und</strong> Höhen zuweist.<br />
Das von uns entwickelte Cockpit-Spiel besteht<br />
nun darin, dass der <strong>Pilot</strong>-non-Flying<br />
(PnF), der funkt, wenn er von ATC gefragt<br />
wird „what service do you require?“ sich einen<br />
Dienst aussucht, nur um dann von ATC<br />
zu erfahren, dass dieser Dienst nicht zur<br />
Verfügung steht. Das Spiel geht maximal<br />
über drei R<strong>und</strong>en, dann landet man beim<br />
Basic Service. Für jedes britische „Sorry,<br />
XY-Service not available, what Service would<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
11
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Vollständiges Triplog der Reise mit Flug-, Block- <strong>und</strong> Betriebszeiten (in UTC). Für den Hinweg benötigten<br />
wir knapp 20 Flugst<strong>und</strong>en, mit den Abstechern <strong>und</strong> Umwegen sowie der CPL-Prüfung war<br />
der Rückweg dann zwanzig Prozent länger. Es zeigt sich aber, dass mit einem <strong>Flugzeug</strong> jenseits 200<br />
Knoten die Strecken nach Amerika merklich erträglicher werden. Früh aufstehen <strong>und</strong> zu nachtschlafender<br />
Zeit ins Hotelbett fallen ist auf einem solchen Trip nicht mehr nötig.<br />
you like?“ gibt’s einen Punkt. Das Ganze hat<br />
etwas vom dem Restaurant, das zwar eine<br />
Riesen-Speisekarte aushängt, aber am Ende<br />
doch nur Schnitzel braten kann.<br />
680 Trackmiles, 3:25 St<strong>und</strong>en Flugzeit <strong>und</strong><br />
vier „Service-Punkte“ später landen wir in<br />
Wick bei Andrew, dem quirligen Schotten,<br />
der zu einer Atlantiküberquerung gehört wie<br />
12 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Position-Reports <strong>und</strong> Eisberge. Die Cheyenne<br />
hat auf diesem Flug 808 Liter Jetfuel gebraucht,<br />
kosten wird uns das in Wick inkl.<br />
Gebühren 1.037 Euro. Die Betriebszeit betrug<br />
3:35 St<strong>und</strong>en, das sind typische Werte<br />
für die kleine Twin-Turboprop: 230 Liter pro<br />
St<strong>und</strong>e sind ein konstanter Verbrauchswert<br />
für längere Flüge zwischen FL200 <strong>und</strong> FL250.<br />
Wick ist regnerisch, trüb <strong>und</strong> mit tiefen Untergrenzen.<br />
Alles andere hätte uns aber auch<br />
enttäuscht! Andrew ist busy, er hat heute jede<br />
Menge Verkehr abzuarbeiten, einige davon<br />
ebenfalls auf dem Weg nach Oshkosh. Die<br />
meisten Namen <strong>und</strong> Kennzeichen, die auf den<br />
im Far-North-Büro verstreuten Flugplänen<br />
zu lesen sind, kennt man – viele davon aus<br />
dem Leserkreis von <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong>. Der<br />
Nordatlantik ist zwar groß, aber fast alle treffen<br />
sich in Wick oder Reykjavik. Bei zwei<br />
Maschinen, die wir später in Reykjavik (BIRK)<br />
sehen, liegt unser Nordatlantik-Guide gelesen<br />
<strong>und</strong> mit Notizen versehen im Cockpit.<br />
Das freut natürlich!<br />
Weiter geht’s nach Island. Zu sehen ist von<br />
der Insel heute leider nichts, Reykjavik hat<br />
aber passables Wetter <strong>und</strong> wir können sogar<br />
einen Visual Approach auf den w<strong>und</strong>erschönen<br />
Flugplatz der Hauptstadt machen.<br />
Das Hotel Loftleitdir hat umgebaut, heißt jetzt<br />
„Natura“, ist etwas schicker geworden, gibt<br />
aber nach wie vor an <strong>Pilot</strong>en die Zimmer mit<br />
„Aussicht auf’s <strong>Flugzeug</strong>“ heraus. Wir bleiben<br />
nur eine Nacht, es zieht uns nach Oshkosh.<br />
Die Begrüßung am Frühstückstisch am<br />
nächsten Tag wird zur Reisetradition: „Good<br />
morning Captain“, „Good morning Captain“,<br />
„Good morning Captain“ <strong>und</strong> „Good morning<br />
Captain“. Die anderen Gäste schauen<br />
leicht entsetzt. Wir sind entspannt <strong>und</strong><br />
in Urlaubsstimmung.<br />
Von der hektischen Überführung des <strong>Flugzeug</strong>s<br />
im Dezember 20<strong>09</strong> einmal abgesehen<br />
fliegt der Autor zum ersten Mal mit der<br />
Cheyenne auf der Nordatlantik-Route. Im<br />
Vergleich zu den vielen Überquerungen in<br />
Kolbenflugzeugen ohne Druckkabine fällt<br />
diese Art der Fliegerei ausgesprochen leicht.<br />
Üppige Reichweitem von über 1.000 NM,<br />
Wettertauglichkeit <strong>und</strong> Speeds um 220<br />
Knoten lassen den Urlaubsaspekt in den<br />
Vordergr<strong>und</strong> treten. Keine Verhandlungen<br />
mehr mit der Hotelrezeption, ob’s das Frühstück<br />
nicht vielleicht doch schon um 5:00 Uhr<br />
gibt, keine verschwitzten Klamotten wegen<br />
des Rettungsanzuges <strong>und</strong> eine deutlich geringere<br />
körperliche Belastung im Vergleich<br />
zu den Flügen ohne Druckkabine sind die<br />
wesentlichen Unterschiede.<br />
Verhandlungen über<br />
dem Eismeer<br />
Nach ausgiebigem Frühstück machen wir uns<br />
um 9:00 Uhr auf den Weg. Durchgehende<br />
Bewölkung unter uns verhängt leider den<br />
grandiosen Ausblick auf die grönländische<br />
Ostküste. Außerdem müssen wir uns etwas<br />
mit Reykjavik-Control beschäftigen. Etwa auf<br />
halbem Wege möchte man uns von FL220<br />
auf FL180 tieferlegen, <strong>und</strong> das obwohl unsere<br />
Oceanic-Clearance, die man in BIRK immer<br />
schon am Boden bekommt, ausdrücklich<br />
FL220 vorsah. Sowas wird mit der Turboprop<br />
zum Problem, denn die um 4.000 ft geringere<br />
Flughöhe macht für uns über eine ganze<br />
Tankfüllung schon eine um 130 NM geringere<br />
Reichweite aus, hinzu kommt, dass<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
13
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
wir es mit einem starken Südostwind zu<br />
tun haben, der ab FL200 gerade mal weit<br />
genug nach Osten drehte, um eine geringe<br />
Rückenwindkomponente zu entwickeln.<br />
Ein Flug in FL180 kann hier leicht eine<br />
Gegenwindkomponente bedeuten. Daher<br />
zunächst einmal die Antwort: „Unable lower,<br />
due to fuel.“ Unser Alternate Paamiut (BGPT)<br />
ist 140 NM von Narsarsuaq entfernt, wir haben<br />
keinen Sprit zu verschenken, vor allem<br />
nicht aufgr<strong>und</strong> unserer Zuladung. Dann ein<br />
neuer Vorschlag von Reykjavik: Wir könnten<br />
ja für 30 Minuten mitten über dem Eismeer<br />
Holdings fliegen oder zurück nach BIRK. Das<br />
ist schon etwas dreist, <strong>und</strong> kaum hilfreich.<br />
Also auch „unable, due to fuel“.<br />
Meine Mitflieger w<strong>und</strong>ern sich etwas darüber,<br />
dass ich überhaupt eine ATC-Anweisung ablehne.<br />
Ich erkläre: „Die Dame sitzt bequem im<br />
warmen Büro <strong>und</strong> wir sitzen 22.000 ft über<br />
der Straße von Dänemark mit einer 10.000 ft<br />
hohen Eiswüste voraus. It’s our ass!“<br />
Natürlich möchte man ATC entgegenkommen,<br />
aber nicht blindlings. Also hole ich<br />
von Sondrestrom das aktuelle Wetter für<br />
Narsarsuaq <strong>und</strong> Paamiut sowie die TAFs<br />
ein. Das Wetter ist gut, der Spread hoch, die<br />
Wahrscheinlichkeit eines Ausweichens zum<br />
Alternate extrem gering <strong>und</strong> unser Verbrauch<br />
geringer als veranschlagt. Also kann ich einige<br />
Minuten später FL180 akzeptieren.<br />
Verhandlungen über dem Eismeer. Der Bitte<br />
von Reykjavik ATC, unseren Level von FL220<br />
auf FL180 zu ändern, konnten wir erst entsprechen,<br />
nachdem Wetterreports eingeholt<br />
waren <strong>und</strong> klar war, dass ein Ausweichen zum<br />
Alternate Paamiut sehr unwahrscheinlich ist.<br />
Nicht nur, dass in FL180 unser spezifischer<br />
Verbrauch um ca. 12% höher ist als in FL220,<br />
auch der Wind, der gerade erst ab FL200 auf<br />
eine Rückenwindkomponente gedreht hatte,<br />
kann einem die Reichweite nehmen (oben).<br />
Genau rechnen <strong>und</strong> die Sicherheit des eigenen<br />
Fluges vor blinde ATC-Folgsamkeit stellen ist<br />
in dieser Region wichtig. Man befindet sich<br />
nämlich ziemlich auf sich gestellt in einer der<br />
unwirtlichsten Gegenden auf diesem Planeten.<br />
Sich zu behaupten <strong>und</strong> die eigene Lage nicht<br />
durch übermäßiges Entgegenkommen an<br />
ATC zu verschlechtern ist gerade über dem<br />
Nordatlantik extrem wichtig. Schließlich sind<br />
wir in BIRK mit einer Oceanic-Clearance für<br />
FL220 gestartet. Der Nordatlantik ist eine<br />
ziemlich unbarmherzige Weltgegend, wenn<br />
das Wetter sich von der hässlichen Seite<br />
zeigt. ATC hat es dort fast nur mit gewerblichen<br />
Crews zu tun, der Grad der Fürsorge<br />
ist also überschaubar. Also in solchen Fällen<br />
immer erstmal rechnen, Informationen einholen,<br />
überlegen <strong>und</strong> dann – wenn’s safe<br />
zu machen ist – natürlich dem Wunsch von<br />
ATC entsprechen.<br />
14 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Anflug auf Narsarsuaq (BGBW). Bei schönem Wetter ist das<br />
alles kein Problem. Wer aber in IMC nach „Bluie West One“<br />
fliegt, der sollte die Anflugkarte ganz genau studieren <strong>und</strong><br />
sich u.a. die Bemerkung „remain within 12 DME arc“ einprägen.<br />
Denn kurz dahinter lauern die Berge, die an dieser<br />
Stelle deutlich höher sind als die Flughöhe im Verfahren!<br />
Dazu gibt es keine Radarunterstützung, man fliegt IFR im<br />
unkontrollierten Luftraum <strong>und</strong> ohne jede Radar-Surveillance.<br />
Das Minimum für dieses Verfahren beträgt 1.500 ft bei einem<br />
Missed Approach Climb Gradient von 6,0%. Das macht bei der<br />
Cheyenne knapp 700 fpm bei V Y . Auch erfahrene Grönland-<br />
Flieger lassen von diesem Platz bei unter 2.000 ft Ceiling<br />
die Finger.<br />
Oben: In unserem Fall fehlte es nicht an wachsamen Augen<br />
im Cockpit! Ein Anflug nach BGBW ist immer interessant.<br />
Narsarsuaq<br />
Für die 667 NM nach Narsarsuaq brauchen<br />
wir 3:14 St<strong>und</strong>en Flugzeit. Verbraucht haben<br />
wir 838 Liter. Erst kurz vor dem Platz lichtet<br />
sich der Undercast <strong>und</strong> wir bekommen<br />
wenigstens einen Ausschnitt der grandiosen<br />
Landschaft geboten. Den NDB DME-1<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
15
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Anflug über das NA-Beacon erledigt Onni.<br />
Voraus geht ein ausgiebiges Briefing <strong>und</strong><br />
reifliche Überlegung, wie wir uns von unseren<br />
FL180 zunächst auf die 8.900 ft MSA 25<br />
NM von NA herunterschaffen <strong>und</strong> dann auf<br />
die 3.100 ft zum Final Approach Fix kommen.<br />
Hier gibt es nämlich weder Radar noch<br />
Standard-Arrival. Alles unkontrolliert, der <strong>Pilot</strong><br />
ist komplett allein verantwortlich, vom Eiskap<br />
<strong>und</strong> von anderen <strong>Flugzeug</strong>en frei zu bleiben.<br />
Auch hier bewährt sich die Cheyenne. In 25<br />
NM schafft man es dank der riesengroßen Propeller<br />
bremsen leicht von FL180 auf 9.000 ft,<br />
nerviges Fliegen im Racetrack in IMC über<br />
dem NA NDB kann also entfallen. Auch das<br />
restliche Sinkflugprofil ist mit der Turboprop<br />
leicht zu schaffen. Klares Wetter unterhalb<br />
von 9.000 ft verschafft uns einen Eindruck,<br />
wie eng man hier auf dem Anflugverfahren<br />
an den Bergen vorbei fliegt. Nichts für Leute,<br />
die im IFR-Handwerk unsicher sind.<br />
Auf dem Boden in BGBW „Bluie West One“<br />
(Narsarsuaq) läuft alles wie am Schnürchen.<br />
Eigentlich wollten wir hier übernachten, aber<br />
das Wetter ist gut <strong>und</strong> das AirVenture ruft.<br />
Außerdem haben die vier Captains heute<br />
einfach Lust zu fliegen! Also weiter! Wir tanken,<br />
geben einen Flugplan nach Goose Bay<br />
auf <strong>und</strong> arrangieren die Einreise telefonisch<br />
mit Canpass, der kanadischen Zollbehörde.<br />
Läuft alles total easy, fast wie ein Flug von<br />
Dortm<strong>und</strong> nach Rügen, nur eben mit wesentlich<br />
mehr Eisbergen.<br />
Wir sind in Nordamerika! Goose Bay erleben<br />
wir bei 27 Grad <strong>und</strong> strahlendem Sonnenschein.<br />
Die kanadische Einöde präsentiert sich blühend<br />
<strong>und</strong> glitzernd wie im National Geographic, nur<br />
der Treppenhaus-Eisbär im Hotel North verrät,<br />
dass es hier auch ganz anders ausshen<br />
kann. Unten: Die üblichen kleinen ges<strong>und</strong>en<br />
Fleischmahlzeiten in dieser Gegend ...<br />
Während der nette Flugplatzchef mit dem<br />
Office-Netzwerk kämpft, schwätzen wir noch<br />
etwas mit der Crew einer dänischen 737 die<br />
auf dem Vorfeld steht <strong>und</strong> im Liniendienst aus<br />
Kopenhagen kommt. Der Anzahl der Koffer<br />
nach zu schließen dürfte der Betreiber froh<br />
16 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
sein, die erste Sitzreihe verkauft zu haben.<br />
Da muss man kein Wirtschaftsweiser sein,<br />
um sich den Deckungsbeitrag auszumalen.<br />
Offensichtlich möchte man das nach<br />
Unabhängigkeit strebende Grönland von<br />
Kopenhagen aus mit dem Subventionstopf<br />
bei Laune halten.<br />
Ein total ereignisloser Flug über die Davis-<br />
Straight nach Goose Bay endet bei strahlendem<br />
Sonnenschein <strong>und</strong> 27 Grad (!) nach<br />
3:25 St<strong>und</strong>en Flugzeit auf dem ehemaligen<br />
Militär flughafen in Labrador. Nach zweieinhalb<br />
Tagen sind wir in Kanada. Ziemlich lässig.<br />
Der Autor, obwohl schon mehrmals in<br />
Goose Bay gelandet, erlebt beim Rollen am<br />
Boden den kompletten Orientierungsverlust<br />
– ohne 2 Meter hohe Schneewände auf dem<br />
Vorfeld kenne ich mich einfach nicht aus!<br />
Für die Abfertigung wählen wir Woodward,<br />
das ist die FBO, die auch Avgas vorhält, wir<br />
brauchen zwar kein Avgas mehr, aber eine<br />
gewisse Loyalität hat sich über die Jahre entwickelt,<br />
<strong>und</strong> Woodward bietet auch dieses<br />
Mal einen erstklassigen Service. Reiner organisiert<br />
ein Hotel, wir versorgen den Flieger<br />
<strong>und</strong> stellen die kanadischen Grenzbeamten<br />
zufrieden, dann sind wir noch am Nachmittag<br />
im Hotel North <strong>und</strong> stellen schockiert fest,<br />
dass die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung<br />
in Goose Bay schnell ausgeschöpft sind.<br />
Ich bereite für den nächsten Tag unsere<br />
Einreise in die USA vor, fülle eAPIS-Formulare<br />
aus <strong>und</strong> faxe Pässe <strong>und</strong> Visa bereits<br />
vorab an die Grenzstation in Green Bay,<br />
wo wir einreisen werden. Darum hatte der<br />
Stationschef gebeten, damit es angesichts<br />
der vielen Oshkosh-Besucher etwas zügiger<br />
geht.<br />
Wolfgang fliegt am nächsten Tag das 900<br />
NM lange Leg von Goose Bay (CYYR) nach<br />
North Bay (CYYB), wo wir nochmal tanken<br />
wollen, um dann in die USA einzureisen. Auf<br />
dem Flug über die kanadische Einöde erledigen<br />
wir Theorieunterricht in Vorbereitung auf<br />
die US-CPL-Prüfung, was die Frage aufwirft,<br />
ob Gro<strong>und</strong>-School, die in der Luft gegeben<br />
wird, eigentlich noch als Gro<strong>und</strong>-School in<br />
den Ausbildungsnachweis eingetragen werden<br />
darf.<br />
In North Bay ist wenig los <strong>und</strong> der Sprit<br />
mit knapp zwei Dollar pro Liter teuer, eine<br />
AFIS-Stelle, die ständig Pseudo-Freigaben<br />
austeilt, lässt heimische Gefühle aufkommen,<br />
<strong>und</strong> nach weniger als einer St<strong>und</strong>e<br />
sind wir auf dem Weg nach Green Bay. Eis,<br />
500 ft Overcast <strong>und</strong> Regen erinnern die<br />
fünf Kapitäne daran, dass ein Flug nach<br />
Nordamerika nicht nur aus Gruppenfotos <strong>und</strong><br />
gemütlichen Abendessen besteht. In Green<br />
Bay müssen wir aufgr<strong>und</strong> der marginalen<br />
Wetterbedingungen einen LOC-Backcourse<br />
fliegen, was bei uns ja bekanntlich „verboten“<br />
ist. Reiner wird das vom linken Sitz aus erledigen,<br />
der Autor funkt <strong>und</strong> in der Kabine liest<br />
man eifrig das Handbuch für den KFC-250<br />
Autopiloten, denn keiner der five Captains<br />
weiß aus dem Kopf, wie man diesen zu einem<br />
Coupled-Backcourse-Approach überredet<br />
– Vermutungen haben wir aber alle reichlich!<br />
Zum Glück ist der aus der Lektüre des<br />
Handbuchs resultierende Erkenntnisgewinn<br />
beträchtlich <strong>und</strong> ersetzt unsere Vermutungen<br />
bald durch Gewissheit.<br />
Tatsächlich setzt Reiner die Cheyenne nach<br />
einem echten „Approach to Minimums“<br />
gegen 13:00 Uhr Ortszeit in Green Bay auf,<br />
wir sind auf die Minute pünktlich für die<br />
Abwicklung der Einreise, was uns aber nichts<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
17
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
nützt, da die etwas überforderten Grenzer<br />
noch am Hafen mit einem Schiff beschäftigt<br />
sind.<br />
Wir tanken in der Zeit schonmal, erhalten<br />
telefonisch die Erlaubnis, auszusteigen <strong>und</strong><br />
uns die Beine zu vertreten. Der Stationschef<br />
kommt eine halbe St<strong>und</strong>e später <strong>und</strong> entschuldigt<br />
sich sehr höflich, die Einreise klappt<br />
dann zügig <strong>und</strong> ohne Probleme.<br />
Slots <strong>und</strong> kurzer Dienstweg<br />
Wir haben allerdings ein Problem. Das Wetter!<br />
Bei 400 bis 600 ft Untergrenzen <strong>und</strong> Sichten<br />
unter zwei Meilen ist an eine Weiterreise VFR<br />
nicht zu denken. Green Bay (KGRB) liegt ca.<br />
40 NM nördlich von Oshkosh. Unsere gesamte<br />
Logistik ist aber ab Appleton (KATW)<br />
18 NM nördlich von Oshkosh organisiert.<br />
Margot <strong>und</strong> Wolfgang sind dort mit der<br />
German Historic Flight Fo<strong>und</strong>ation verabredet,<br />
unser Hotel <strong>und</strong> unsere Mietwagen<br />
warten dort. Appleton gehört aber zusammen<br />
mit Fond du Lac <strong>und</strong> natürlich Oshkosh<br />
zu den drei Event-Fields, die für die Dauer<br />
des AirVentures IFR-slotkoodiniert sind. VFR<br />
kann man fliegen, wann man möchte, aber<br />
für IFR braucht man eine Reservierung. Die<br />
ist jetzt natürlich nicht mehr zu bekommen.<br />
Ich rufe beim Wachleiter des Towers in<br />
Appleton an, schließlich sitzen wir nur 20<br />
NM entfernt. „Tons of traffic – jets and showplanes.<br />
It’s crazy out here“, ruft dieser etwas<br />
gestresst ins Telefon. Dann: Ob wir uns „benehmen“<br />
könnten. „Soll heißen?“ „160 knots,<br />
short approach, no low-fuel-crap and are<br />
you familiar with the field?“ Konnte ich zum<br />
Glück alles bejahen! „CAN DO, we’ll get you<br />
in. File your flightplan, and when the briefer<br />
asks you for your slotnumber, just tell’em I<br />
said ok!“ Meine Antwort: „Ok, will do! Your<br />
name, Sir?“ „I’m the boss. The traffic manager.<br />
That‘ll do!“<br />
Tatsächlich gelang es mir, mit diesen „Non-<br />
Standard-Instructions“ einen IFR-Plan aufzugeben.<br />
Meine Antwort auf die Frage des<br />
Briefers nach dem Slot („the boss said<br />
ok“) führte zwar zu einigen Rückfragen am<br />
Telefon, schlussendlich ist der Boss aber offensichtlich<br />
wirklich der Boss <strong>und</strong> wir hatten<br />
einen Flugplan!<br />
Dreizehn Minuten Flugzeit später landen wir<br />
in Appleton, einem netten Ausweichflugplatz<br />
für Oshkosh, wo wirklich jeder Quadratmeter<br />
für parkende <strong>Flugzeug</strong>e genutzt wird.<br />
Zum AirVenture!<br />
Eigentlich hatten wir für den nächsten Tag<br />
geplant, nach Oshkosh zu fliegen, aufgr<strong>und</strong><br />
des anhaltend trüben Wetters nehmen wir<br />
von diesem Plan jedoch Abstand. Das war<br />
vielleicht auch besser, denn am Mittwoch-<br />
Abend hatten Margot <strong>und</strong> Wolfgang erstmal<br />
eine schwere Party zu überstehen, zu der<br />
German-Historic-Flieger Thomas Endriss von<br />
der Münchner Rück engeladen hatte. Dass<br />
man auf einer echten Oshkosh-Inn-Party ist,<br />
weiß man spätestens dann, wenn Harrison<br />
Ford ganz lässig mit einem Bier in der Hand<br />
vor einem steht <strong>und</strong> Fliegergeschichten erzählt.<br />
Die nach dieser Nacht etwas kleinen Augen<br />
wurden dann am Donnerstag-Morgen wieder<br />
deutlich größer, denn trotz trüben Wetters<br />
war für diesen Tag der erste Besuch des<br />
18 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Der erste Abend in Oshkosh:<br />
Bei der VIP-Party mit Live-<br />
Musik sind die Vertreter<br />
der German Historic Flight<br />
Fo<strong>und</strong>ation fest am Ball.<br />
Plötzlich taucht Harrison<br />
Ford auf!<br />
AirVentures (mit dem Auto) geplant. 19:47<br />
St<strong>und</strong>en Flug zeit haben wir seit Sieger land<br />
zurückgelegt, 21:36 St<strong>und</strong>en Betriebszeit<br />
liegen hinter der Cheyenne, unsere<br />
Kalkulation auf 41 St<strong>und</strong>en insgesamt<br />
dürfte also halb wegs hinkommen.<br />
Nach Angaben des Veranstalters EAA waren<br />
nach rückläufigen Besucherzahlen in den<br />
letzten Jahren in diesem Jahr erstmals wieder<br />
mehr Besucher am Lake Winnebago als<br />
im Vorjahr. R<strong>und</strong> 500.000 Menschen pilgern<br />
alljährlich nach Wisconsin, mehr als 10.000<br />
<strong>Flugzeug</strong>e landen während des AirVentures<br />
auf dem Wittman Regional Airport (KOSH).<br />
R<strong>und</strong> 800 Aussteller sind sicher nicht rekordverdächtig,<br />
aber das AirVenture bleibt mit<br />
Abstand die größte Fachmesse für General<br />
Aviation, auch wenn einige große Namen,<br />
wie z.B. Diamond, in diesem Jahr nicht in<br />
Oshkosh vertreten waren.<br />
Was jeden Besucher sofort erschlägt, ist<br />
die schiere Größe der Show! Workshops,<br />
Vorträge, Ausstellungen, ein historisches<br />
WWII History-Dorf, Unmengen historischer<br />
<strong>Flugzeug</strong>e, die oft mindestens soviel über<br />
die Leidenschaft ihrer Besitzer erzählen wie<br />
über die Geschichte der Luftfahrt, <strong>und</strong> natürlich<br />
Flugvorführungen, die man zusammen<br />
mit einer halben Million Gleichgesinnter genießen<br />
kann, sind ein Cocktail, dem sich der<br />
Besucher nur schwer entziehen kann.<br />
Margot, Wolfgang, Reiner <strong>und</strong> Onni besuchten<br />
eine Veranstaltung mit „Sully“<br />
Sullenberger, dem Kapitän des glücklich im<br />
Hudson River notgewasserten Airbus A320.<br />
Er <strong>und</strong> sein First Officer standen geduldig<br />
Rede <strong>und</strong> Antwort <strong>und</strong> hatten sogar noch<br />
Zeit für ein paar Erinnerungsfotos.<br />
Am Nachmittag bew<strong>und</strong>erten wir die Airshow,<br />
wie immer reichlich patriotisch, aber auch<br />
außerordentlich unterhaltsam.<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
19
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Auch das ist Oshkosh! Liebevollst<br />
restaurierte historische<br />
<strong>Flugzeug</strong>e wie diese Luscombe<br />
11A Silvaire Sedan aus dem Jahr<br />
1948 verraten mindestens soviel<br />
über die Leidenschaft der<br />
Eigner wie über die Historie des<br />
Fliegens.<br />
Mit dem Auto ging es zurück<br />
nach Appleton, für<br />
den nächsten Tag war<br />
störungsfreies Flugwetter<br />
angesagt, dann würde es also ernst werden<br />
mit dem Anflug auf das AirVenture. Am<br />
Abend trafen wir während des sehr netten<br />
Abend essens mit der German Historic Flight<br />
Gruppe einen der leibhaftigen Towerlotsen<br />
von Oshkosh. Mit Begeisterung erzählte er<br />
uns von den flugbetrieblichen Aspekten des<br />
Massenbetriebs <strong>und</strong> betonte immer wieder:<br />
„We‘re here to get you guys in!“<br />
Mit der Cheyenne<br />
auf dem FISK-Arrival<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich hat man mit der Cheyenne die<br />
Wahl. Man kann den „Warbird and Turboprop“-Arrival<br />
fliegen oder sich ganz normal<br />
mit dem Fliegervolk in den legendären FISK-<br />
Arrival einspulen. Beides führt einen in die<br />
Platzr<strong>und</strong>e zu den Betriebspisten 36/18 L<br />
20 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
<strong>und</strong> R <strong>und</strong> 27/<strong>09</strong>. Wir entscheiden uns für<br />
den FISK-Arrival – ist Kult <strong>und</strong> gehört zur<br />
Pilgerfahrt dazu. 90 Knoten sind mit der<br />
Cheyenne jedoch nicht zu machen, weshalb<br />
wir die „Ebene 2“ in 2.300 ft mit 135 Knoten<br />
wählen. Onni wird heute den Anflug machen.<br />
Es ist reines VFR-Fliegen angesagt, wir haben<br />
keine Wegpunkte ins GPS eingegeben,<br />
nichts soll unsere Augen im Cockpit halten.<br />
Nach dem Start in Appleton heißt es zunächst<br />
warten. Der Dreamliner ist gerade gelandet,<br />
solange wurden die Arrivals unterbrochen,<br />
<strong>und</strong> nun arbeitet Oshkosh Arrival erstmal die<br />
Warteschleife über dem Rush Lake ab. Wir<br />
kreisen in 2.300 ft irgendwo über dem sonnigen<br />
morgendlichen Wisconsin. Als die Rush<br />
Lake Hold ausgeräumt ist, werden die anderen<br />
<strong>Flugzeug</strong>e aufgefordert, nach RIPON<br />
zu fliegen, um sich dann „along the railway<br />
line“ in eine lange Perlenschnur auf dem<br />
Weg nach FISK einzureihen. Darin liegt das<br />
Geheimnis des Arrivals. Das Geheimnis dieser<br />
Verfahren: Die Anflugsequenz wird weit<br />
draußen vorgefertigt, sodass die Karawane<br />
dann nur noch schön hintereinander „single<br />
file“ zum Flugplatz <strong>und</strong> auf die Bahn fliegen<br />
muss.<br />
Als wir FISK erreichen, werden wir zur Piste 36<br />
geschickt. Im Gegensatz zu früheren Jahren,<br />
wo ich mit Twin Comanche oder kleineren<br />
Singles unterwegs war, fällt das „rock your<br />
Auch bei Regen interessant: Vorträge <strong>und</strong> Workshops<br />
gehören fest zum Programm in Oshkosh. Legenden<br />
wie Bob Hoover, Burt Rutan oder (hier) „Sully“<br />
Sullenberger stehen dem fliegenden Publikum<br />
Rede <strong>und</strong> Antwort.<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
21
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Der Patriotismus kommt bei solchen Airshows nicht<br />
zu kurz: Zu Beginn der Flugvorführungen wird die USamerikanische<br />
Flagge zur Boden getragen. Deutsche<br />
Besucher schauen sich das immer etwas skeptisch<br />
an.<br />
Mitte: Coole Jungs in coolen Fliegern. Die Armed<br />
Forces nutzen eine Plattform wie das AirVenture<br />
für PR <strong>und</strong> Nach wuchs werbung. Unten: Die rüstigen<br />
Damen sind übrigens die Vorgängerinnen des<br />
schneidigen Herrn mit der Sonnenbrille. Es handelt<br />
sich bei den Damen um WASP-<strong>Pilot</strong>innen die während<br />
des 2. Weltkriegs US-Kampfflugzeuge flogen!<br />
wings“ mit der Cheyenne jedoch etwas gemächlicher<br />
aus. Bei 135 Knoten erinnert ein<br />
Flächenwackeln mit der 4-Tonnen-Twin eher<br />
an eine besoffene Milchkuh. Der Lotse hat’s<br />
aber verstanden. Im Base-Leg werden wir auf<br />
die 36R geschickt, einem zur Runway umgewidmeten<br />
Taxiway. Die Sequenz ist aber<br />
zu eng, eine vorausfliegende Bonanza wird<br />
immer größer, wir machen einen Go-Aro<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> gehen in die Rechtsplatzr<strong>und</strong>e, wofür<br />
sich ATC auch prompt bedankt. Wichtig ist<br />
es, hier genau zu wissen, was man im Falle<br />
eines Go-Aro<strong>und</strong>s zu tun hat, denn links ist<br />
22 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
die Piste 36L <strong>und</strong> dann das Fluggebiet für<br />
die Ultralights, die natürlich auch noch fliegen<br />
in Oshkosh!<br />
Im zweiten Versuch werden wir aufgefordert,<br />
uns hinter eine Yak zu klemmen. Nur leider<br />
sehe ich das Ding nicht! Verflucht! Nichts<br />
zu machen. Wir fliegen wieder auf die 36R<br />
an, diesmal ist es eine Formation von drei<br />
oder vier RVs, die im Fenster größer wird.<br />
Nur Sek<strong>und</strong>en vor dem zweiten Go-Aro<strong>und</strong>,<br />
vielleicht noch 50 ft über dem Boden, kommt<br />
die Anweisung: „Twin on final, change to 36L<br />
and put it down at the numbers.“ Onni erledigt<br />
den resultierenden Swing-Over mit vollen<br />
Klappen <strong>und</strong> Fahrwerk routiniert <strong>und</strong> setzt die<br />
Cheyenne wie gewünscht an der Schwelle<br />
auf. Jetzt heißt es erstmal tief durchatmen.<br />
Wir rollen ab, inzwischen laufen schon wieder<br />
massenhaft Abflüge auf der Piste 36L,<br />
<strong>und</strong> lassen erstmal Margot raus, denn sie<br />
muss dringend zu einem Termin mit den 99s.<br />
Die wirklich fantastischen EAA-Leute von<br />
denen eine Einwinkerin zufällig auch Deutsch<br />
spricht, machen all das möglich. Sie lotsen<br />
Margot durch die Flightline zum Veranstaltungs<br />
gelände, schleusen uns durch die<br />
50 auf den Abflug wartenden Maschinen <strong>und</strong><br />
machen all das so fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> selbstverständlich,<br />
als ob sie nichts anders zu tun<br />
hätten, als einer verschwitzten Cheyenne-<br />
Crew aus Siegerland, die falsch abgebogen<br />
ist, mal schnell den Weg quer über’s<br />
AirVenture freizuräumen.<br />
Nachdem Margot auf dem Weg ist, lassen<br />
wir also wieder an <strong>und</strong> rollen 30 Minuten<br />
auf die Nordseite. 30 Minuten Taxi wären<br />
sonst wohl für jeden der „four captains“ eine<br />
Nervenprobe, 30 Minuten Taxi quer über’s<br />
AirVenture vergehen aber wie im Fluge <strong>und</strong><br />
werden zum fotografischen Hochgenuss.<br />
Man muss jedoch festhalten, dass eine<br />
Cheyenne mit Blueline bei 110 Knoten schon<br />
ziemlich das Maximum dessen ist, womit<br />
man sich in Oshkosh noch ins Getümmel<br />
stürzen kann. Mit einem noch schnelleren<br />
<strong>Flugzeug</strong> sollte man dann in jedem Fall den<br />
Turboprop/Warbird-Arrival oder einen IFR-<br />
Slot wählen.<br />
Viele Bekannte in Oshkosh!<br />
Kaum auf der Nordseite bei Orion FBO angekommen,<br />
traf unsere Cheyenne schon auf<br />
einige Bekannte. Eine 200er King Air, die in<br />
EDFZ nur wenige Meter entfernt steht, war<br />
ebenfalls nach Oshkosh geflogen. Wir trafen<br />
auch eine Caravan aus Siegerland, an Bord<br />
waren Bekannte von Reiner <strong>und</strong> – was für<br />
ein Zufall – Gerd Wengler, der schon 20<strong>09</strong><br />
unsere gesamte Oshkosh-Leserreise über<br />
den Great Lakes im Funk antraf.<br />
Tatsächlich hatte es eine Anzahl von <strong>Flugzeug</strong>en<br />
aus Deutschland in diesem Jahr nach<br />
Oshkosh gezogen: Die Mooney D-EDDN war<br />
über den Atlantik geflogen, die Schweizer<br />
Cheyenne II XL von Peter Kappeler machte<br />
auf ihrer Weltumr<strong>und</strong>ung in Oshkosh Station<br />
<strong>und</strong> sogar eine Schweizer Jodel stand stolz<br />
in einem Hangar am Nordende. Wie die wohl<br />
nach Wisconsin gekommen ist? Wir sollten<br />
es in einigen Tagen erfahren ...<br />
Den Tag verbrachte dann jeder wieder ganz<br />
nach eigenen Interessen, unsere Crew traf<br />
sich erst am Abend wieder für den Rückflug<br />
nach Appleton. Dieser ging von der Piste 27<br />
zügig vonstatten, einfach ein freies Heading<br />
zwischen 270 <strong>und</strong> 360° wählen <strong>und</strong> unterhalb<br />
von 1.300 ft MSL aus der Kontrollzone<br />
ausfliegen. Was für ein Spaß! Das machen<br />
wir morgen gleich nochmal!<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
23
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Am Samstag ist dann Wolfgang mit Fliegen<br />
dran. Etwas weniger Verkehr, aber dafür die<br />
Piste 18, die ein recht enges Manövrieren<br />
in Bodennähe <strong>und</strong> einen sehr kurzen Final<br />
bedeutet. Ich bespreche den Anflug <strong>und</strong><br />
bereite Wolfgang darauf vor, dass eine für<br />
Turboprops etwas ungewöhnliche Platzr<strong>und</strong>e<br />
vor ihm liegt. Wichtig ist bei den beiden letzten<br />
Kurven in Bodennähe: Sauber (= koordiniert)<br />
fliegen <strong>und</strong> auf die Speed achten. Mehr<br />
kann man eh’ nicht machen ...<br />
Tatsächlich werden wir nicht enttäuscht: Im<br />
Downwind auf die 18 fliegen wir auf ATC-<br />
Anweisung innen an einer PA28 vorbei, dann<br />
das Kommando: „Turn base NOW“ <strong>und</strong> wir<br />
befinden uns querab des Turms im Queranflug.<br />
Es folgt die Endanflugkurve, begleitet<br />
von aufmunternden ATC-Anweisungen wie<br />
„twin, keep it tight there ...“. Dabei sollte man<br />
sich möglichst nicht daran stören, dass während<br />
man in der Endanflugkurve 50 ft über<br />
dem Boden mit 35 Grad Schräglage fliegt,<br />
vor einem – oder besser unter einem – noch<br />
schnell vier Warbirds ihren Startlauf beginnen.<br />
Alles ganz normal. Wie gesagt: Auf die<br />
Speed achten, die erhöhte Stallspeed berücksichtigen<br />
<strong>und</strong> koordiniert fliegen... Zur<br />
Belohnung bekommt Wolfgang ein „twin,<br />
good job“ vom Oshkosh-Lotsen ins Cockpit<br />
gefunkt, „das kann man sich ja schon fast<br />
an die Jacke heften“, ist sein Kommentar.<br />
Zweimal machen wir den Anflug auf das AirVenture. Die Grafik zeigt den Anflug am zweiten Tag auf die<br />
Piste 18. Mit aufmunternden ATC-Ansagen wie „keep it tight“ oder „hang in there“ halten die Lotsen auf<br />
diesem Verfahren die Crews bei Laune. Bei den bodennahen Manövern ist Fahrtkontrolle <strong>und</strong> sauberes,<br />
koordiniertes Fliegen sehr wichtig.<br />
24 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Go-Aro<strong>und</strong>! Am ersten Tag müssen wir beim<br />
Anflug auf die 36L einen Go-Aro<strong>und</strong> machen.<br />
Es wurde einfach viel zu eng. Das Bild entstand<br />
im rechten Gegenanflug zur 36L/R. Nach<br />
einem ziemlich tiefen Swing-Over gelang dann<br />
die Landung beim zweiten Versuch.<br />
Rechts: Wolfgang bekommt für den Anflug<br />
auf die 18 am zweiten Tag ein „good job“ <strong>und</strong><br />
präsentiert, leicht geschwitzt, das 32-seitige<br />
NOTAM. Reiner holt sich derweil bei „Sully“<br />
Sullenberger Tipps zum Thema Wasserfliegen.<br />
Es lohnt sich, das Ganze mal auszurechnen.<br />
Bei unserer Beladung <strong>und</strong> Konfi gu ration<br />
(7.900 lbs, full flaps) ergibt sich für die<br />
Cheyenne I bei 45° Bank eine Stallspeed<br />
von 79 Knoten indicated. Wir fliegen die<br />
Endanflugkurve mit 95 bis 100 Knoten bei<br />
35 bis 40° Bank. Sicher nicht der Ort für<br />
schlampiges Speed-Management!<br />
Was uns hilft: Trotz der hohen Geschwindigkeit<br />
von 95 bis 100 Knoten unmittelbar<br />
vor dem Aufsetzen verlangsamt die<br />
Turboprop auf den letzten Metern Flug<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
25
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Ouch! Eine F16 rollt am Donnerstag bei der Landung<br />
über die Piste hinaus <strong>und</strong> bricht sich das Bugfahrwerk<br />
<strong>und</strong> die Nase. Nicht ganz billig! An der Flightline<br />
macht das Gerücht die R<strong>und</strong>e, der Commander selbst<br />
habe am Steuer gesessen.<br />
Rechts: W<strong>und</strong>erliches Fluggerät trifft man in Oshkosh<br />
ebenfalls an. Manche <strong>Flugzeug</strong>e, wie diese Edgar<br />
Percival EP.9 (Mitte) von 1958, sind dabei so hässlich,<br />
dass man sie einfach gernhaben muss!<br />
Unten: Etwas Ruhe <strong>und</strong> Entspannung bietet das<br />
„Theatre in the Woods“, wo abends auch Konzerte<br />
stattfinden.<br />
beim Herausziehen der Triebwerke sofort,<br />
was ohne allzu viel Bremsen oder Reverse<br />
in einer sehr komfortablen Landestrecke von<br />
nur 500 Metern resultiert.<br />
Mein persönlicher Hinweis: Fliegen Sie den<br />
FISK-Arrival das erste Mal in einem leichten<br />
Kolbenflieger, der bei 90 Knoten nicht<br />
vom Himmel fällt, oder fliegen Sie den Arrival<br />
in einem <strong>Flugzeug</strong>, das Sie aus dem Effeff<br />
kennen. Am besten ist es, einen Oshkosh-<br />
26 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
erfahren en <strong>Pilot</strong>en mit im Cockpit zu haben.<br />
Die Kombination aus sehr viel Verkehr, ungewohntem<br />
Funk <strong>und</strong> dann auch noch womöglich<br />
einem nicht vertrauten <strong>Flugzeug</strong><br />
kann schnell überfordern. Ich selbst war –<br />
obwohl ich das Verfahren gut kenne – überrascht,<br />
wie viel anspruchsvoller das Ganze in<br />
einer Cheyenne ist, verglichen mit der PA30<br />
Twin Comanche.<br />
Heute fliegen wir jedoch nicht wieder heim<br />
nach Appleton, sondern wir genießen die<br />
Night-Airshow, ein w<strong>und</strong>erbares Erlebnis,<br />
dass mehr als einmal für Gänsehaut auf dem<br />
<strong>Pilot</strong>enrücken sorgt. Meine vier Captains fahren<br />
dann mit dem Bus zurück nach Appleton<br />
<strong>und</strong> ich verbinge die letzte Nacht als Air-<br />
Camper auf dem North 40 Campgro<strong>und</strong>.<br />
Nach New York<br />
Am Sonntagmorgen sammele ich die Crew<br />
in Appleton ein <strong>und</strong> wir machen uns gemeinsam<br />
auf den Weg nach New York. Reiner<br />
fliegt uns nach Teteboro, dort angekommen,<br />
fahren er <strong>und</strong> Margot schonmal ins Hotel,<br />
während Onni, Wolfgang <strong>und</strong> ich zu einem<br />
Trainings-Nachmittag mit der Cheyenne aufbrechen.<br />
Morgen hat Wolfgang nämlich seinen<br />
Checkride für den Multiengine-CPL <strong>und</strong><br />
das bedeutet, dass wir uns noch etwas auf<br />
die Prüfung vorbereiten müssen. Onni kommt<br />
mit – fliegen ist immer spannend.<br />
Wir müssen heute all die Übungen machen,<br />
die wir mit „full house“ auf dem Weg hierhet<br />
nicht absolvieren konnten. Also vor allem<br />
Single-Engine-Work, Airwork <strong>und</strong> Emergencies.<br />
Mit seiner Erfahrung auf King Air<br />
<strong>und</strong> Metroliner ist das für Wolfgang eher<br />
ein Abarbeiten von Bekanntem als ein echter<br />
Unterricht. Zunächst machen wir Airwork,<br />
dann die FAA-Slowflight <strong>und</strong> Stall-<br />
Aware ness-Reihe, dann Einmotorenflug.<br />
Die FAA-Prüfungsordnung (PTS) sagt lediglich,<br />
dass ein Triebwerk ge feathert werden<br />
muss. Das bedeutet bei einer freilaufenden<br />
Turbine ja nicht zwingend, dass man<br />
das ganze Triebwerk stilllegen muss, unser<br />
Prüfer war sich aber auch nicht ganz sicher,<br />
wie das auszulegen sei, daher gehen wir die<br />
Single-Engine-Emergencies komplett durch<br />
<strong>und</strong> legen ein Triebwerk still – natürlich in<br />
komfortablen 7.000 ft <strong>und</strong> mit dem Landefeld<br />
in Reichweite.<br />
Für die Starts <strong>und</strong> Landungen suchen wir<br />
uns einen netten, ruhigen unkontrollierten<br />
Flug platz, die Wahl fällt auf Orange County<br />
(KGMJ), irgendwo zwischen New York <strong>und</strong><br />
Albany. Wir arbeiten noch die Takeoff-<br />
Abnormals durch, Startabbruch vor V R , <strong>und</strong><br />
Triebwerksausfall nach dem Abheben, machen<br />
der Vollständigkeit halber eine Single-<br />
Engine Landung (die aber natürlich wieder<br />
mit laufendem Gasgenerator) <strong>und</strong> schließen<br />
das Ganze mit Short-Field/Soft-Field<br />
Startverfahren ab.<br />
Nach 2,2 St<strong>und</strong>en Intensivtraining haben wir<br />
das mögliche Prüfungsprogramm abgearbeitet,<br />
Wolfgang ist fit für den Checkride. Wir<br />
tanken noch auf dem völlig menschenleeren<br />
Flugplatz von Orange County, die friedliche<br />
Abendstimmung sorgt bei uns allen<br />
für reichlich nostalgische Gefühle, sowohl<br />
Onni, Wolfgang wie auch der Autor haben<br />
viele Flugerlebnisse <strong>und</strong> Ausbildungen in<br />
den USA absolviert. Völlig gebührenfrei <strong>und</strong><br />
ungestört haben wir abends um sechs Uhr<br />
fünf Anflüge <strong>und</strong> zig Platzr<strong>und</strong>en gemacht,<br />
<strong>und</strong> zur Belohnung gibt’s sogar noch Sprit<br />
für 0,85 € pro Liter.<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
27
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Wie genießen dann noch den Abend in New<br />
York <strong>und</strong> machen uns am nächsten Morgen<br />
gleich auf den Weg nach Providence, RI,<br />
North Central State Airport (KSFZ), wo Onni<br />
seine Fre<strong>und</strong>e treffen wird <strong>und</strong> Wolfgang die<br />
Prüfung ablegt.<br />
Organisiert hat den Prüfer Henri Gautschi,<br />
ein guter Fre<strong>und</strong> von Onni. Henri ist eigentlich<br />
Schweizer <strong>und</strong> leitet die Flugschule<br />
am Lincoln Flight Center. Mit dem IACRA-<br />
Paperwork ist alles in Ordnung – große<br />
Erleichterung bei Schüler <strong>und</strong> Lehrer – <strong>und</strong><br />
während Wolfgang in der mündlichen Prüfung<br />
schwitzt, gehen wir erstmal zum Lunch. Henri<br />
<strong>und</strong> Onni erzählen von alten Zeiten <strong>und</strong> gerade<br />
als wir zurückkommen, lassen Wolfgang<br />
<strong>und</strong> Prüfer Ray die Triebwerke an. Wir haben<br />
also Gelegenheit, den Prüfungsflug<br />
vom sicheren Hangar aus zu kommentieren.<br />
Ein R<strong>und</strong>flug über dem Hudson darf natürlich nicht<br />
fehlen, wenn man schonmal in New York ist. Wir machen<br />
gleich drei Sight-Seeing-Flüge aus Teteboro<br />
heraus, schließlich haben wir alle noch Fre<strong>und</strong>e in<br />
New York, denen man diese Perspektive ihrer Stadt<br />
gerne zeigen möchte! Bilder rechts: Heiko Zahn<br />
28 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Als nach 1,5 St<strong>und</strong>en die Cheyenne wieder<br />
vor der FBO einparkt, ist Henri pessimistisch:<br />
„Oje, die sitzen noch drin <strong>und</strong> reden. Das ist<br />
kein gutes Zeichen, die reden bestimmt über<br />
einen Re-Test ...“ usw. Mehr als zehn Minuten<br />
sitzen die beiden noch im Cockpit. Wir sind<br />
voller Erwartung. Als Wolfgang dann rauskommt,<br />
erfolgt das ersehnte Daumen hoch<br />
<strong>und</strong> Ray lobt: „He did a good job.“ Phew –<br />
wie wir später erfahren sollten, kreiste das<br />
ausgiebige Gespräch im Cockpit nicht um<br />
einen Re-Test, sondern um den EFB-Rechner<br />
Marke Eigenbau, der die Cockpitbesatzung<br />
mit Jeppesen-Karten versorgt. Okay ...<br />
Oben: Henri Gautschi (l) kommt eigentlich aus<br />
der Schweiz, lebt aber seit vielen Jahren schon<br />
in Rhode Island. Er ist ein alter Bekannter von<br />
Onni (r) <strong>und</strong> hat für Wolfgang einen Prüfer<br />
zur Multiengine US-CPL-Prüfung organisiert.<br />
Während Wolfgang in der mündlichen Prüfung<br />
<strong>und</strong> dann in der Cheyenne schwitzt, unternimmt<br />
Margot einen Ausflug zu Macy’s. Unten:<br />
Nach bestandener Prüfung gibt’s dann am<br />
Abend was zu feiern!<br />
Der frischgebackene US-CPLer fliegt uns<br />
im Anschluss wieder zurück nach Teteboro,<br />
jetzt gab’s am Abend in New York auch was<br />
zu feiern!<br />
Am nächsten Tag, dem 2. August, würde sich<br />
unsere Crew trennen, Reiner bleibt wie geplant<br />
noch in den USA, <strong>und</strong> die verbleibenden<br />
vier Captains fliegen zurück. Zuerst musste<br />
aber noch der obligatorische Hudson-River-<br />
Flug erledigt werden. Sowohl Reiner wie auch<br />
Margot <strong>und</strong> Wolfgang hatten noch Fre<strong>und</strong>e<br />
eingeladen, sodass wir an diesem Tag nicht<br />
weniger als drei R<strong>und</strong>en in der Special Flight<br />
Rules Area über dem Hudson drehten.<br />
Heimreise über Grönland<br />
Die Cheyenne hatte bei JetAviation in Teteboro<br />
eine Reinigung erhalten <strong>und</strong> außerdem<br />
ein fehlendes Static-Wig ersetzt bekommen.<br />
Der Service dort war wirklich vorbildlich.<br />
Am Nachmittag machen wir uns mit<br />
der Cheyenne dann endgültig auf den Weg<br />
nach Nantucket. Eigentlich hatten wir dort<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
29
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
nur einen Fuelstopp geplant, angesichts von<br />
miesem <strong>und</strong> gewittrigem Wetter auf dem<br />
weiteren Weg nach Goose Bay entscheiden<br />
wir uns aber, in Nantucket zu übernachten –<br />
auch eine Turboprop ist nicht unverw<strong>und</strong>bar!<br />
Das heftige Gewitter, das in der Nacht niederging,<br />
zeigte, dass die Entscheidung<br />
keines wegs übervorsichtig war. Der entspannte<br />
Abend in Nantucket bedeutete allerdings<br />
ein massiv erhöhtes Flugpensum<br />
für den nächsten Tag. Wir hatten vor, zunächst<br />
nach Goose-Bay zu fliegen, dann<br />
weiter nach Narsarsuaq zum Tanken <strong>und</strong><br />
dann nach Kulusuk, wo wir an der entlegenen<br />
Ostküste Grönlands ein Hotel reserviert<br />
hatten.<br />
Das würde knapp neun St<strong>und</strong>en Flugzeit<br />
bedeuten, gegen die Uhr <strong>und</strong> gegen die unbarmherzigen<br />
Schließzeiten auf Grönland.<br />
Wir starten also um 5:30 Ortszeit auf dem<br />
menschenleeren Flugplatz von Nantucket<br />
– seufz – wenn das doch bei uns auch möglich<br />
wäre!<br />
Crew-Briefing in Nantucket. Aufgr<strong>und</strong> von reichlich<br />
Gewittertätigkeit zwischen New England <strong>und</strong><br />
Goose Bay entscheiden wir uns, an diesem Tag<br />
nicht mehr weiterzufliegen <strong>und</strong> stattdessen im beschaulichen<br />
Nantucket zu bleiben. Entsprechend<br />
früh müssen wir am nächsten Morgen los, um unser<br />
Ziel Kulusuk gegen die Uhr <strong>und</strong> gegen die grönländischen<br />
Schließzeiten noch am selben Tag zu erreichen.<br />
30 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Die Schotterpiste von Kulusuk (BGKK). Der einzige<br />
Flughafen an der Ostküste Grönlands ist ein fantastischer<br />
Ort mit wahrhaft arktischer Stimmung. Zwei<br />
Nächte verbringen wir in dieser Welt aus Fels, Eis <strong>und</strong><br />
Wasser. Die Eisbären-Warnung ist indes grammatikalisch<br />
etwas zweideutig – der einzige Eisbär, den<br />
wir sehen, hängt – wie sein Kollege in Goose Bay –<br />
recht ungefährlich im Treppenhaus rum.<br />
Ein superschneller Fuelstopp in Goose Bay<br />
(Customs wollte uns diesmal nicht sehen),<br />
<strong>und</strong> wir sind nach nur 51 Minuten am Boden<br />
wieder in der Luft. Trotzdem wird es für<br />
Kulusuk knapp. Ich weiß, dass die Flugplätze<br />
in Grönland immer etwas vor der veröffentlichten<br />
Schließzeit zumachen, <strong>und</strong> frage daher<br />
die aktuelle Schließzeit bei Sondrestrom<br />
Information ab. Im Ergebnis hätten wir nur 40<br />
Minuten für den Tankstopp in Narsarsuaq,<br />
das kann klappen, muss es aber nicht. Wir<br />
diskutieren unsere Alternativen. Natürlich<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
31
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Bei schönem Wetter einfach unschlagbar: Island!<br />
Zu unserer Überraschung sehen wir in Reykjavik<br />
eine Schweizer Jodel wieder, die uns schon in<br />
Oshkosh aufgefallen war! Philippe Bobet (2 v.r.),<br />
der <strong>Pilot</strong> ist ein ehemaliger Swissair-Kapitän. Er<br />
führt eine Gruppe von drei <strong>Flugzeug</strong>en (Comanche<br />
<strong>und</strong> Bonanza) an. Er fliegt mit der Jodel, die etwa<br />
die Flugleistungen unseres Leserflugzeugs<br />
Lisa hat, regelmäßig zum AirVenture über den<br />
Atlantik. Obwohl von uns nicht unbedingt zur<br />
Nachahmung empfohlen, müssen wir feststellen,<br />
die Crews haben sauber geplant <strong>und</strong> fliegen<br />
die Strecke routiniert ab.<br />
können wir durchfliegen nach Kulusuk, dann<br />
sind wir aber „committed to land.“ Nach ausführlicher<br />
Erörterung innerhalb der Crew <strong>und</strong><br />
dem stetigen Einholen weiterer Wetterinfos<br />
<strong>und</strong> einer Bestätigung für Jetfuel in Kulusuk<br />
entscheiden wir uns für diese Variante <strong>und</strong><br />
fliegen durch (siehe auch Artikel ab Seite 38<br />
in diesem Heft).<br />
32 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Kulusuk begrüßt uns mit unendlichen Sichten<br />
<strong>und</strong> einer Stimmung, die man so nur dort<br />
antrifft. W<strong>und</strong>erbar! Wolfgang setzt die<br />
Cheyenne sanft auf der Schotterpiste auf<br />
– die Props danken – <strong>und</strong> wir lassen die<br />
arktische Natur auf uns wirken. Zwei Nächte<br />
bleiben wir hier, es hetzt uns ja niemand!<br />
Wolfgang notiert im Reisetagebuch:<br />
Landung in Kulusuk: Abendsonne, abertausende<br />
Eisschollen treiben im Wasser,<br />
Schotterpiste von 1.200 Meter Länge,<br />
nach der Landung werden wir ins Hotel<br />
in Flugplatznähe gebracht. In dieser einsamen<br />
Gegend hat das Hotel eher den<br />
Stil einer Jugendherberge, letztlich sind<br />
viele Touristen dort. Deutsche mit einem<br />
Hauch von Abenteurer <strong>und</strong> Greenpeace.<br />
Margot fotografiert im Abendlicht<br />
Eisschollen im Wasser. Jans treffender<br />
Kommentar dazu: „Oh, Eisberg in<br />
Tomatensoße.“ Am nächsten Morgen<br />
wandern wir in die nahegelegene<br />
Ortschaft Kulusuk (280 Einwohner).<br />
Ein echtes Eskimodorf mit verwitterten<br />
Holzhäusern, angeketteten<br />
Schlittenh<strong>und</strong>en ringsum, kleinen<br />
Booten zwischen riesigen Eisschollen.<br />
Nachmittags fahren wir mit einem kleinen<br />
Boot hinaus zum Gletscher. An der<br />
riesigen Abbruchkante werden neue<br />
Eisberge geboren, Natur, die für uns<br />
vollkommen surreal ist.<br />
Zu meinem Entsetzen hat in Kulusuk offenbar<br />
eine Bevölkerungsexplosion stattgefun<br />
den. Vor zehn Jahren, als ich das erste<br />
Mal in BGKK Station machte, wurde die<br />
Ein wohnerzahl noch mit 80 angegeben.<br />
Inzwischen sind es 250 Menschen, die hier<br />
leben!<br />
Ein kurzer Flug von 1:58 St<strong>und</strong>en bringt uns<br />
am Freitag nach Reykjavik. Auch hier werden<br />
wir zwei Nächte bleiben. Auf dem Weg<br />
erledigen wir noch ein paar Relays für eine<br />
Gruppe Schweizer, die tief – sehr tief – in<br />
5.500 ft augenscheinlich VFR auf dem Weg<br />
von Narsarsuaq nach Reykjavik ist.<br />
Am Abend genießen wir die Aussicht auf<br />
das Flugfeld, als sich im Funk die bereits<br />
erwähnte Gruppe ankündigt. Zuerst eine<br />
V-Tail Bonanza. Respekt! Dann eine 260-PS-<br />
Comanche – die hat auf der Nordatlantik-<br />
Strecke sicher auch kein Problem. Dann ein<br />
<strong>Flugzeug</strong>, das wir nicht sofort identifizieren<br />
können. „Das ist eine ... äh ... Geez das<br />
Teil hat Knickflügel!“ Es handelte sich um<br />
die Jodel DR 250-160 HB-EUZ, die wir in<br />
Oshkosh im Hangar gesehen hatten!<br />
Am Abend fallen wir an der Bar über die<br />
Gruppe her. Bei der Jodel handelt es sich<br />
um den Anführer, Philippe Bobet, ein Ex-<br />
Swissair-<strong>Pilot</strong>, der schon seit vielen Jahren<br />
mit diesem <strong>Flugzeug</strong> über den Atlantik fliegt.<br />
Die Jodel „Capitaine“ verfügt über den gleichen<br />
Motor <strong>und</strong> etwa auch über die gleichen<br />
Flugleistungen (160 PS, O320-D2A, 960 kg<br />
MTOW) wie unser Leserflugzeug Lisa.<br />
Während ich einen solchen Flug zwar nicht<br />
empfehlen würde, stellen wir aber dennoch<br />
fest: Die Gruppe weiß, was sie tut, nimmt<br />
sich Zeit <strong>und</strong> ist natürlich auch IFR-rated. Wir<br />
kommen uns ein bisschen over-equipped vor<br />
in unserer Twin-Turboprop mit Druckkabine<br />
<strong>und</strong> Vollenteisung <strong>und</strong> haben in etwa das<br />
Gefühl, gerade auf dem Abstieg vom Mount<br />
Everest mit vollem Equipment auf dem<br />
Rücken Reinhold Messner in Badeschlappen<br />
<strong>und</strong> ohne Sauerstoff begegnet zu sein.<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
33
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Ein w<strong>und</strong>erschöner Sonnentag bildet den<br />
Abschluss unserer Reise. Island zeigt sich<br />
von seiner besten Seite. Es ist einfach fantastisch,<br />
diese Insel bei schönem Wetter zu sehen.<br />
Am darauffolgenden Tag fliegen wir noch<br />
eine Ehrenr<strong>und</strong>e um den Eyjafjallajökull <strong>und</strong><br />
machen uns dann auf den Weg nach Wick.<br />
Dort – wie immer – minimale Untergrenzen,<br />
schlechte Sicht <strong>und</strong> Sprühregen. Da weiß<br />
man, was man hat! Aber auch – wie immer:<br />
Ein superschneller Service <strong>und</strong> ein nettes<br />
Schwätzchen mit Andrew. Eigentlich hatten<br />
wir uns hier noch mit Arnim Stief verabredet,<br />
der heute mit einer DA42 auf dem Weg<br />
nach Grönland sein wollte, aber ein technischer<br />
Defekt an beiden Triebwerken verhinderte<br />
den Abflug der Twin in Egelsbach.<br />
Drei St<strong>und</strong>en später sind wir wieder in<br />
Siegerland! Wenn man schon über der holländischen<br />
Küste den Anflug plant, weiß<br />
man, dass man in einem flotten Flieger sitzt.<br />
Fre<strong>und</strong>lich wie immer begrüßt Flugleiter<br />
Klaus Lorenz, das „Oshkosh-Taxi“ <strong>und</strong> heißt<br />
die Crew in der Heimat willkommen.<br />
Fazit<br />
Sicherheit, damit man diesen Flug ohne<br />
Rettungsanzug oder Angst, dafür aber mit<br />
Genuss durchführen kann. Die Cheyenne<br />
ist aber auch noch GA-<strong>Flugzeug</strong> genug, um<br />
wirklich den fliegerischen Aspekt in dieser<br />
Region mitzubekommen.<br />
Die Flugkosten für eine solche Reise liegen<br />
pro Person zwischen 8.000 Euro für ein reines<br />
„Oshkosh-Taxi“ <strong>und</strong> 10.000 Euro, wenn<br />
man noch ein paar Abstecher einplant. Dafür<br />
haben die Teilnehmer reichlich Nordatlantik-<br />
Erfahrung mitbekommen, Oshkosh angeflogen<br />
<strong>und</strong> sogar noch ein paar Ziele im Osten<br />
der USA angesteuert, von dem mal eben<br />
mitgenommen US-CPL ganz zu schweigen.<br />
Eine sehr lustige <strong>und</strong> harmonische Stimmung<br />
innerhalb der Crew vom ersten bis zum letzten<br />
Tag r<strong>und</strong>eten diesen Trip ab.<br />
Dem Autor sei die Bemerkung erlaubt, dass<br />
es zu den schönsten Aspekten bei dieser<br />
Art von Flügen überhaupt gehört, zu beobachten,<br />
wie Menschen ihre Ziele erreichen.<br />
Wie <strong>Pilot</strong>enkollegen plötzlich Dinge tun, die<br />
noch vor einigen Tagen unvorstellbar waren:<br />
Bluie West One, FISK-Arrival, Oshkosh-<br />
„It’s almost too easy.“ Mit der<br />
Cheyenne über den Nordaltlantik<br />
zu fliegen ist wirklich ein Vergnügen,<br />
das kann nicht überraschen.<br />
Dass drei erfahrene<br />
Multi engine-IFR-<strong>Pilot</strong>en mit<br />
der PA31-T1 sofort Freunschaft<br />
schließen <strong>und</strong> souverän als <strong>Pilot</strong><br />
Flying nach Nordamerika navigieren,<br />
war ebenfalls zu erwarten.<br />
Eine solche Turboprop verfügt<br />
über ausreichend Performance<br />
<strong>und</strong> dank zweier Turbinen auch<br />
Wie fast jede Nordatlantik-Reise endet auch dieser Flug eigentlich<br />
bei Andrew im Büro in Wick.<br />
34 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>
Kurztrip nach Oshkosh<br />
Reportage<br />
Gesamtstrecke des Oshkosh-Aus -<br />
fluges <strong>2011</strong> <strong>und</strong> die direkten Kosten<br />
für Treibstoff, Navi gations material <strong>und</strong><br />
Gebühren (mit Buchungs daten), sowie<br />
die verbrauchten Kraft stoff mengen.<br />
Hinzu kommen Kosten für Charter,<br />
Safety-<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> einige Strecken gebühren<br />
die bei Redaktions schluss<br />
noch nicht in Rechnung gestellt waren.<br />
Insgesamt wurden 46:53 St<strong>und</strong>en<br />
geflogen, 52:59 St<strong>und</strong>en Blickzeit geloggt<br />
<strong>und</strong> 54:56 St<strong>und</strong>en Betriebszeit<br />
abgerechnet.<br />
Punktlandung, New York Sight-<br />
Seeing <strong>und</strong> das Fliegen in der<br />
arktischem Wildnis. Nicht weil<br />
man ihnen das beigebracht hätte, sondern<br />
weil sie das schon seit langem selber können<br />
<strong>und</strong> man lediglich ein bisschen Hilfestellung<br />
<strong>und</strong> Sicherheit bei der Umsetzung in die<br />
Praxis anbietet.<br />
^ Jan.Brill@pilot<strong>und</strong>flugzeug.de<br />
Fotos von Margot Sonneborn<br />
<strong>und</strong> Wolfgang Lamminger<br />
Airwork Press GmbH, Flugplatz 2, 63329 Egelsbach StNr: 28 808 02152<br />
OSH<strong>2011</strong> ()<br />
Kostenstellenauswertung in EUR<br />
Zeitraum: 01.01.11 - 31.12.11 / Status: Erfasst <strong>und</strong> Verbucht<br />
15.290,64 S<br />
Datum Soll Haben Saldo<br />
6534 Laufende Betriebskosten Max N191MA 15.290,64<br />
Orion Parking Fees USD 315,- 22.07.11 220,22<br />
Jeppesen Tripkit North Atlantic 25.07.11 283,00<br />
Jetfuel 808 ltr., EGPC inkl. Gebühren GBP 915,79 26.07.11 1.037,48<br />
Customs DECAL N191MA USD 27,50 27.07.11 18,96<br />
Jetfuel 838 ltr., BGBW inkl. Gebühren DKK 9.130,00 28.07.11 1.223,48<br />
Jetfuel 859 ltr., CYYR inkl Gebühren CAD 1.564,70 28.07.11 1.141,04<br />
Jetfuel 500 ltr., CYYB CAD 935,64 02.08.11 689,72<br />
Jetfuel 833 ltr., KGRB USD 1.089,- 02.08.11 769,53<br />
Jetfuel 795 ltr., BIRK inkl. Gebühren 02.08.11 1.188,25<br />
Jetfuel 934 ltr., Orange County Apt USD 1.148,46 03.08.11 808,11<br />
Jetfuel 526 ltr., KSFZ USD 745,35 04.08.11 530,57<br />
Jetfuel 715 ltr., KACK USD 1.126,22 04.08.11 801,70<br />
Gebühr Teteboro, USD 248,04 05.08.11 176,57<br />
Jetfuel 492 ltr., inkl. Gebühren <strong>und</strong> Waschen USD 1.158,60 05.08.11 824,75<br />
Jetfuel 340 ltr., KATW inkl. Gebühren USD 501,- 08.08.11 357,37<br />
Jetfuel 560 ltr., KATW inkl. Gebühren USD 763,80 08.08.11 544,82<br />
Jetfuel 1.024 ltr., CYYR ink. Gebühren CAD 1.769,22 08.08.11 1.291,96<br />
Jetfuel 600 ltr., BGKK inkl Gebühren DKK 6.970,- <strong>09</strong>.08.11 947,47<br />
Jetfuel 833 ltr., EGPC ink. Gebühren GBP 942,27 <strong>09</strong>.08.11 1.<strong>09</strong>4,28<br />
Jetfuel 1.043 ltr., BIRK inkl. Gebühren 12.08.11 1.341,36<br />
Detaillierte Informationen zum Flug über den<br />
Nordatlantik, Funkbeispiele, Anleitungen für<br />
Position-Reports, gesetzliche Anforderungen<br />
<strong>und</strong> ein Survival-Guide für die US-Einreise<br />
mit Visum <strong>und</strong> eAPIS finden Sie in unserem<br />
Nordatlantik-Guide in Papierform <strong>und</strong><br />
auf DVD:<br />
shop.pilot<strong>und</strong>flugzeug.de<br />
MonKey Bilanz 2010 Standard, Version 7.2.1<br />
© 1997-2010 ProSaldo GmbH, www.monkey-office.de<br />
<strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong><br />
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23.08.11<br />
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